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Die Fluchweberin

Die Fluchweberin

Titel: Die Fluchweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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schien er mich mit einer ersten sanften Berührung um Erlaubnis zu bitten – und ich gewährte sie ihm, indem ich seinen Kuss erwiderte. Er schmeckte nach Gummibärchen und Geborgenheit. Als ich meine Arme um seinen Hals schlang, zog er mich enger an sich. Sein Atem war so warm wie seine Berührung. Wir waren einander jetzt so nah, dass ich seinen Herzschlag spüren konnte.
    Schließlich beendete er den Kuss, ohne mich aus seiner Umarmung zu lassen. »Und du bist sicher, dass du nicht vielleicht doch mit mir ausgehen willst?«

 12 
    Für eine Weile hatte mich Skyler das Band zu Kim vergessen lassen. Nach seinem Kuss war es mir schwergefallen, wieder auf Abstand zu gehen, weshalb ich es auch zugelassen hatte, dass er mich in seine Arme zog, als wir uns den Rest des Films ansahen. Nicht dass ich mich noch ansatzweise darauf hätte konzentrieren können. Skyler schien es ganz ähnlich zu gehen, wenn auch aus anderen Gründen. Während ich mir den Kopf über die Verbindung zu Kim zerbrach und darüber, wie es zwischen ihm und mir nun weitergehen sollte, machte er auf mich den Eindruck, als sei zumindest Letzteres für ihn vollkommen klar. Er hatte mich in seine Arme gezogen und seine Finger streichelten unablässig über meinen Arm. Mehr als nur einmal ertappte ich ihn dabei, dass er mich ansah, statt in den Fernseher zu sehen, und wann immer ich ihn erwischte, lächelte er und lehnte seine Stirn gegen meine, bis sich unsere Nasen berührten. Es waren die wohl innigsten Momente, die ich seit Dads Tod und Moms Verschwinden erlebt hatte, und obwohl ein Teil von mir seine Nähe und Zuneigung genoss, jagten sie mir eine Höllenangst ein.
    Konnte ich es wirklich riskieren, ihn an mich heranzulassen? Wenn ich den Mund hielt und mein Geheimnis für mich behielt, könnte ich mit Skyler zusammen sein. Aber wie lange konnte ich mein wahres Ich vor ihm verbergen?
    Vielleicht musste ich das ja gar nicht. Immerhin bestand die Chance, dass er derjenige war, der das Ritual hinter dem Haus ausgeführt hatte. Und war er es nicht auch gewesen, der sich bei mir nach verbotenen Dingen erkundigt hatte? Wenn es mir gelänge, herauszufinden, ob er tatsächlich etwas mit Zauberei zu tun hatte, könnte ich mein Versteckspiel womöglich aufgeben. Zumindest, wenn es die Antwort war, die ich mir erhoffte. Mein Gott, ich wünschte mir so sehr, dass er ein Zauberer war. Jemand wie ich.
    Womöglich fühlte ich mich deshalb so zu ihm hingezogen, weil ein Teil von mir seine Magie spürte und bereits wusste, dass wir füreinander bestimmt waren?
    Nach dem Film war es Zeit für das Abendessen. Wir waren früh dran und von Ty, Mercy und Lily war noch nichts zu sehen. Glücklicherweise konnte ich auch Kim nirgendwo entdecken. Vermutlich ließ sie das Essen wegen des Sondertrainings ausfallen. Wir schnappten uns jeder ein Tablett und gingen zur Essensausgabe. Obwohl ich eigentlich gar keinen Hunger hatte und mich dringend um die Verbindung zu Kim kümmern sollte, hatte ich entschieden, Skyler noch zum Essen zu begleiten.
    Vielleicht fand ich ja etwas heraus.
    Wir ließen uns an einem Tisch am Fenster nieder, den wir ganz für uns allein hatten. Immer wieder spürte ich, dass Skyler mich ansah, und wann immer sich unsere Blicke trafen, wurden meine Wangen ganz heiß. Mein Gesicht begann zu glühen und seinem Grinsen nach zu urteilen, hatte es die Farbe überreifer Tomaten angenommen.
    Ich fühlte mich unbehaglich, denn bisher hatte keiner von uns ein Wort über den Kuss verloren. Oder darüber, ob sich dadurch etwas zwischen uns verändert hatte. So, wie ich ihn kennengelernt hatte, war dieses Schweigen eher untypisch.
    »Skyler«, setzte ich an, ohne zu wissen, was ich eigentlich sagen wollte.
    Er ließ seinen Suppenlöffel sinken und sah mich an. »Du wirst es tun, oder?«
    »Was tun?«
    »Mir sagen, dass sich zwischen uns nicht das Geringste verändert hat.«
    Hatte er deshalb noch nichts gesagt? Weil er Angst hatte, dass ich ihn abblitzen lassen würde? »Hat sich denn etwas verändert?«, fragte ich vorsichtig.
    Seine linke Augenbraue schoss zwei Zentimeter in die Höhe. »Etwa nicht?«
    Ja. »Ich weiß es nicht.«
    Seufzend schob er seine Suppentasse zur Seite und zog den Teller mit dem Hackbraten zu sich heran. »Jemandem wie dir hier zu begegnen, war so ziemlich das Letzte, mit dem ich gerechnet hatte, als ich hierherkam.«
    »Ach ja? Wenn du geplant hattest, dein Abschlussjahr als Einsiedler zu verbringen, hättest du mir vielleicht nicht vom

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