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Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)

Titel: Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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wenn nicht herrisch, doch jedenfalls trotzig und unfreundlich benahm. Keiner mochte ihn, und nur die Scheu vor dem Kapitän hielt wohl die wilden Burschen zurück, daß sie nicht den Günstling seines Weibes einmal recht derb und nachdrücklich züchtigten. Bolivar aber, der als einziger Neger unter dem Knaben stand und dessen Tyrannei schon mehrere Male hatte ertragen müssen, ohne bei Georgine selbst Gehör zu finden, nährte einen finsteren Haß gegen den jungen, leichtsinnigen Buschen, und wohl nichts Gutes mochte es diesem prophezeien, daß der Blick des Äthiopiers manchmal, und wenn auch nur für Sekunden, mit einem wilden, triumphierenden Lächeln auf dem schönen Antlitz des schwarzlockigen Knaben ruhte. Endlich brach Bolivar das Schweigen und brummte, während er eine kurze Zeit mit Rudern einhielt: »Steuert, zum Donnerwetter, gerade, oder laßt es ganz sein! – Der Henker soll eine solche Arbeit holen, wo man einmal im rechten und einmal wieder im linken Ruder liegen muß, weil es dem jungen Herrn da eben bequem ist, bald hierherüber, bald dahinüber zu halten; – 's ist kein Kinderspiel, in solcher Hitze zu rudern.«
    »Deinen Teint wird sie dir wenigstens nicht verderben«, spottete der Mestize; – »aber Ruhe da vor dem Mast. – Es kann oder muß dir vielmehr gleich sein, ob du ein paar Ruderschläge mehr tust oder nicht. Unship your star board wheel – hörst du, Bolivar? – Du sollst mit dem rechten Ruder einmal aufhören. Holzkopf, versteht den gewöhnlichen Dampfboot-Ausdruck nicht!«
    »Wir dürfen nicht so hoch oben landen«, erwiderte finster der Neger. – »Seht Ihr dort weiter unten den hellgrünen Fleck? – Es ist gerade da, wo der Rohrbruch bis vorn an das Ufer läuft; dort geht eine kleine Bucht hinein, und da wollen wir das Boot lassen; also steuert jetzt ordentlich oder laßt das Ruder ganz liegen.«
    »Hu, hu, hu – alter Brummbär«, spöttelte der Knabe, »wenn ich nun nicht will? – He? Aber meinetwegen, desto eher werde ich deine häßliche Gesellschaft los; so habe denn dieses eine Mal deinen Willen. Wo finde ich das Pferd?«
    »Ich zeige Euch den Platz, wenn wir hinkommen.«
    »Und die Straße?«
    »Keine fünfhundert Schritt westlich von dort.«
    »Führt keine rechts oder links ab?«
    »Keine«, sagte der Neger düster; – »habt keine Angst, Ihr könnt den Weg nicht verfehlen.«
    Olyo schien beruhigt zu sein und regierte von da an das Steuer regelmäßiger. Bolivar aber überflog jetzt forschend mit den Blicken die weite Fläche des Stroms, die er von dort aus übersehen konnte. Nichts ließ sich erkennen als drei oder vier Flatboote, die langsam und träge mit der Flut stromab kamen. Das kleine Boot geriet jetzt in die stärkere Strömung, die dicht am Ufer hinschoß, und Bolivar ruderte aus Leibeskräften.
    »Haltet ein klein wenig mehr stromauf!« rief er dem Knaben zu. – »Noch mehr! So! – Die Flut reißt uns sonst unter den Baumwollholzbaum dort drüben.«
    »Der Fluß steigt!« meinte der Mestize, während er auf die rasch vorbeitreibenden gelben Schaumblasen sah. – »Nun, Zeit ist es auch; – die Missouri-Wasser haben dieses Mal lange auf sich warten lassen. Aber halt, Bolivar – halt, sage ich – verwünschter Nigger! Du führst mich ja mitten in die nassen Büsche hier hinein«, rief der Kleine plötzlich, als der Neger scharf in die schmale Mündung der Bucht hielt, die von tief in das Wasser hängenden Reben und Ranken fast verschlossen war. – Bolivar schien den Rat aber nicht zu beachten. – »Wirst noch nasser werden«, murmelte er vor sich hin, und im nächsten Moment warf er mit schnellem Ruck die Ruder aus ihren Ruderlöchern ins Boot, das durch die letzte Anstrengung pfeilschnell vorwärts getrieben wurde und rasch in das grüne Gewinde hineinglitt und dahinter verschwand.
    Was bedeutete jetzt jener scharf abgebrochene, wilde, kreischende Angstschrei, jenes kurze, aber verzweifelte Ringen?
    Die Schlinggewächse erzitterten, und aus der Bucht drängten sich kurze, kleine Schlagwellen, als ob da drinnen irgendein großer Fisch das Wasser peitsche. – Kein Laut aber war mehr zu hören. – Die Reben hörten endlich auf zu schwanken, das Wasser beruhigte sich wieder, und mehrere Minuten lang herrschte ein lautloses, unheimliches Schweigen. Endlich teilten sich die Büsche; der Kahn glitt daraus hervor, und im Heck stand der Neger – allein. Sein ganzes Aussehen war wild und verstört, und sein Antlitz hatte eine graue Aschenfarbe

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