Die Formel der Macht
bin bereit.”
“Dann lassen Sie uns gehen. Wir haben alle Hände voll zu tun.”
9. KAPITEL
S ummer schüttelte ihr Kissen auf, klopfte es neu in Form und rollte sich auf den Bauch. Sekunden später wälzte sie sich auf die Seite, streckte ihre Füße aus der Decke, wackelte mit den Zehen und drehte den Fuß, um sich daran zu erinnern, dass sie frei war. Nachdem sie das Ritual zum dritten oder vierten Mal, seit sie im Bett war, vollzogen hatte, machte sie die Augen zu und versuchte einzuschlafen.
Eine Stunde später gab sie auf. Jedes Mal, wenn sie kurz vorm Einschlafen war, fühlte sie sich, als ob sie von dunklen Schatten, die sich aus den Ecken des Raums lösten, überwältigt und auf dem Bett festgehalten würde. Die Ärzte hatten sie gewarnt, dass die Albträume sie möglicherweise noch mehrere Wochen heimsuchen könnten. Im Moment war sie sogar bereit, Albträume in Kauf zu nehmen, wenn es ihr dafür nur gelänge, einzuschlafen.
Sie setzte sich auf, kickte die Bettdecke weg und machte die Nachttischlampe an. Licht flutete in das Gästezimmer im Haus ihres Vaters und vertrieb die Schatten. Die Schatten in ihrem Kopf lösten sich leider nicht so schnell auf. Sie verweilten und hüllten sie in erschreckende Erinnerungen an Stille, Dunkelheit und Schmerz ein.
Summer schlang die Arme um die Knie, dann schaute sie finster auf die zusammengekauerte Gestalt, die der antike Pilasterspiegel am Fußende des Bettes reflektierte. Jetzt war es genug. Ihre Mutter hatte immer behauptet, dass eine Tasse Kräutertee gut gegen jedes Leiden sei, sofern es keine Operation erforderte. Jetzt schien die perfekte Gelegenheit gekommen, Moms Rat auszuprobieren. Alles war besser, als sich schlaflos im Bett herumzuwälzen und sich zu fragen, wie lange es wohl dauern mochte, bis sie aufhörte zu zittern. Sie schlüpfte in ein Paar geschmackvolle cremefarbene Satinslipper, die Olivia ihr freundlicherweise zur Verfügung gestellt hatte, warf sich einen nicht weniger geschmackvollen seidenen Morgenrock über, den sie ebenfalls Olivias Güte zu verdanken hatte und der mindestens fünfmal so elegant war wie ihr eigener, und ging nach unten in die Küche.
So wie ihr Leben derzeit lief, hätte sie es nicht überraschen müssen, dass sie Duncan mit einem Wust aus Papieren um sich herum am Küchentisch sitzend vorfand. Er trug Jeans, sein Hemd stand bis zum Bauchnabel offen, und auf der Kinnpartie zeichnete sich ein dunkler Bartschatten ab. Sie verspürte einen Stich und entschied, dass es Groll war. Es war vier Uhr morgens, um Himmels willen! Hörte der Typ denn nie auf zu arbeiten?
“Summer.” Er erhob sich, aber er erkundigte sich nicht nach ihrem Befinden oder ob sie nicht schlafen könnte oder sonst etwas, irgendeine dieser banalen Fragen, die helfen würden, eine Unterhaltung in Gang zu bringen. Und sein Hemd knöpfte er auch nicht zu. Er sagte einfach nur ihren Namen, und dann schaute er sie mit diesem höflichen, beherrschten Gesichtsausdruck an, den sie so einschüchternd fand. Und … frustrierend.
Sie zog den Gürtel ihres Morgenmantels fester zu und ging hinüber zur Spüle, wo sie einen der Hängeschränke aufmachte, um nach einem Wasserkessel Ausschau zu halten. “Ich wollte mir einen Tee machen”, sagte sie. Sie hatte versucht, beiläufig höflich zu klingen. Aber es klang kindisch und aufmüpfig, gerade so, als ob sie erwartete, dass er ihr die Erlaubnis verweigern und sie wieder nach oben ins Bett schicken würde.
“Da ist eine Taste, wo man sofort kochendes Wasser bekommt”, sagte er. “Dort, rechts neben der Spüle.”
“Oh, ja. Danke.” Natürlich kannte er sich in der Küche aus. Sie hatte bisher nur zweimal ihren Fuß in dieses Haus gesetzt, aber Duncan war ein ständiger Besucher. Nicht nur, dass er Olivias Lieblingsverwandter war, er war auch noch der Liebling ihres Vaters, der gut aussehende, ehrgeizige Sohn, den sich dieser immer gewünscht und nie gehabt hatte. Der Mann, von dem ihr Vater wollte, dass sie ihn heiratete. Ja, richtig.
Summer machte mehrere Schranktüren auf und suchte nach einer Tasse. Duncan ging zu einem Hängeschrank in der Nähe des Kühlschranks und holte eine dünne Tasse aus Meißener Porzellan sowie einen Behälter mit Teebeuteln heraus. Sie warf ihm einen bösen Blick zu.
“Was für einen Tee willst du?”, fragte er, ohne sie zu beachten, und verteilte die Teebeutel auf dem Tresen. “Es gibt normalen Tee und verschiedene Kräuter- und Früchtetees, Zitrone … Pfefferminz
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