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Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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so legen sie sich ruhig aufs Ohr, und es ist dann nichts leichter, als das Tau sachte zu lösen oder durchzuschneiden, das uns ans Ufer befestigt hält. Merken sie's nicht, so erwachen sie, wenn sie ebensogut hätten bis in die Ewigkeit fortschlafen können, und sehen sie's vor der Zeit, ei, dann haben wir einen kleinen Tanz zu bestehen, aber ändern können sie nachher nichts mehr an der Sache, noch dazu, da der Alte nicht einmal einen Kompaß bei sich führt und des Nebels wegen ruhig wird stromab treiben müssen.«
    »Das ist eine gefährliche Sache«, sagte Blackfoot mürrisch. »Gift und Klapperschlangen, wenn die verwünschten Hosiers nur noch eine Stunde gewartet hätten! Da muß aber jener vermaledeite Holzhacker da drüben noch bis in die späte Nacht hinein an seinem Holze herumschlagen, und richtig, die alte Landratte hört kaum die bekannten Laute, da segelt sie auch schon mit vollen Backen darauf los; – hol sie der Böse!«
    »Steht bei dem Springtau!« rief Bill jetzt, seinen Gefährten nicht weiter beachtend, laut den Bootsleuten zu, – als plötzlich vor ihnen die dämmernden Schatten der Uferbäume sichtbar wurden. Edgeworth stand vorn am äußersten Ende des Bugs und suchte mit den Augen die Dunkelheit zu durchdringen; denn er fürchtete nicht mit Unrecht die in der Nähe des Landes stets häufigen Snags. Dicht unterhalb tauchten da plözlich die weitgespreizten weißen Arme einer kürzlich stromeingestürzten Sykomore auf, und gleich unter dieser zog sich – das konnten sie deutlich erkennen – der Strom wieder scharf nach Westen hinüber. War diese Spitze einmal passiert, so konnten sie nur durch gewaltiges Rudern, und vielleicht selbst dann nicht, das Ufer wiedergewinnen, da die Strömung von hier aus mit ungeheurer Kraft zur Mitte zurückschoß.
    »Hurra«, jubelte Blackfoot mit unterdrückter Stimme; – »die Sache geht besser, als ich dachte; ich glaubte noch gar nicht, daß wir der Spitze so nahe wären. Jetzt sollen sie es wohl bleibenlassen, das Land zu erreichen, und sind wir nur erst einmal wieder so weit ab, daß uns der Nebel umgibt, dann brauchst du den Bug nur ein klein wenig weiter niederzuhalten, und wir treffen die westliche Sandbank unserer Insel nach Herzenslust.« Bill erkannte gleichfalls, wie ihr Plan hier ganz unerwarteterweise durch Ufer und Strömung begünstigt wurde, und wollte eben den Bug wieder abfallen lassen, damit sie an den starren Ästen der Sykomore vorbeitrieben; Bob Roy aber, der mit dem Springtau vorn am Bug stand und die Bewegung von vornherein beobachtet hatte, schrie ihm wild zu: »Port, Sir, hart an Port! Verdamm Euch! Wollt Ihr unsere ganze Arbeit zuschanden machen?«
    »Geht zum Teufel!« fluchte Bill und hob das Ruder nach der entgegengesetzten Seite. Edgeworth aber sprang rasch nach dem vorn eingefügten Stiershorn und riß es nach der Backbord-Seite hinüber. Bill schien nicht übel Lust zu haben, sich dem zu widersetzen; Blackfoot war aber nach vorn zu gegangen, wahrscheinlich um zu sehen, was Bob Roy eigentlich mit dem Springtau wolle, und die Ruderleute hatten sämtlich ihre Finnen herausgehoben und, zum Wiedereinsetzen bereit, zurückgetragen, was die Hintersten bis dicht an den alten Mann brachte. Die Übermacht war unstreitig gegen ihn, und er fügte sich. Seine Aufmerksamkeit wurde übrigens in diesem Augenblick ebenfalls nach vorn gelenkt; denn Bob Roys sonore Stimme rief aus: »Steht bei hier, – Boys! Steht bei! – Nehmt das Tau – ahoi!« und ehe nur irgendeiner recht begreifen konnte, was er eigentlich meine, denn er rief gerade, als ob er jemanden, der draußen stände, das Tau zuwerfen wolle, schleuderte er es mit kräftigem Wurf über den alten Sykomore-Stamm hinüber und folgte dann mit Blitzesschnelle der vorangesandten Leine.
    Alles drängte sich jetzt nach vorn, um das Ergebnis solchen Wagestücks zu sehen, denn das Boot trieb rasch vorüber, und gelang es ihm nicht, in wenigen Sekunden das Tau so zu befestigen, daß es dem ganzen ungeheuren Druck des schweren Bootes widerstehen konnte, so war zehn gegen eins zu wetten, daß es ihn selbst in die Flut hinabriß, wo sein Untergang zwischen den starren, knorrigen Ästen der Sykomore ziemlich gewiß war. Bob Roy hatte das Ganze aber keineswegs unternommen, ohne sich ziehmlich sicher in der Ausführung zu fühlen. Kaum erfaßte er einen der gerade emporragenden Zweige, als er auch mit der Gewandtheit des geübten Matrosen das Tau um einen starken Ast schlug und das ziemlich

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