Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition)
mit speziellen Fässern beladen waren, und mit Fallschirmjägern besetzte Dakota-Maschinen, die brummend in einer Reihe hintereinander herflogen. Manche von ihnen zogen, wenn sie zurückkehrten, eine lange schwarze Rauchfahne hinter sich her, die ihr Gleichgewicht bedrohte.
Mariani besuchte ihn, er hatte die Evakuierung unversehrt überstanden. Er brachte ihm Zeitungen mit und kommentierte die Neuigkeiten.
»Eine heftige Gegenoffensive der franko-vietnamesischen Truppen hat erlaubt, das Vorrücken des Feindes im Hochland zu stoppen«, las er laut vor. »Eine Reihe von Posten musste evakuiert werden, um die Verteidigung des Deltas zu verstärken. Das Gros der Truppen hält gut stand. Na, das ist ja beruhigend.Weißt du, wer damit gemeint ist?«
»Womit?«
»Mir den franko-vietnamesischen Truppen.«
»Vielleicht sind wir das. Sag mal, Mariani, bringen wir nicht alles durcheinander? Wir sind die französische Armee, die für den Schutz des vietnamesischen Volkes kämpft, und führen einen Partisanenkrieg gegen die reguläre Armee einer Bewegung, die einen Guerillakrieg gegen uns führt, weil sie für die Unabhängigkeit des vietnamesischen Volkes kämpft.«
»Vom Kämpfen verstehen wir etwas. Aber was den Grund angeht, hoffe ich, dass sie in Paris wissen, was sie tun.«
Das brachte sie zum Lachen. Sie lachten gerne gemeinsam.
»Hat man Rufin eigentlich wiedergefunden?«
»Sein letzter Funkspruch ist eingegangen. Ich habe einen Typen von der Fernmeldeeinheit bekniet, mir den genauen Wortlaut vorzulesen. Dem lässt sich nicht viel entnehmen. ›Die Vietminh sind nur noch ein paar Meter entfernt. Gruß an alle.‹ Und danach sei Funkstille gewesen, wie mir der Typ von der Fernmeldeeinheit erzählt hat, oder genauer gesagt, das Geräusch des Funkgeräts, wenn es nichts mehr überträgt, was sich anhört wie das Knistern von Sand in einer Metalldose.«
»Glaubst du, dass er da rausgekommen ist?«
»Er kannte sich mit allem aus. Aber wenn er da rausgekommen ist, dann schleppt er sich noch heute im Dschungel herum.«
»Zuzutrauen wäre ihm das. Der Kriegsengel, der ganz allein hier und dort im Wald seinen Guerillakrieg führt.«
»Träumen kostet nichts.«
Sie sprachen über Moreau, der nicht den heroischen Tod gefunden hatte, den er verdient hätte. Andererseits stirbt man immer auf die Schnelle. Im Krieg fällt man völlig unvermutet. Und wenn dann mit lyrischen Worten darüber gesprochen wird, ist das eine fromme Lüge, um die Sache auszuschmücken; man erfindet eine Geschichte, walzt das Ganze aus und inszeniert etwas. In Wirklichkeit stirbt man sang- und klanglos, blitzschnell, in völliger Stille; und auch hinterher herrscht Stille.
Salagnons Onkel besuchte ihn. Er sah sich die Verwundung an, fragte den Arzt nach dem Befund.
»Wenn du heimkehrst, musst du wieder in Form sein«, sagte er zu ihm, ehe er ging. »Ich habe Pläne für dich.«
Er ruhte sich aus; verbrachte viel Zeit damit, auf dem Gelände dieses tropischen Hospitals spazieren zu gehen, besonders im großen Park unter den Bäumen. »Ich bin dabei, mich von der Sauna Indochinas einweichen zu lassen«, sagte er lachend zu jenen, die ihn ab und zu besuchten, so wie man früher Schiffszwieback auf den Schiffen, die den Ozean überquerten, einweichen ließ, um ihn wieder genießbar werden zu lassen.
Er ließ sich also »einweichen«, damit seine Wunde besser verheilte, so wie es die verwundeten Soldaten taten, aber für Opium hatte er nichts übrig. Um Opium zu nehmen, hätte er sich hinlegen müssen, und davon schlief man ein; er zog es vor, sich hinzusetzen, denn auf diese Weise konnte er etwas sehen und malen. Die Pinselbewegungen reichten ihm, um die Schwere zu verringern, sich von den Schmerzen zu befreien und zu schweben. Er ging auch in die Stadt, aß in den Straßenkneipen von Hanoi Suppen, in denen alles Mögliche schwamm. Er setzte sich mitten unter die Leute und sah lange dem Treiben auf der Straße zu, setzte sich unter einen Baum in ein kleines Teehaus mit zwei Tischen und ein paar Hockern und wartete, dass ein magerer Typ in Shorts mit einem verbeulten Kessel erneut vorbeikam, um das Schälchen, in dem immer dieselben Teeblätter schwammen, wieder mit heißem Wasser nachzufüllen, sodass der Tee immer wässriger wurde und schließlich nach nichts mehr roch.
Er nahm sich Zeit, begnügte sich damit, alles genau zu betrachten, zeichnete die Leute auf der Straße und die Kinder, die in Scharen daher rannten; auch was die Frauen anging,
Weitere Kostenlose Bücher