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Die Formel der Macht

Die Formel der Macht

Titel: Die Formel der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasmine Cresswell
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ungeduldig, und so tauchte am dritten Morgen seiner Gefangenschaft Alonzo da Pereira wieder auf. Er kam allein und trug einen schmalen Aktenkoffer bei sich, den er auf dem Couchtisch abstellte.
    “Joe, mein Freund, wie geht es dir heute?” Er sprach Portugiesisch und legte Joe jovial einen Arm um die Schultern.
    Joe schüttelte mit unverhüllter Verachtung Alonzos Umarmung ab. Dann schlenderte er durch den Raum, wobei er seinem Cousin den Rücken zukehrte, und schaute aus dem vergitterten Fenster. Er war überzeugt, dass sein Tod bereits beschlossene Sache war, aber das hieß noch lange nicht, dass die Todesszene nach Alonzos Regieanweisungen ablaufen musste.
    “Joe, du enttäuschst mich.” Alonzo schaffte es, aufrichtig verletzt zu klingen. “Ich wünschte, du sähest endlich ein, dass es dich nicht weiterbringt, die beleidigte Leberwurst zu spielen, alter Freund. Lass uns vernünftig sein und wie zwei intelligente Erwachsene über die Angelegenheit reden.”
    Jeder unbeteiligte Dritte wäre zu dem Schluss gelangt, dass Alonzo ein Musterbeispiel an Vernunft und Joe ein sturer Hund war. Joe blieb stumm, weil es die einzige Waffe war, die er hatte, und eine höchst erbärmliche dazu. Er verschränkte die Arme vor der Brust und beobachtete, wie draußen die bewaffnete Garde die Grenzen des von hohen Mauern gesäumten Besitzes abschritt. Die Männer trugen schwarze Uniformen, die ihnen ein Aussehen verliehen, als wären sie einem Bruce-Willis-Film entsprungen.
    Alonzo seufzte. “Joe, du bist wirklich stur. Warum antwortest du mir nicht? Habe ich dich schlecht behandelt? Nein, natürlich nicht. Alles, was ich getan habe, ist, dich aus einem amerikanischen Gefängnis herauszuholen. Ist das ein Verbrechen? Siehst du denn nicht, dass wir dieselben Ziele haben?”
    Joe sagte nichts.
    Alonzo schnalzte ärgerlich mit der Zunge. “Mit jedem Tag, der vergeht, sterben unnötigerweise Menschen. Wenn du deine Entdeckung mit mir teilen würdest, könnten wir versuchen, unsere Ziele gemeinsam zu erreichen.”
    Endlich drehte sich Joe um. “Was für eine Entdeckung?”, fragte er höflich.
    Alonzos Lächeln verschwand, zusammen mit seiner gewählten Ausdrucksweise. “Verarsch mich nicht, Joe, sonst mach ich dich fertig. Wir wissen beide, was du entdeckt hast. Ich habe das Material gesehen, das du Fernando zugeschickt hast.”
    Joes Handflächen begannen feucht zu werden. Es war völlig ausgeschlossen, dass Fernando Alonzo diese Unterlagen freiwillig gezeigt hatte, nicht einmal wenn er in seinem Cousin immer noch seine zuverlässige rechte Hand gesehen hätte. Joe schaute Alonzo an und versuchte in seinem Gesicht zu lesen, aber es war aussichtslos. Alonzo war ein meisterhafter Lügner, und Joe war im Spiel der Täuschung ein absoluter Anfänger.
    In Alonzos Augen trat ein verächtlich belustigtes Glitzern. Dem Dreckskerl machte es einen Heidenspaß, Leute zu täuschen, dachte Joe, und es störte ihn nicht im Geringsten, dass er, Joe, wusste, dass er getäuscht werden sollte. Alonzo setzte sich und stellte einen Fuß auf den antiken Couchtisch, dessen Holz aus dem brasilianischen Urwald stammte. Seine kultivierten Manieren kehrten zurück. “Komm schon, Joe, lass uns aufhören, wie die Katze um den heißen Brei herumzustreichen. Wir sind keine Feinde oder bräuchten es zumindest nicht zu sein. Wir möchten beide nur den Menschen hel…”
    In Joe kochte die Wut hoch. “Hör auf, so zu tun, als hätten wir gemeinsame Interessen. Wir beide haben nicht die geringsten Gemeins…”
    “Sicher haben wir das, Joe. Schließlich fließt durch unsere Adern das gleiche Blut.”
    “Das ist aber Gott sei Dank auch schon alles. Abgesehen davon, dass wir ein paar gemeinsame Vorfahren haben, gibt es nichts, das uns verbindet. Dein Ziel ist es, Geld zu machen. Meins ist es, Menschenleben zu retten …”
    “Richtig. Du bist der Edelmut in Person, und ich bin nur ein Stück Dreck. Erspar mir den Sermon.” Alonzo gähnte, dann beugte er sich, strotzend vor falscher Aufrichtigkeit, vor. “Glaub mir, Joe, mir liegt genauso viel daran, Menschenleben zu retten wie dir. Absolut. Es ist nur so, dass ich als Geschäftsmann den schnellsten, leichtesten und effizientesten Weg kenne, um ein neues Produkt zu vermarkten.”
    Joe schaffte es gerade noch, sich einer weiteren klebrigen Umarmung zu entziehen. “Warum muss ich diese Unterhaltung mit dir führen? Wo ist Fernando? Wir sind bereits zu einer Vereinbarung gekommen, die uns beide

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