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Die Flüchtlinge

Die Flüchtlinge

Titel: Die Flüchtlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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Mish drückte ihn enger an sich. Zufrieden kuschelte er sich an sie.
    Merkit trat ein und hob einen Körper vom Boden der Brücke auf.
    „Das war der letzte“, sagte sie, grinste Jes mit schwarzen Zähnen an und schleppte den Wächter hinaus. Jes schloß die Augen. Mish hatte ihm inzwischen erzählt, daß sie nach ihrem Sturz das Bewußtsein verloren hatte. Später war sie dann wieder zu sich gekommen und hatte den Wächter Bakars getötet. Zu zweit hatten sie dann Hetch und die anderen befreit. Bakar und Tham waren in den Kontrollraum gegangen und hatten der Folly so viel Schub gegeben, wie sie verkraften konnte. Das Schiff war dermaßen schnell durch den Neuheim-Greifer gejagt, daß ihm dabei eine Heckplatte verlorengegangen war. Der Eintritt in den Aerie-Greifer hatte sie ein Stück Bug gekostet. Es war nicht auszuschließen, daß die Explosion des Rettungsbootes auch die Grafit Eins vernichtet hatte.
    „Tham hat mir erzählt, wie man mit dem Boot umgeht“, murmelte Jes. „Und es hat ja auch hingehauen, nicht wahr?“
    „Es hätte aber auch schiefgehen können“, sagte Hetch. „Das sollte dich lehren, die Hände vom Weltraum zu lassen.“
    Jes öffnete die Augen und sah den Kapitän an.
    „Ich will aber trotzdem Raumfahrer werden“, sagte er gähnend. „Außerdem will ich noch Ihren Rekord brechen.“
    Hetch seufzte, und Mish lachte. „Du bringst uns jetzt besser nach Hause, Kapitän“, sagte sie.
    Jes sah auf den Bildschirm. Aerie hob sich blau, weiß, braun und grün von der Leere ab. Er schloß die Augen. Ich werde diesen Anblick noch öfter erleben, dachte er. Ich werde noch so oft durch einen Greifer fliegen, daß ich es gar nicht mehr zählen kann. Er lehnte den Kopf gegen Mishs Schulter und schlief ein.

 
2. Jason
     
    Als Hetch uns anrief, hatten wir uns in den Hügeln versteckt und verhielten uns so leise wie die personifizierte Furcht. Zuerst verstanden wir gar nicht, was er sagte: Er sprach von Schiffen, Greifern und einer Katastrophe. Ich brüllte in mein Mikrofon hinein, seine Stimme brüllte durch den Lautsprecher, die Aeriten hörten mich und brüllten nun ihrerseits – und es dauerte gut zehn Minuten, bevor ich begriff, daß wir sicher waren und Hetch mit seinem Pendler unterwegs zu uns war. Trotz des nachfolgenden Schweigens vernahm ich, wie sich die Nachricht von Baum zu Baum fortpflanzte. Wir hatten uns darauf vorbereitet, dem Untergang entgegenzusehen, und waren so davon überzeugt, sterben zu müssen. Nun brauchten wir eine Weile, um uns klarzumachen, daß die Gefahr gebannt war. Dann brach ein allgemeiner Jubel aus, und aus den Bäumen, auf denen wir uns verborgen gehalten hatten, regnete es Waffen: Mistgabeln, Besenstiele, selbstgemachte Lanzen, Keulen, Schleudern und weitere Utensilien, mit denen Aerie uns versorgt hatte. Es war ein Wunder, daß wir uns nicht dabei umbrachten, denn die Leute ließen sich einfach aus dem Geäst zu Boden fallen und rannten zum Landeplatz. Ich lief mit ihnen, denn ich war in diesem Augenblick nicht weniger verrückt und laut. Ich kam an Dr. Hoku vorbei, die beinahe einen Purzelbaum schlug und freudig lachte. Laur humpelte neben ihr her und verkündete lauthals, nie mit einem anderen Ergebnis gerechnet zu haben: Die Kennerins seien noch mit jedem Gegner fertig geworden. Wenn jemand anderer Meinung gewesen sein sollte, so hielt er mit seiner Meinung jedenfalls hinter dem Berg. Die Ärztin packte schließlich meinen Arm.
    „Wieder ein Tag, den man alljährlich feiern kann“, rief sie mir über den Lärm hinweg zu. Als ich sie irritiert ansah, fuhr sie mir mit einem ihrer langen, braunen Finger über die Brust und fügte hinzu: „Dieser Unfug wird nur dazu dienen, einen weiteren Tag einzuführen, an dem man sich besaufen kann. Aber was macht das schon, Kennerin. Man braucht eben Rituale und Zeremonien. Sie betreiben hier einen interessanten Planeten.“
    Ich hob sie hoch, küßte sie, setzte sie wieder ab und lief weiter.
    Hetchs Pendelschiff beschrieb über To’an Betes einen Kreis, und noch bevor es völlig zu einem Halt gekommen war, stürmten die Aeriten an Bord und jubelten. Schließlich tauchten unsere Retter auf, und das Geschrei wollte überhaupt kein Ende mehr nehmen.
    Hetch, Merkit, Tham. Bakar hatte Jes auf dem Arm. War er verletzt? Mit einem Kloß in der Kehle bahnte ich mir einen Weg durch die Menge. Bakar weckte meinen Sohn und setzte ihn ab. Jes rieb sich die Augen. Er sah die Leute und gaffte sie verständnislos und überrascht

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