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Die Frau des Apothekers - Sandmann, C: Frau des Apothekers

Die Frau des Apothekers - Sandmann, C: Frau des Apothekers

Titel: Die Frau des Apothekers - Sandmann, C: Frau des Apothekers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Sandmann
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und alle Welt wird schreien, was für ein teuflisches Weib ich gewesen sei. Schade, dass es nicht weitergehen
     kann. Stellen Sie mein Fläschchen ins Polizeimuseum mit einem Zettel daran: »Ich barg den vielfachen Tod in mir.«
     
    Paula Hahne
     
    Das offizielle Verdikt lautete: »Selbstmord im Zustand geistiger Verwirrung.« Dennoch fand der Mediziner, der die Leiche obduziert
     hatte, etwas an ihr, das er dem Polizeiarzt Dr.   Kasimir Brett mitteilte, und der ging damit zu Heidegast.
    »Das Mädchen hätte es ohnehin nicht mehr lange gemacht, auch wenn sie nicht in die Alster gesprungen wäre«, erklärte er. »Ihr
     Unterleib sah ziemlich schlimm aus. Erst dachte der Pathologe, der sie untersucht hat, sie sei nach einer missglückten Abtreibung
     entweder ermordet worden oder freiwillig ins Wasser gegangen, aber dann entdeckte er, dass außer der Gebärmutter auch der
     Darm und die inneren Organe stark angegriffen waren. Ich habe mir den Fall gleich angesehen und stimme dem Mediziner zu. Sie
     muss über längere Zeit hinweg der Einwirkung eines Mittels ausgesetzt gewesen sein, das Entzündungen hervorruft. Es wurde
     nicht oral aufgenommen, sondern höchstwahrscheinlich in Form eines Zäpfchens direkt ins Körperinnere eingeführt. Ein Mittel,
     wie es Frauen zum Schutz vor einer Schwangerschaft verwenden. Selbstverständlich illegal und nicht offiziell erhältlich. Aber
     bei einer Engelmacherin bekommt man es natürlich.« Er zuckte die Achseln. »Sie wissen ja, wie das ist.«
    Ja, Heidegast wusste es. »Deshalb also hat sie geschrieben, sie hätte nicht mehr lange zu leben. Seltsam, dass sie eine Mörderin
     war und gleichzeitig selbst ein Opfer.«
    »Tja, ausgleichende Gerechtigkeit«, kommentierte der Polizeiarzt, erhob sich von dem Stuhl, auf dem er die ganze Zeit geschaukelt
     hatte, winkte mit den Fingerspitzen und verließ den Raum.

2
    Louise war fassungslos, als sie die Nachricht von Paula Hahnes Tod erhielt. Sie hatte Raouls Kusine nicht leiden mögen, aber
     dass diese kaltblütig eine ganze Serie von Mordanschlägen begangen haben sollte, konnte sie nicht glauben. War sie wirklich
     so verbittert gewesen und mit Gott und der Welt zerfallen, dass sie nur mehr in Morden Selbstbestätigung und Befriedigung
     finden konnte? Es war ein beklemmendes Gefühl, mit einem so bis ins tiefste Innere verdorbenen Menschen Tag und Nacht im selben
     Haus gewohnt, am selben Tisch gegessen zu haben.
    Zugleich jedoch war Louise erleichtert. Sie brauchte keine Angst mehr vor einer tückischen Feindin zu haben, und der Schleier
     der Angst und des Misstrauens war zerrissen. Wo eine Schuldige erkannt war, waren auch die Unschuldigen erkannt. Und Paulas
     Geständnis sprach eindeutige Worte. Insgeheim tat Louise Emil Abbitte, dass sie ihn verdächtigt hatte.
    Lady Amy nahm es übel auf, dass sie jetzt von allen Seiten zu hören bekam, Gift sei eben doch eine typisch weibliche Waffe.
     Sie hatte einen heftigen Streit mit Dr.   Thurner, der sich nicht hatte verkneifen können, ihr das unter die Nase zu reiben, und bot ihm Paroli, indem sie eine lange
     Liste männlicherGiftmörder präsentierte. Außerdem, so argumentierte sie, war Paula Hahne durch den gesellschaftlichen Druck zur Mörderin geworden,
     und wer regierte diese Gesellschaft? Männer! In einer von Frauen gelenkten Welt hätte sie, verheiratet oder nicht, ein reiches
     und nützliches Leben geführt und wäre gar nicht auf den Gedanken gekommen, sich durch heimtückische Morde eine makabre Art
     von Lebensinhalt zu schaffen.
    Wie sehr einer den anderen verdächtigt hatte, merkte Louise erst jetzt. Der Magister Schlesinger war der Erste, der ihr unter
     vier Augen anvertraute: »Dem Heiligen sei gedankt! Ich hatte solche Angst, die Polizei würde zu mir kommen. Ich habe ein reines
     Gewissen, aber es heißt ja doch immer: Der Jud ist schuld!« Dann kam Frederick, der sagte: »Ich dachte wirklich, diese verrückte
     Frauenrechtlerin würde es schaffen, mich als Giftmörder hinzustellen, so wie sie sich gebärdet hat!« Dr.   Thurner bemerkte mit säuerlichem Lächeln: »Für meinen Ruf als Hausarzt war es nicht gerade günstig, dass meine Patienten sich
     fragten, ob ich nicht etwas damit zu tun hatte.«
    Und Louise? War sie nicht auch zutiefst erleichtert, dass jetzt die bösen Zungen endlich schwiegen?
    Sie alle hatten das Gefühl, dass sich ein Albdruck löste. Paula Hahne war tot. Es würde ihnen erspart bleiben, die Schrecken
     eines Prozesses gegen

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