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Die Frau am Tor (German Edition)

Die Frau am Tor (German Edition)

Titel: Die Frau am Tor (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Worthmann
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überrascht hatte.
    Eine innere Stimme riet ihm, er solle die rote Taste drücken, sofort, und zugleich fiel ihm ein, was er sich vorgenommen hatte: wegzufahren, möglichst weit weg. Doch die Stimme am Telefon ließ ihm keine Zeit für weitere Überlegungen.
    “ Kann ich nicht kurz zu dir rauf kommen? Ich muss dir etwas zeigen”, fuhr sie fort, ohne seine Reaktion abzuwarten.
    “ Nein! Das kannst du nicht!”, herrschte er sie an und musste ein paarmal schlucken, weil seine Stimmbänder offenbar noch nicht ganz wach waren. “Was soll denn das nun wieder? Lass mich doch endlich in Frieden! Wo steckst du denn überhaupt?”
    “ Hier, vor deinem Haus. Und ich habe nicht viel Zeit. Komm runter, schnell! Es ist wirklich wichtig!”
    Er trat ans Fenster - und tatsächlich, dort unten stand ihr silbergrauer BMW am Straßenrand. Wenigstens hatte sie nicht direkt vor dem Haus angehalten, sondern ungefähr fünfzig Meter weiter.
    “ Moment”, stieß er hervor, beendete das Gespräch, schlüpfte in Hose, Hemd und Schuhe und eilte hinunter, wobei er gegen verschiedene Affekte anzukämpfen hatte, vor allem gegen einen Ingrimm, der ihm selbst und seiner Inkonsequenz galt.
    “ Wieso bist du eigentlich um diese Zeit unterwegs? Wo ist denn dein Mann?”, wollte er als erstes wissen, nachdem er zu ihr in den Wagen gestiegen war und sie aufgefordert hatte, noch ein Stück weiterzufahren.
    “ Der schläft noch. Ich stehe öfters sehr früh auf und fahre los, um ein bisschen zu joggen und hinterher Brötchen mitzubringen. Er kennt das, es hat mit meinen, na ja, Zuständen zu tun, du weißt ja. Ich schlafe oft schlecht und muss dann irgendwie raus.”
    Tatsächlich hatte sie einen Trainingsanzug und Turnschuhe an und trug außerdem ein Schweißband über der Stirn.
    “ Was ist denn nun Wichtiges? Was wolltest du mir zeigen?”, drängte er sie ungehalten.
    “ Gestern, nachdem du weg warst, viel später danach, am Abend, kam dann doch noch ein Anruf”, erzählte sie und stellte den Motor ab. “Es war furchtbar, ein richtiger Schock war das für mich, weil ich gar nicht mehr damit gerechnet hatte. Und ich war ja sowieso völlig fertig, weil du mich da einfach so hast sitzen lassen. Er sagte nur, ich solle doch mal im Briefkasten nachschauen, da sei etwas für mich. Und hier, das habe ich gefunden.”
    Sie zog einen doppelt gefalteten Briefbogen aus ihrer Jackentasche und hielt ihn ihm hin. Der Text, am Computer geschrieben, bestand aus vier Sätzen:
    “ Ich weiß genau, dass O. zu dir wollte, weil er es mir gesagt hatte. Was das bedeutet, weißt du selbst. Aber du wirst damit nicht davonkommen, höchstens, wenn du bezahlst. Den Preis erfährst du noch.”
    “ Was hältst du davon?”, fragte sie ihn und schaute ihn mit einem verhangenen Blick an, der erahnen ließ, wie viel von ihren Tabletten sie intus haben mochte. Es war schierer Wahnsinn, dass sie sich in dieser Verfassung ans Steuer gesetzt hatte, und er fragte sich, ob es überhaupt Sinn hatte, hier und jetzt mit ihr zu reden.
    “ Was ich davon halte?”, entgegnete er dennoch. “Nun, ehrlich gesagt, ich finde es ziemlich merkwürdig, dass er dir solch einen Zettel in den Briefkasten steckt. Dasselbe hätte er dir auch am Telefon sagen können.”
    “ Genau das denke ich auch”, sagte sie. “Vielleicht hat er es ja gemacht, um mich zusätzlich unter Druck zu setzen, indem er mir zeigt, wie....wie nahe er mir kommen kann. Und vielleicht hat er ja auch gewusst, dass du vorher bei mir warst...”
    “ Hör mal”, unterbrach er sie, “kennst du jemanden, der ungefähr um Anfang bis Mitte dreißig ist, so einen Kleinen, Dünnen, mit gegeltem schwarzem Haar? Ein eher unscheinbarer Typ mit unüberhörbarem Berliner Akzent?”
    “ Wieso, weshalb sollte ich so jemanden kennen?”, fragte sie mit ihrer tonlosen Stimme.
    “ Bitte denke genau nach, kennst du so einen Mann?”, wiederholte er. “Gab es so jemanden damals in deinem...in diesem...Bekanntenkreis um Rensing?”
    Sie schaute ihn wieder an, als hätte sie Schwierigkeiten, ihn wahrzunehmen, und schüttelte den Kopf.
    “ Nein, so jemanden kenne ich nicht. Aber weshalb fragst du das eigentlich?”
    “ Ach, vergiss es, es spielt dann ja keine Rolle, wenn du ihn nicht kennst“, erwiderte er barsch.
    “ Weißt du, das Schlimme war, dass ich dich nicht sofort anrufen konnte”, sagte sie, mit den Gedanken offensichtlich ganz woanders. “Denn gerade, nachdem ich den Zettel aus dem Briefkasten geholt hatte, kam

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