Die Frau aus dem Jenseits!
ab.
Es war nur ein einziger Anruf gekommen, der von Aurelius stammte. Der Architekt sagte nicht, was los war, aber er bat David, ihn so schnell wie möglich persönlich aufzusuchen. Die Stimme des Mannes klang gehetzt und drängend genug, sodass David sofort in seinem Büro anrief.
„Herr Bartenstein ist bereits nach Hause gefahren“, meldete Emma Hansen, seine treue Sekretärin, die noch im Büro war.
„Soll ich ihn verständigen, dass sie angerufen haben, Herr Buchmann?“
„Nein, danke“, wehrte der Privatdetektiv ab. „Das erledige ich schon selbst.“
Als nächstes wählte er die Handynummer von Aurelius. Er atmete erleichtert auf, als sich der Architekt persönlich meldete.
„Wo brennt es denn?“, erkundigte sich David absichtlich in einem beiläufigen Ton, weil er nichts so sehr hasste wie hysterische Klienten.
„Hören sie“, antwortete Aurelius von Bartenstein im Flüsterton, dass David ihn kaum verstehen konnte.
„Kommen sie in einer halben Stunde in die Bar Italia in Grünwald, das ist nur wenige Minuten von mir Zuhause entfernt. Kennen sie das Café?“
„Äh, nein, nicht wirklich“, antwortete David.
„Grünwald, Südliche Münchner Straße 10, geben sie das in ihr Navi ein, ist dort nicht zu übersehen. Treffen wir uns an der Bar“, sagte der Architekt erklärend.
„In Ordnung, ich schaffe es in einer halben Stunde“, bestätigte David, der sich gut vorstellen konnte, warum Aurelius nicht frei sprechen konnte. Bei der Familie..!
David war pünktlich. Der Treffpunkt entpuppte sich als ein vornehmes Café mit einer sehr angenehmen Atmosphäre. Sie suchten sich einen Tisch für zwei Personen und bestellten jeder ein Weißbier.
Dann erst rückte der Architekt mit seinem Anliegen heraus.
„Lesen sie das“, murmelte er und warf David einen Brief zu.
Der Privatdetektiv öffnete das Blatt, las mit gerunzelter Stirn und warf Aurelius einen prüfenden Blick zu.
„Es soll den Anschein erwecken, als hätte ihre erste Frau das geschrieben“, stellte er achselzuckend fest. „Das beweist gar nichts. Fingerabdrücke haben sie bereits zerstört. Wir könnten den Brief nach DNA untersuchen lassen. Ich bin allerdings nicht überzeugt, dass die Kriminalpolizei die Kosten hierfür veranlassen würden. Es ist für die Polizei kein Fall, sondern wohl eher eine Spinnerei.“
„Die Polizei hat auch nichts damit zu tun“, antwortete der Architekt schroff. „Sehen sie sich das erst einmal an!“
Wieder nahm David einen Brief in Empfang. Dieser war allerdings bereits reichlich vergilbt und zerknittert. Es war ebenfalls ein Liebesbrief, wenn auch einer, dessen Text wesentlich normaler wirkte. David blickte auf das Datum. Es lag sechsundzwanzig Jahre zurück. Unterschrieben war der Brief mit >Selina<.
„Auf den ersten Blick würde ich sagen, es ist dieselbe Schrift“, meinte der Privatdetektiv. „Aber auch das beweist noch nichts. Haben sie vielleicht daran gedacht, dass ihre Tochter Clara, deren Mutter Selina war, sich dadurch an ihnen rächen will, dass sie in die Rolle der Toten schlüpft, eine Doppelgängerin auftreibt und die Schrift ihrer Mutter perfekt fälscht?“
Aurelius schaute ihn eine Weile fassungslos an, dann hob er abwehrend beide Hände. „Das ist mir zu phantastisch, zu sehr an den Haaren herbeigezogen!“, rief er heftig. „Nein, Herr Buchmann, das scheidet aus. Noch dazu dürfen sie die Anrede mit Lius nicht vergessen. Nur meine erste Frau kannte diesen...“
„Ich weiß, ich weiß!“ David Buchmann faltete beide Briefe zusammen und steckte sie ein, ohne um Erlaubnis zu fragen.
„Ich werde uns Klarheit verschaffen. Morgen Vormittag erhalten sie von mir Bescheid. Gute Nacht, Herr Bartenstein.“
„Sie wollen schon gehen?“, staunte der Architekt und runzelte unwillig die Stirn. „So einfach gehen?“
„Haben sie von mir die Lösung des Falles erwartete, nur weil sie mir zwei Briefe übergeben?“, fragte David leicht amüsiert. „Für sie ist der Tag zu Ende, für mich beginnt die Arbeit erst. Bis Morgen, Herr Bartenstein.“
Am Ausgang warf er noch einen Blick zurück. Aurelius starrte verbissen in das Weißbierglas. David konnte sich gut vorstellen, wie es jetzt in ihm aussah. Zu seinem Bedauern konnte er dem Mann noch nicht helfen.
Vielleicht würde er das nie können, fügte er in Gedanken hinzu. So simpel alles zu sein schien, David Buchmann wurde das Gefühl nicht los, dass er es mit einem schwierigen Fall zu tun hatte.
13
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