Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition)
direkten Waffen mit ihren durchlöcherten Schnauzen, bereit zu bellen, ihren unerschöpflichen Patronengurten und dem ergonomischen Metallkolben, der nichts, aber auch gar nichts mit diesem Holzkolben zu tun hatte, der diese Gewehre lächerlich machte. Mit diesem kleinen Blechkasten als Magazin konnte man bestimmt nicht lange schießen. Und war es nicht die Aufgabe eines Maschinengewehrs, unentwegt zu schießen?
»Glauben Sie das nur nicht«, sagte der Offizier lächelnd. Niemand hatte etwas gesagt, aber er besaß die Fähigkeit, Unausgesprochenes ihren Augen abzulesen. »Das ist die Waffe, mit der wir Krieg führen. Man transportiert sie zu Fuß, trägt sie an einem Schulterriemen und bedient sie zu zweit. Einer sucht das Ziel und legt das Magazin ein, und der andere schießt. Sehen Sie dieses kleine Zweibein unter dem Gewehrlauf: Es erlaubt, die Waffe auf den Boden zu stellen und zu zielen. Und dadurch kann man weit entfernte Ziele treffen, wo immer man will, mit einer Reihe von großkalibrigen Kugeln. Das Magazin enthält fünfundzwanzig Patronen, die man einzeln oder als Feuerstoß abgeben kann. Finden Sie das Magazin zu klein? Man leert es in zehn Sekunden. Aber zehn Sekunden ist sehr lange, wenn man schießt; in zehn Sekunden durchsiebt man eine Abteilung und wechselt dann schnell die Stellung. Man bleibt nie lange am selben Ort, sonst erlaubt man dem Feind, wieder zu sich zu kommen und das Feuer zu erwidern. Man zerstört in zehn Sekunden eine Abteilung und macht sich davon. Das FM ist die ideale Waffe, um aufzutauchen und wieder zu verschwinden, die ideale Waffe für die Infanterie, die sich flexibel fortbewegt, für eine angriffslustige, manövrierfähige Infanterie. Der Kräftigste aus der Gruppe trägt die Waffe am Schulterriemen, und die anderen verteilen die Magazine untereinander. Schwere Waffen sind nicht alles, Messieurs. Und die schweren Waffen haben die Deutschen. Unser einziger Reichtum sind die Menschen, und wir werden einen Infanteriekrieg führen. Sie beherrschen das Land? Wir werden wie der Regen und die Bäche sein, die sie nicht aufhalten können. Wir werden der aushöhlende Strom sein, die gegen die Felswand brandenden Wogen, und die Felswand kann nichts gegen sie tun, denn sie ist unbeweglich; und irgendwann stürzt sie ein.«
Er hob die flache Hand, die alle Blicke auf sich zog; dann schloss und öffnete er sie mehrmals.
»Sie werden eng verschweißte Gruppen sein, leicht wie die Hände. Jeder ist wie ein Finger, unabhängig, aber untrennbar. Hände gleiten sanft wohin sie wollen, und zur Faust geballt schlagen sie zu; und anschließend werden sie wieder zu leichten Händen, die entkommen und verschwinden. Wir werden uns mit Fäusten schlagen.«
Er begleitete seine Worte mit den entsprechenden Gesten, seine kräftigen Hände schlossen sich zu harten Fäusten und öffneten sich dann wieder zu harmlosen, Almosen erheischenden Gliedmaßen. Er fesselte ihre Aufmerksamkeit, unterrichtete sie ohne das lächerliche Gebaren eines in einer Kaserne ergrauten alten Haudegens. Zwei Jahre in den Wäldern hatten ihn abmagern lassen, seine Bewegungen verfeinert, und wenn er sprach, kamen den Jungen konkrete Bilder von Situationen vor Augen, die sie sich zu erleben wünschten.
Er zeigte ihnen auch die Garand M1-Gewehre, von denen sie mehrere Kisten erhalten hatten und reichlich Munition. Und die Handgranaten, deren Einsatz gefährlich war, weil ihre Splitter eine größere Reichweite hatten als die Wurfweite, wenn man sie wie Steine warf; man musste erst die einfache Geste wieder erlernen, die alle kleinen Jungen kennen: Man muss lernen, sie mit nach hinten ausgestrecktem Arm zu schleudern; er zeigte ihnen den Plastiksprengstoff, jene Knetmasse, die sich so leicht mit den Fingern verformen ließ und die explodierte, wenn man sie nicht sanft genug behandelte. Sie lernten, wie man eine Sten Gun auseinandernahm und wieder zusammensetzte, die fast nur aus Rohren und Stangen bestand und selbst bei höchster Belastung noch funktionierte. Sie machten Schießübungen in einer von lärmdämpfendem Buschwerk gesäumten kleinen Senke, als Zielscheiben dienten ihnen schon übel zugerichtete Strohballen.
Salagnon stellte fest, dass er gut schießen konnte. Er lag auf trockenem Laub, legte die Waffe an die Wange, nahm das weit entfernte Ziel aufs Korn und begnügte sich damit, an eine Linie zu denken, die von der Kimme bis zum Ziel reichte, und schon traf er es. Das klappte immer: eine leichte Verkrampfung im
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