Die Formel der Macht
zufriedenstellt.”
Alonzo stand auf, seine vermeintliche Trägheit fiel schlagartig von ihm ab. “Es stimmt, dass du mit Fernando zu einer Vereinbarung gekommen bist, die euch beide zufriedenstellt. Aber leider stellt sie meine Teilhaber nicht zufrieden. Tatsächlich würde ich so weit gehen zu sagen, dass mehrere prominente Mitglieder unserer weitverzweigten Familie stocksauer sind.”
Jetzt strahlte Alonzo eine nur unzureichend verhüllte Wut aus, die erste echte Gefühlsregung, die Joe an ihm bemerkte. Keine guten Nachrichten, dachte er, wobei ihm ganz flau im Magen wurde. Alonzo war ein Speichellecker, und er würde Fernando nur offen bekämpfen, wenn er ein paar mächtige Verbündete an seiner Seite wusste.
“Wir wissen beide, dass unser Cousin
Industria Agricola do Norte
nicht wie ein demokratisches Unternehmen führt”, tastete Joe sich behutsam vor. “Fernando trifft die Entscheidungen, und ihr anderen habt die Aufgabe, sie umzusetzen. Fernando hat die alleinige Entscheidungsmacht in seinen Händen konzentriert. Deshalb könnt ihr, selbst wenn du mit deinen Verbündeten anderer Meinung bist, gar nichts machen.”
“Du hast nur zur Hälfte recht, Joe. Der Konzern ist so organisiert, dass die alleinige Entscheidungsbefugnis in den Händen des Präsidenten liegt, wer immer er sein mag. Und seit letzter Woche bin ich der Präsident von
Industria Agricola do Norte.”
Joe blieb die Luft weg, ihm gefror das Blut in den Adern, obwohl er spüren konnte, wie ihm der Schweiß über den Rücken rann. Für das, was Alonzo da eben gesagt hatte, gab es nur eine einzige Erklärung. Und als er aufschaute und das triumphierende Glitzern in Alonzos Augen sah, wusste er, dass er sich nicht geirrt hatte. Er atmete tief durch, wobei er versuchte, sich seine Erschütterung nicht anmerken zu lassen, und schaffte es, Alonzos triumphierendem Blick mit einem Ausdruck kühler Berechnung zu begegnen. “Du hast Fernando umgebracht.” Er sagte es wie eine Tatsache, die keinen Widerspruch duldete.
“Wie kannst du nur glauben, ich sei zu einer so abscheulichen Tat fähig?” Alonzos Stimme triefte vor Hohn. “Bedauerlicherweise wurde unser armer Cousin am vergangenen Samstagabend in New York getötet. Wir jammern hier in Brasilien ständig über unsere hohe Kriminalitätsrate, und doch scheint es in den Vereinigten Staaten, die immerhin das reichste Land der Welt sind, nicht sicherer zu sein als hier.”
Joe überhörte das leere Gewäsch und konzentrierte sich auf die nackte Tatsache, dass Fernando ermordet worden war. Er hatte geglaubt, sich bereits seit Monaten mit seinem eigenen, bald bevorstehenden Tod abgefunden zu haben, aber jetzt wurde ihm klar, wie sehr er sich darauf verlassen hatte, dass Fernandos Macht es schaffen würde, ihn am Leben zu erhalten. Er wurde von einer Welle intensiven Bedauerns überschwemmt und begriff zum ersten Mal, wie viel ihm die schlichte Tatsache, am Leben zu sein, bedeutete.
“Wie hast du seinen Tod bewerkstelligt?”, fragte er. “Fernando war zu gewieft, um aus sich eine leichte Zielscheibe zu machen.”
“Mein bedauernswerter Cousin war töricht genug, sich zu verlieben. Ein böser Fehler für einen Mann seines Alters, findest du nicht auch?”
“Was meinst du damit?”
“Ich meine damit, dass Fernando mit dem Schwanz gedacht hat statt mit dem Kopf”, gab Alonzo verächtlich zurück. “Und dabei hat er leider eine Hotelzimmertür aufgemacht, die er besser zugelassen hätte.”
“Du hast ihn in einem New Yorker Hotel ermordet?”
“Mein lieber Joe, ich würde so etwas niemals tun. Selbstverständlich nicht. Es ist aber trotzdem leider wahr, dass Fernando in seinem Hotelzimmer in Manhattan durch einige Kopfschüsse getötet wurde. Traurig, dass man bis jetzt noch keine Spur von seinen Mördern gefunden hat. Aber ich gehe davon aus, dass sich diese Situation in Kürze grundlegend ändern wird, sodass die Polizei in der Lage sein wird, einen Verdächtigen festzunehmen und den Fall abzuschließen. Der Bürgermeister wird zufrieden sein, dass er seine Aufklärungsrate hält.”
Joe ging ins Bad und knallte die Tür hinter sich zu, doch da er sie nicht abschließen konnte, riss Alonzo sie auf und drängte ihn gegen das Waschbecken. “Ich bin ein viel beschäftigter Mann und habe es satt, dir hinterherzulaufen. Hör schon endlich auf, dich zu zieren, Joe. Vielleicht bist du ja jetzt, nachdem wir beide wissen, dass Fernando tot ist, bereit, unsere Unterhaltung in einem etwas
Weitere Kostenlose Bücher