Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)
treten.«
»Ich für meinen Teil wollte fast, es wäre soweit«, brummte Sander; »meines Bleibens ist hier nicht mehr, und ein Glück war's nur, daß sie in Helena den verwünschten Hosier verhafteten; der hätte mich sonst in eine böse Patsche bringen können. Was wolltet ihr mit dem Burschen, der da so merkwürdig eilig durch den Wald sprengte?«
»Das war James Lively«, erwiderte Porrel, »der hier im Kieferndickicht auf der Lauer gelegen und dieses Haus beobachtet haben muß.«
»Nun, da habt ihr's«, rief Sander erschreckt, – »das sind die Folgen dieses verdammten Zögerns, und wir, die wir unsere eigenen Physiognomien des allgemeinen Besten wegen haben müssen verdächtigen lassen, werden wohl noch zum guten Ende, während ihr anderen frei durchbrennt, in einer sauber gedrehten Hanfschlinge ans Licht gezogen werden. Tod und Verdammnis, so ganz in die Hände dieses Kelly gegeben zu sein!«
»Nun, das hat die längste Zeit gedauert«, beruhigte ihn Porrel; »dort kommt auch das Boot schon. Jetzt zu Schiffe, ihr Herren; James Lively wird, wenn er so schnell zurückkehrt wie er gegangen ist, die Hinterwäldler bald genug hier versammelt haben, dann laßt sie das leere Nest finden, und wir ziehen unterdessen in Helena unsere Mannen zusammen. Sind Eure Sachen gestern abend noch hinunter auf die Insel geschafft worden, Thorby?«
»Nein, gestern abend nicht; wer, zum Teufel, sollte denn bei dem Nebel fahren?« erwiderte der Gefragte. »Aber heute morgen hab ich sie abgeschickt; auf jeden Fall treffen wir sie dort, bis wir selbst hinunterkommen.«
»Sollen wir denn aber so offen aufs Boot gehen?« fragte Sander. – »Wenn nun noch irgendein Halunke hier versteckt läge und nachher in Helena unsern Schlupfwinkel verriete?«
»Da, hängt die Decken über!« sagte Thorby. – »Sie mögen euch für Indianer halten. Und nun rasch; mir ist's, als ob ich schon Hufschläge hörte.«
Die Männer stiegen ohne weiteres Zögern in das dicht am Flatboot liegende kleine Segelboot hinunter, und Porrel eilte, von mehreren der Leute aus dem ›Grauen Bären‹ begleitet, schnellen Schrittes nach Helena zurück.
Währenddessen hatte sich Jonathan Smart, der von dem Virginier die näheren Umstände über Cooks Verhaftung rasch erfragte, ohne Zögern mit diesem auf den Weg gemacht, um den Richter selbst darüber zur Rede zu stellen. Der war aber nirgends zu finden, und der Konstabler erklärte, die angebotene Bürgschaft ohne dessen Bewilligung auf keinen Fall annehmen zu können.
Dagegen ließ sich nicht wohl etwas einwenden, das wußte Smart gut genug, und obgleich der Virginier höchst entrüstet schwor, er habe unmenschliche Lust, der ehrsamen Gerichtsbarkeit in Helena Arme und Beine zu zerschlagen, so hatte er doch an diesem Morgen selber gesehen, daß er sich mit denen, die gleichgesinnt waren, bedeutend in der Minderheit befinde, und machte deshalb für den Augenblick seinem gepreßten Herzen nur in einer unbestimmten Anzahl von Kernflüchen und Verwünschungen Luft.
Die beiden Männer waren mittlerweile langsam die Straße hinab und dem Gefängnis zugegangen, dem gegenüber vor der seligen Mrs. Breidelford Hause sich noch immer einzelne Bootsleute und Kinder aus der Nachbarschaft herumtrieben, wenn auch die festverschlossenen Türen jeden ferneren Eintritt versagten. Da wurden sie plötzlich aus einem der oberen Gefängnisfenster mit einem »Boot ahoi!« begrüßt, und Smart, der im Anfang glaubte, es sei Cooks Stimme, erstaunte nicht wenig, hier auch seinen Freund von gestern, den jungen Indiana-Bootsmann zu treffen. Es war derselbe, der ihm das junge Mädchen gebracht hatte und den er schon lange, weil er sich gar nicht wieder hatte sehen lassen, stromab vermutete.
»Hallo, Sir!« rief er erstaunt aus. »Was, zum Henker, macht denn Ihr hier hinter den Eisenstäben? Potz Zwiebelreihen und Holzuhren! Was ist denn auf einmal in den Richter gefahren? Der war doch sonst nicht so bei der Hand mit Leuteeinsperren.«
»Gott weiß, auf welches Schurken Anklage ich hier sitze«, rief der junge Matrose; – »der Halunke hat sich nicht wieder sehen lassen, und wie es scheint, bekümmert sich gar niemand um uns hier. Ist denn das ein freies Land, wo man die Bürger ohne weiteres in ein Loch wie dieses hier werfen und dann auch ruhig darin steckenlassen darf?«
»Aber weshalb sitzt Ihr denn?« fragte Smart erstaunt.
»Gentlemen«, mischte sich da ein Fremder – Smart hatte ihn wenigstens früher noch nie in Helena
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