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Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition)

Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition)

Titel: Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexis Jenni
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Spitzbogenfenster. Und jetzt lassen Sie uns essen. Es ist das gestrige Abendessen, das wir wegen eines Angriffs nicht haben einnehmen können. Zum Glück ist es unversehrt geblieben. Unsere Ordonnanz hat als Maître d’hôtel in dem größten Restaurant von Berlin gearbeitet, ehe es die Stalinorgeln in einen Trümmerhaufen verwandelt haben. Er bedient uns auf exquisite Weise, sogar in dieser Ruine, wir haben gut daran getan, ihn mitzunehmen. Bringen Sie uns den nächsten Gang!«
    Die unerschütterliche Ordonnanz brachte einen Braten, der appetitlich nach Fleisch roch, was in Indochina selten war. Da näherte sich Moreau.
    »Herr Oberst, gestatten Sie mir, darauf zu bestehen.«
    Der Offizier, der schon ein saftiges Stück Fleisch aufgespießt hatte und die Gabel gerade an den offenen Mund führte, hielt auf halbem Weg inne und blickte mit gereizter Miene zu ihm auf. Aber Moreau, dieser kleine, magere Mann ohne jegliche Anmut, besaß das besondere Talent, dass man ihm, wenn er mit leiser Stimme, die sich zwischen seinen schmalen Lippen einen Weg bahnte, um etwas bat, das Anliegen gewährte, als handele es sich um eine Frage von Leben und Tod. Der Oberst kannte zwar solche faulen Tricks, hing aber nicht sonderlich an seinen Lastwagen und hatte vor allem große Lust, endlich in Ruhe weiteressen zu können.
    »Gut. Ich stelle Ihnen einen Lastwagen für den Transport der Munition zur Verfügung, mehr habe ich nicht. Die Männer müssen zu Fuß laufen. Die Dschungelpiste ist relativ sicher. Aber es wird höchste Zeit, dass die Kolonialarmee aufhört, unsere Hilfe in Anspruch zu nehmen.«
    Moreau wandte sich zu Salagnon um, der nickte; er war von Natur aus entgegenkommend, aber nicht sehr stolz auf diese Eigenschaft. Sie ließen die Offiziere weiteressen und gingen nach draußen.
    »Trambassac hat gar nicht so unrecht. Hier fühlt sich der Hauptmann nur für seine Recken und seine Waffengefährten zuständig; jeder ist nur für seine eigene Bande verantwortlich.«
    »Tja, und hier ist deine Bande.«
    Mariani und Gascard saßen auf den Munitionskisten und warteten auf sie, während die vierzig thailändischen Hilfswilligen auf dem Boden hockten und sich auf ihre Gewehre stützten, die sie wie Lanzen hielten. Mariani stand auf, als die beiden näher kamen und wandte sich lächelnd an Moreau, um sich nach dem Stand der Dinge zu erkundigen.
    Der Marsch durch den Dschungel dauerte drei Tage. Sie gingen im Gänsemarsch, das Gewehr quer über die Schultern gelegt. Sie trieften bald vor Schweiß, da sie in praller Sonne steile Hänge erklommen. Sie näherten sich nicht dem Schatten am Rand der Piste, denn da begann der Wald mit seinen unzähligen Verstecken, Fallen und mit Minen verbundenen Drähten zwischen den Bäumen sowie geduldigen Schützen, die zwischen den Ästen verharrten. Die beiden grünen Wände bedrückten sie, und daher marschierten sie mitten auf der Piste in der prallen Sonne. Und manchmal offenbarte eine Lichtung mit verbrannten Rändern die Wirkung von Artilleriegeschützen mit großer Reichweite oder die der Luftwaffe; ein geschwärzter, am Wegrand umgestürzter Lastwagen voller Einschusslöcher zeugte von einem Scharmützel, dessen Beteiligte alle tot waren. Zum Glück wurden keine Toten zurückgelassen, denn sonst wäre diese Piste von ihnen übersät. Man ließ keine Toten zurück, man sammelte sie ein, außer im Fluss. Außer im Fluss, dachte Salagnon und mühte sich unter dem Gewicht seines Marschgepäcks und seiner Waffe ab, die er quer über der Schulter trug. Aber was hatten diese Toten im Fluss zu bedeuten? Man sträubt sich, Leichen anzurühren, und daher lässt man sie manchmal zurück, aber warum waren sie in den Fluss geworfen worden? Jeder Schritt war beschwerlich auf dieser ansteigenden Piste in schlechtem Zustand, und die Müdigkeit und die Niedergeschlagenheit, die von der Erschöpfung der Muskeln kam, wurden von unangenehmen Gedanken begleitet. Abends schliefen sie in an den Bäumen befestigten Hängematten aus Hanf, die Hälfte von ihnen bewachte die andere, schlafende Hälfte.
    Am folgenden Morgen marschierten sie weiter auf der Dschungelpiste. Salagnon hatte nicht gewusst, dass es so schwierig sein konnte, einen Fuß zu heben, um ihn vor den anderen zu setzen. Sein Rucksack voller Metallgegenstände zog ihn nach hinten, seine Waffen schienen immer schwerer zu wiegen, die Muskeln seiner Schenkel spannten sich wie die Drahtseile einer Hängebrücke, er glaubte zu hören, wie sie bei jeder

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