Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Frau des Apothekers - Sandmann, C: Frau des Apothekers

Die Frau des Apothekers - Sandmann, C: Frau des Apothekers

Titel: Die Frau des Apothekers - Sandmann, C: Frau des Apothekers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Sandmann
Vom Netzwerk:
Schock nachgelassen hat. Dann machen Sie sich
     ans Werk und reden mit Dr.   Taffert. Der hat Ihnen geholfen, er kann vielleicht auch Hansen helfen.«
    »Und dann?«
    »Dann müssen Sie abwarten, was weiter geschieht, Sie müssen den Prozess abwarten.« Er tätschelte liebevoll ihre Hand und verabschiedete
     sich.
    Louise rief auf der Stelle Dr.   Taffert an, der ihr seine Hilfe zusagte. Als sie den Hörer auflegte, spürte sie, dass Dr.   Thurner ihr einen guten ärztlichen Rat gegeben hatte. Bleierne Erschöpfung überkam sie. Obwohl es noch hell war, legte sie
     sich ins Bett, nahm ein paar Tropfen Laudanum und zog die Decke über die Ohren. Die Droge verhalf ihr zu Schlaf, aber der
     Schlaf war voll angstvoller und bedrückender Träume.

3
    Dr.   Taffert machte sich gleich am Tag danach auf und besuchte seinen neuen Mandanten im Gefängnis. Er kehrte mit der Nachricht
     zurück, Frederick sei Louise dankbar, dass sie ihm einen Anwalt besorgt habe, aber er bitte sie, ihn nicht zu besuchen, dem
     Prozess fernzubleiben und ihn überhaupt zu vergessen.Es würde ihn nur beschämen, in dieser jammervollen Situation von ihr gesehen zu werden.
    Louise verstand ihn, aber der Schmerz, den er ihr damit zufügte, war unerträglich. In den folgenden Tagen und Wochen empfand
     sie jene entsetzliche innere Leere, die nur unglücklich Liebende kennen. Die Essenz ihres Lebens fehlte. Was immer sie tat,
     erschien ihr bedeutungslos, ja lächerlich. Mit einer Ausnahme allerdings: Die Apotheke vermochte immer noch ihr Herz zu erfüllen.
     Sie vergrub sich in Arbeit, bemühte sich, die Blicke der Angestellten nicht zu beachten, ihre geflüsterten Bemerkungen nicht
     zu hören. Loyal waren sie zwar, aber sie konnten nicht widerstehen, über den schrecklichen Skandal zu tuscheln, auch wenn
     Sigmund Schlesinger sie in scharfer Zucht hielt und jeden hinauszuwerfen drohte, der ungebührliche Bemerkungen machte.
    Sie fühlte, dass sie ohne Apotheke nichts gehabt hätte, woran sie sich hätte festklammern können, spürte die Angst eines Menschen
     unter dessen Füßen Verderben bringend ein Abgrund gähnt. Früher, als sie selbst noch nicht geliebt hatte, war es ihr unbegreiflich
     gewesen, wie einen der Verlust eines Menschen dazu treiben konnte, sich zu erhängen oder ins Wasser zu gehen. Nun verstand
     sie es. Die unerträglich schmerzende Wunde blutete in ihrer Brust.
    Jetzt erfasste sie erst die Bedeutung dessen, was Frederick einmal zu ihr gesagt hatte: »Du liebst mich mehr, als du selbst
     weißt.« Er hatte recht gehabt. Vielleicht hatte sie seine Zuneigung nur abgewehrt, weil er sie so ungestüm damit überfallen
     hatte, es für selbstverständlich vorausgesetzt hatte, dass sie seine Liebe erwiderte. Jetzt, da er für sie verloren war, spürte
     sie die ganze Bitterkeit des Verlusts.
    Sie zog sich Amys heftigen Zorn zu, als sie dieser zu erklärensuchte, dass ihre Gefühle für den verlorenen Freund weitaus tiefer gewesen waren, als sie selbst erkannt hatte. »Ich weiß,
     dass du immer für mich da sein wirst, Amy, und ich bin froh, dass all deine Freundinnen mir eine Stütze sein wollen. Aber
     ihr seid Frauen, und so lieb ich euch habe, so kann ich doch nur einen Mann im wahren Sinn des Wortes lieben.«
    Die Engländerin schüttelte ratlos den Kopf. »Louise, ich verstehe dich nicht. Wenn du schon meinst, dass du ohne Mann an deiner
     Seite nicht existieren kannst, warum muss es dann ausgerechnet Hansen sein?«
    »Weil ich ihn liebe.«
    Amy verzog spöttisch den Mund. »Ach! Auf einmal? War nicht die Rede davon, dass du in ihm nur einen treuen Freund siehst?
     Du wolltest dich von ihm trennen, vergiss das nicht!«
    »Da wusste ich noch nicht, dass er mir weit mehr bedeutet, als nur ein guter Freund zu sein.«
    »Und wieso weißt du es jetzt?«
    »Weil er nicht mehr da ist.« Sie blickte Amy geradewegs in die Augen. »Du selbst hast es gesagt, obwohl du es ganz anders
     gemeint hast: ›Vielleicht siehst du ihn jetzt, da er dich nicht durch seine Gegenwart bezaubert, mit klaren Augen.‹ Ich hatte
     gar keine Gelegenheit, ihn richtig zu sehen, zu verstehen, eine Beziehung zu ihm aufzubauen. Er hat mich so überrascht mit
     seiner leidenschaftlichen Liebe, und das in einer Situation, in der ich vollkommen hilflos war und ratlos. Ich habe diese
     Liebe angenommen, und dann war ich insgeheim zornig, weil ich das Gefühl hatte, ich sei gar nicht gefragt worden. Er fing
     so schnell an, sich als meinen neuen Ehemann zu

Weitere Kostenlose Bücher