Die Formel der Macht
dass der FBI-Direktor sie für eine Kriminelle hielt, sondern dass ihr Vater den Verdacht hatte, es könnte so sein.
“Gordon glaubt das nicht wirklich”, widersprach Duncan ruhig. “Obwohl er es vielleicht befürchtet.”
“Er sollte mich eigentlich besser kennen.”
“Ja, eigentlich schon, aber du solltest ein bisschen nachsichtig mit ihm sein. Er sitzt zwischen allen Stühlen und versucht nur zu verhindern, dass seine persönlichen Gefühle in Widerspruch zu seinen Pflichten als Minister geraten.”
Ihr ganzes Leben lang hatte ihr Vater, wie ihr schien, irgendein hohes öffentliches Amt angestrebt, und ihr ganzes Leben lang hatten ihr die Leute erzählt, dass sie doch verstehen solle, was für ein wichtiger Mann er sei und dass er “nur dieses eine Mal”, seine öffentlichen Pflichten über ihre Bedürfnisse stellen müsse. Nur, dass ihr mit zehn langsam gedämmert hatte, dass “nur dieses eine Mal” “immer” hieß und dass sie im Zweifelsfall stets leer ausgehen würde.
Summer spürte Wut in sich aufsteigen, und sie hatte es satt, sie zu unterdrücken. Sie hatte mehrere Tage in der Hölle hinter sich, doch statt sie nach ihrer Rückkehr zu trösten, stellte man sie unter Generalverdacht. “Warum sagst du nicht, dass mein Vater ein bisschen Geduld mit
mir
haben und auf
meine
Integrität vertrauen sollte? Die Tatsache, dass wir nicht die gleiche politische Auffassung haben, heißt doch noch lange nicht, dass ich irgendetwas tun würde, um ihn zu kompromittieren oder meinem Land zu schaden.”
“Das habe ich auch gesagt”, erwiderte Duncan.
“Stets der perfekte Diplomat”, sagte sie, immer noch wütend.
“Nicht immer”, gab er kühl zurück. “Und in diesem Fall kaum.”
Aus irgendeinem Grund hatte sie Lust, Duncan genauso zu verletzen, wie ihr Vater sie verletzt hatte. “Du bist immer so verdammt kontrolliert. Fühlt man sich nicht einsam da oben auf dem Podest, wenn man auf das Kuddelmuddel schaut, das wir anderen alle aus unserem Leben machen?”
“Wenn du mich für kontrolliert hältst, wenn du in meiner Nähe bist, schaust du aber nicht sehr genau hin.”
Summer war überrascht von der plötzlichen Schärfe, die in seiner Stimme mitschwang, noch mehr aber überraschte es sie, dass sie der Umstand, ihn aus der Ruhe gebracht zu haben, mit Genugtuung erfüllte. Erst jetzt wurde ihr klar, dass sie schon seit Langem sehen wollte, wie es wohl sein mochte, wenn Duncan nicht mehr Herr der Situation und seiner selbst war.
Sie stellte ihre halb ausgetrunkene Teetasse ab und starrte ihn herausfordernd an. “Was habe ich an mir, das dich so ärgert, Duncan?”
“Nichts. Du ärgerst mich nicht”, behauptete er kategorisch.
“Ha! Sag das noch mal, und versuch mir dabei einmal – nur dieses eine Mal – in die Augen zu schauen!”
Er riss ruckartig den Kopf herum und begegnete ihrem Blick. “Es gibt nichts an dir, was mich ärgert, Summer.”
“Ich kann fast sehen, wie du mit den Zähnen knirschst, wenn du es sagst.”
“Du interpretierst meine Reaktion falsch, was du sehr oft tust. Du ärgerst mich nicht. Du verdrehst mir den Kopf.”
Summer lachte auf. “Wenn du dich so verhältst, wenn man dir den Kopf verdreht, dann würde ich nur höchst ungern Zeit mit dir verbringen, wenn du dich langweilst. Würde ich überhaupt merken, dass du wach bist?”
Er schaute sie immer noch an, aber sein Gesichtsausdruck gab nichts von seinen Gedanken preis. “Willst du mir nicht sagen, was für ein Spiel wir hier spielen, Summer? Vielleicht würde ich ja gern mitspielen, wenn ich wüsste, wie es geht.”
“Ich spiele keine Spiele.” Ihre Stimme bebte. “Ich wollte nur sehen, ob du irgendwelche normalen menschlichen Gefühle hast, das ist alles.”
“Was dich anbelangt, habe ich eine Menge Gefühle. Viel zu viele, genau gesagt.”
Ihr Magen machte einen kleinen Satz. Sie legte den Kopf zur Seite und schaute ihn spöttisch an. “Und was für Gefühle sind das, Duncan? Da es mir an deiner diplomatischen Erfahrung mangelt und ich die subtilen Nuancen einer hochgezogenen Augenbraue anscheinend nicht richtig interpretieren kann, musst du es mir schon ausbuchstabieren.”
In seinen Augen loderte unverhüllte Leidenschaft auf. Er antwortete nicht mit Worten, sondern zog sie in seine Arme und presste seinen Mund auf ihren. Für einen Sekundenbruchteil erstarrte Summer vor Schreck. Dann explodierte tief in ihr Verlangen und schoss ihr ins Blut. Sie öffnete die Lippen und war sofort erregt,
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