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Die Flucht

Titel: Die Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Ness
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Junge«, brüllt er. »Hör einfach zu!«
    Und dann öffnet er seinen Lärm ganz weit.
    Und ich sehe ...
    Ich sehe ...
    Ich sehe ...
    Ich sehe, was er mir zeigt.
    »Das ist eine Lüge«, flüstere ich. »Das ist eine verdammte Lüge.«
    Leider habe ich genau das Falsche gesagt.
    Mit einem Aufschrei kommt Matthew durch die Scheune direkt auf mich zu.
    »Lauf, Manchee!«, rufe ich und renne zur Hintertür. (Halt die Klappe, oder glaubst du etwa, mein Messer kann es mit einer Machete aufnehmen?) Ich höre Matthew schreien, sein Lärm explodiert hinter mir, ich erreiche die Tür und reiße sie auf – und da erst merke ich es.
    Manchee ist nicht da.
    Ich drehe mich um. Als ich gesagt habe: Lauf!, ist Manchee in die andere Richtung gerannt und hat sich mit linkischer Wildheit auf meinen Angreifer gestürzt.
    »Manchee!«, brülle ich.
    Es ist so verflucht dunkel in der Scheune, und ich höre Knurren und Bellen und ein Klirren, und dann höre ich Matthew vor Schmerz aufschreien, also hat Manchee ihn wohl gebissen.
    Braver Hund, denke ich. Verdammt braver Hund.
    Aber natürlich kann ich ihn jetzt nicht im Stich lassen.
    Ich renne in die düstere Scheune zurück, wo ich Matthew sehe und Manchee, der wie ein Schatten zwischen seinen Beinen tanzt, dem blitzenden Buschmesser ausweicht und sich um Kopf und Kragen bellt.
    »Todd! Todd! Todd!«, ruft er immerzu.
    Ich bin noch fünf Schritte entfernt, als Matthew die Machete mit beiden Händen umklammert, ausholt und sie mit solcher Wucht nach unten sausen lässt, dass die Spitze im Bretterboden stecken bleibt. Ich höre Manchee aufheulen, ohne Worte, in reinem Schmerz, und dann ist er auch schon in einer dunklen Ecke verschwunden.
    Brüllend krache ich in Matthew hinein und wir gehen beide zu Boden. Wir sind nur noch ein Gewirr aus verkeilten Ellbogen und Kniegelenken. Der Aufprall tut weh, aber zum Glück lande ich mit einem Teil meines Körpers auf Matthew.
    Wir rollen voneinander weg, und ich höre, wie er vor Schmerz aufschreit. Ich springe auf, das Messer in der Hand, ein paar Meter von ihm entfernt, zur hinteren Tür ist es zu weit, die vordere wird von Matthew versperrt. Ich höre Manchee wimmern.
    Und ich höre Lärm, er bewegt sich von der Dorfstraße in Richtung Versammlungssaal, aber ich habe keine Zeit, um darüber nachzudenken.
    »Ich habe keine Angst, dich zu töten«, sage ich, obwohl ich eine Heidenangst habe, und ich kann nur hoffen, dass mein Lärm und sein Lärm inzwischen so aufgepeitscht und ineinander verdreht sind, dass er meine Panik nicht herauslesen kann.
    »Dann sind wir schon zu zweit«, sagt er und versucht die Waffe aus dem Holzboden zu ziehen. Sie gibt nicht gleich nach, so fest steckt sie. Ich nutze die Gelegenheit und renne in die Ecke.
    »Manchee ?«, rufe ich und sehe mich hastig zwischen den Garben und den Obstkörben um. Matthew stößt ein Grunzen aus und zerrt an seinem Buschmesser. Das Lärmgewirr vom Dorf wird lauter.
    »Todd?« Der Laut kommt aus der hintersten Ecke, wo sich die Pressballen stapeln. Dort befindet sich eine kleine Nische direkt an der Wand.
    »Manchee?«, rufe ich und stecke den Kopf in die Nische. Aber dann richte ich mich gleich wieder auf.
    Matthew hat die Machete herausgezogen.
    »Todd?«, sagte Manchee verwirrt und ängstlich. »Todd?«
    Und da kommt Matthew, er geht langsam auf uns zu, so als habe er keine Eile mehr, sein Lärm schwappt voraus und lässt keine Zweifel zu.
    Mir bleibt keine Wahl. Ich zwänge mich in die Nische und halte das Messer schützend vor mich.
    »Ich werde gehen«, sage ich mit sich überschlagender Stimme. »Ich nehme meinen Hund mit und werde gehen.« »Zu spät«, sagte Matthew und kommt näher.
    »Du willst das doch gar nicht. Ich weiß es genau.« »Halt den Mund.«
    »Bitte«, sage ich und fuchtle mit dem Messer. »Ich will dir nicht wehtun müssen.«
    »Sehe ich vielleicht aus, als würde ich mich fürchten, Junge?«
    Näher, näher, Schritt um Schritt.
    Plötzlich ertönt draußen ein lauter Knall, irgendwo in der Ferne. Die Leute rennen umher und rufen, aber keiner von uns beiden macht sich die Mühe nachzuschauen.
    Ich drücke mich in die Nische, die nicht breit genug für mich ist. Ich sehe mich nach einem Fluchtweg um.
    Der nirgendwo zu finden ist.
    Mein Messer muss also den Kampf entscheiden. Es muss eingreifen, selbst wenn sein Gegner eine Machete ist. »Todd?«, höre ich hinter mir.
    »Keine Angst, Manchee«, sagte ich. »Es kommt alles wieder in Ordnung.«
    Wer weiß schon

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