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Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition)

Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition)

Titel: Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexis Jenni
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betrachtete sie, ohne zu begreifen, was da vor sich ging.
    »Unsere Vorgesetzten sind weggegangen«, sagte einer von denen, die auf dem Boden lagen und zu schlafen schienen. »Leg die Holzscheite weg. Wir verzögern ein wenig die Kriegsanstrengungen, ohne uns etwas anmerken zu lassen«, dabei öffnete er ein Auge, zwinkerte ihm zu und schloss es dann wieder.
    Sie ahmten weiterhin die Arbeitsgeräusche nach. Salagnon, der mit hängenden Armen dastand, errötete. Als alle in Gelächter ausbrachen, war er überrascht; anschließend begriff er, dass sie über den Streich lachten, den sie ihm gespielt hatten.
    Bei den Chantiers de Jeunesse tat er, was man ihm befahl. Er versuchte nicht, der Sache auf den Grund zu gehen; er wagte nicht zu fragen, bis zu welchem Niveau der Befehlshierarchie man wusste, dass die Waldarbeiter hohle Holzstapel bereitstellten. Er wusste nicht, wie weit das Geheimnis gewahrt wurde. Er beobachtete seine Vorgesetzten. Manche interessierten sich nur für gut geputzte Stiefel, sie spürten dem kleinsten Staubkorn nach und verhängten harte Strafen. Vor denen nahm man sich in Acht, denn Menschen, die sich wie besessen nur für Einzelheiten interessieren, sind gefährlich, ihnen ist es völlig egal, auf welcher Seite sie sich befinden, sie wollen nur Ordnung. Andere Anführer organisierten sorgfältig alle Arten von Leibesübungen: Märsche, Lastentragen, Liegestütze. Sie flößten Vertrauen ein, denn sie schienen die Jungen auf etwas anderes vorzubereiten, über das sie nichts sagen durften; aber man stellte ihnen keine Fragen, denn es konnte sich genauso gut um den Maquis handeln wie um die Ostfront. Und jene, die sich nur für militärische Umgangsformen interessierten, vorschriftsmäßigen Gruß oder korrekte Ausdrucksweise, bei jenen wusste man nicht, was man von ihnen halten sollte; für sie war die Einhaltung der Regeln nur eine Art Zeitvertreib.
    Die Jungen der Chantiers de Jeunesse verwendeten, wenn sie von sich sprachen, anstatt »wir« das unbestimmte »man«, eine undefinierte Angabe einer Gruppe, die nichts über sie aussagte, weder über ihre Größe noch über ihre Ansichten. Man wartete, blieb unbemerkt, und unterdessen stellte man sich auf die Seite Frankreichs, ein junges, schönes Land, das aber splitternackt war, da man nicht wusste, wie man es kleiden sollte. Unterdessen bemühte man sich, nicht zu erwähnen, dass es splitternackt war, tat, als ob nichts gewesen wäre; man nahm es nicht so genau. Es war April.
    Der Onkel traf mit einer weiteren Kolonne von Jungen ein. Er begrüßte seinen Neffen nicht, sie taten so, als würden sie sich nicht kennen, aber beide wussten stets, wo der andere war. Seine Anwesenheit beruhigte Salagnon; die Chantiers de Jeunesse waren also nur eine Vorbereitung, und das Gerede von der Nationalen Revolution nur ein Vorwand; oder müsste es zumindest sein. Aber woher sollte man das so genau wissen? Die Fahne verriet nichts. Die Trikolore wurde jeden Morgen gehisst, wobei alle in einer Reihe standen und salutierten, und jeder sah in den Falten der Flagge das Gesicht, das er sich erhoffte, das aber für jeden anders war und von dem man nicht zu sprechen wagte, solange man sich nicht sicher war, so wie man nicht wagt, über eine Intuition oder eine zu intime Träumerei zu sprechen, aus Angst, verspottet zu werden. Aber hier war es aus Angst, getötet zu werden.
    Das Essen war ziemlich schlecht. Sie schoben den widerlichen Fraß aus weißen Bohnen und sonstigem Gemüse, der viel zu lange auf einem gusseisernen Herd gekocht hatte, mit einem Stück Brot auf ihre Gabeln. Gespült wurde in einer Tränke aus Stein mit dem kalten Wasser einer kanalisierten Quelle. Eines Abends waren Salagnon und Hennequin an der Reihe, das Kochgeschirr zu reinigen. Der armselige Brei, den sie reichlich satt hatten, ohne von ihm satt geworden zu sein, war angebrannt und klebte furchtbar am Aluminiumboden. Hennequin, ein großer, kräftiger und ziemlich radikaler Typ kratzte den Boden mit Stahlwolle ab. Er schliff das Metall regelrecht ab und beseitigte alle Spuren, und dabei bildete sich eine ekelhafte graugrüne Brühe, gräulich vom Aluminium und grünlich vom Spinat, die er mit klarem Wasser nachspülte.
    »Spülen wie mit einem Hobel«, sagte Hennequin lachend, »das ist die beste Art. Noch sechs Monate auf diese Tour, dann ist der Boden durchgescheuert.«
    Während er mit vom kalten Wasser geröteten Unterarmen und von der Anstrengung angespannten Schultern weiterkratzte,

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