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Die Fluchweberin

Die Fluchweberin

Titel: Die Fluchweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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Spotts.
    »Ich weiß nicht«, meinte Mercy zögernd. »Die Kette scheint ihr wirklich etwas zu bedeuten. Als ich mir vorhin die Hände waschen wollte, war sie im Waschraum. Ihre Augen waren ganz rot.«
    »Du meinst, sie hat geweint?« Ty zog eine Augenbraue in die Höhe. »Miss Eiskalt? Ich hoffe, du hast ein Foto gemacht.«
    Lily stieß ihn in die Seite. »Vielleicht geht es ihr wirklich nah. Immerhin war das Ding ja ein Liebesbeweis von Max.« Sie pustete sich eine braune Strähne aus den Augen und sah in die Runde.
    Skyler zuckte die Schultern. »Menschen verlieren ständig Dinge. Manche tauchen wieder auf, manche bleiben verschwunden. Nennt es den Lauf der Welt.«
    Ty lachte. »Hört, hört, da hat aber jemand einen Löffel Weisheit in seinem Kaffee gehabt.«
    Du meine Güte, wenn der Verlust dieser blöden Kette schon unter den Leuten, die Kim nicht einmal ausstehen konnten, so einen Wirbel verursachte, was ging dann erst in Kims Clique ab? Ich sah sie schon vor mir, wie sie den Abend über zusammenhängen, alles absuchen und darüber spekulieren würden, was mit dem Schmuckstück passiert sein könnte. Es war wirklich besser, das Ding so schnell wie möglich zurückzugeben. Aber erst musste ich noch etwas erledigen.
    Ich schob meinen Stuhl zurück und stand auf. »Leute, ich bin platt. Nehmt es mir nicht übel, ich hau mich aufs Ohr.«
    »Was ist mit Hausaufgaben?«
    »Die mache ich morgen früh.« Dank der Albträume würde ich sowieso wieder viel zu früh aus dem Schlaf schrecken, da konnte ich die Zeit auch gleich nutzen. Ich griff nach meinem Tablett, als Skyler seine Hand auf meine legte. Seine Finger fühlten sich unglaublich warm an, so warm, dass ich sie am liebsten ergriffen und nicht mehr losgelassen hätte. Doch es war nicht nur Mercys vielsagender Blick, der mich davon abhielt. Ich hätte seine Hand wegstoßen oder meine fortreißen sollen, doch ich brachte es nicht über mich, ihn derart vor den Kopf zu stoßen. Deshalb war die Bewegung fast schon behutsam, mit der ich mich seinem Griff entzog und das Tablett nahm.
    Sofort war er auf den Beinen, packte sein eigenes Tablett, obwohl er noch gar nicht fertig gegessen hatte, und brachte es mit mir zusammen weg.
    »Bist du in Ordnung?«, erkundigte er sich, als er erst sein und dann mein Tablett auf einen der Küchenwägen stellte.
    Ich nickte. »Ich bin nur müde. Und ich glaube nicht, dass ich heute noch mehr Kim ertrage.«
    »Vermutlich wird sie in der Bibliothek denselben Zirkusmachen wie schon den ganzen Nachmittag. Dieses Mädchen liebt es, im Mittelpunkt zu stehen, und wenn sie zu all der Aufmerksamkeit auch noch Mitleid bekommt, nimmt sie das gerne mit.«
    »Der Verlust der Kette scheint sie wirklich zu treffen.« Ich wusste nicht, warum ich sie in Schutz nahm. Vielleicht fühlte ich mich schuldig, weil ich wusste, wo das Medaillon war, während sie die halbe Schule auf der Suche danach auf den Kopf stellte und sogar Tränen vergossen hatte.
    »Hey, Freak!« Als könne man den Teufel herbeireden, tauchte Kim plötzlich vor mir auf. »Hast du was damit zu tun? Weißt du, wo meine Kette ist? Hast du sie genommen?« Mit jeder Frage kam sie einen Schritt näher, bis sie so dicht vor mir stand, dass sich unsere Nasen fast berührten. Obwohl ich nur zu gerne zurückgewichen wäre oder sie von mir gestoßen hätte, zwang ich mich stehen zu bleiben.
    Ich hatte mich schon gefragt, wann sie auf mich losgehen würde, denn so, wie es aussah, war ich die Einzige, die sie bisher verschont hatte. »Wenn du glaubst, du kannst dich auf diese Weise an mir rächen«, zischte sie, »dann hast du dich geschnitten.«
    Oh, ich werde mich an dir rächen. Aber anders, als du denkst.
    An Kims Ärmel hing ein loses Haar. Genau das, was ich brauchte. »Du hast da was.« Ich zupfte es von ihrem Ärmel. Statt es jedoch fallen zu lassen, behielt ich es verborgen in meiner Hand, als ich sie wieder sinken ließ.
    Kim schnaubte und sah aus, als würde sie jeden Moment Feuer spucken. Doch sie machte mir keine Angst mehr. Nicht, nachdem ich wusste, dass ihr Terror ab morgen der Vergangenheit angehören würde.
    Skyler schob mich zur Seite und blieb vor Kim stehen. Unwillkürlich wich sie einen Schritt zurück. »Ich denke, du hast bereits genug getan, Kim.«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, nahm er meine Hand und führte mich aus dem Speisesaal. Erst vor der Tür blieb er stehen. »Du solltest mit Mr Cranston darüber sprechen, was sie getan hat. Oder sie gleich bei Direktor Jenkins

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