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Die Frau des Apothekers - Sandmann, C: Frau des Apothekers

Die Frau des Apothekers - Sandmann, C: Frau des Apothekers

Titel: Die Frau des Apothekers - Sandmann, C: Frau des Apothekers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Sandmann
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verstehen, mich zu leiten und mein Leben zu kontrollieren. Ich bekam Angst,
     und deshalb wehrte ich michgegen ihn. Aber jetzt ist mir klar geworden, dass ich ihn liebe.«
    »Liebe!«, fauchte Amy. »Himmel, wenn ich dieses rosarote Wort schon höre! Die klügsten Frauen kriegen weiche Knie und Kulleraugen,
     wenn die Liebe ausbricht. Wir müssen endlich lernen   …«
    »Zum Teufel mit deinem Frauenbefreiungsprogramm!«, schrie Louise.
    Selbst die dickfellige Amy begann allmählich zu verstehen, dass ein weiteres Drängen ihrerseits im Augenblick nur böses Blut
     gemacht hätte. Sie erhob sich mit einem brunnentiefen Seufzer und zog ihren Fuchspelz um die Schultern zusammen. »Well, my
     dear. Wenn du es denn so siehst.«
    »Hast du denn noch nie geliebt, Amy?«, fragte Louise und blickte die Freundin an.
    Die Engländerin verstummte; damit hatte sie nicht gerechnet. Sie blickte zu Boden. »Darüber möchte ich nicht sprechen«, murmelte
     sie kaum hörbar.
    Dann blickte sie wieder auf und fuhr im gewohnten forschen Ton fort: »Aber wie sieht es mit deinen konkreten Aktivitäten aus?
     Du hast in Sachen Hansen alles getan, was du tun konntest, und sehen will er dich nicht. Es wäre vielleicht keine schlechte
     Idee, eine Reise zu machen, etwas, das dich ablenkt   …«
    »Nein!«, unterbrach Louise sie scharf. »Mein Platz ist hier. Ich will die Apotheke nicht verlassen. Sie ist mein Lebensinhalt.«
     Und als sie Amys überraschten Gesichtsausdruck sah, wurde ihre Stimme wieder lauter: »Verstehst du nicht einmal das? Bist
     du nicht diejenige, die mir ständig von Frauen vorschwärmt, denen ihr Beruf alles im Leben bedeutet? Von dem Augenblick an,
     als Raoul mich das erste Mal durch dieApotheke führte, wusste ich, dass ich hier den Ort gefunden habe, an dem ich sein will. Deshalb kann ich nicht einfach fortfahren
     und mich auf einer Reise erholen. Ich würde mich vom Mittelpunkt meines Lebens entfernen. Nein, ich bleibe hier und werde
     so lange lernen und arbeiten, bis ich imstande bin, aus eigener Kraft eine Apotheke zu leiten.« Sie lachte mit brüchiger Stimme.
     »Weißt du, ich habe jetzt so viel Geld, dass ich mir eine Apotheke kaufen kann wie eine Schachtel Lakritzen. Und genau das
     werde ich tun. In Afrika.«
    »Warum gerade in Afrika?«
    »Ich habe mit Fräulein Becker gesprochen. Sie meinte, in den Kolonien würde mir niemand Steine in den Weg legen.«
    »Nun, das ist wenigstens einmal ein vernünftiger Gedanke.« Amy, die gerade einmal ein Jahr älter war als Louise, brachte es
     im Tonfall einer um ihr wirrköpfiges Kind bangenden Mutter vor. »Natürlich verstehe ich das.«
    Daraufhin setzte Louise sich an den Sekretär und verfasste einen ausführlichen Brief an Fräulein Becker in Swakopmund.

4
    Wenn Amy erwartete, dass Louise ihren Geliebten mit der Zeit vergessen würde, täuschte sie sich. Im Gegenteil. Jetzt wurde
     jede noch so banale Erinnerung kostbar.
    Wie Frederick es wünschte, blieb Louise dem Prozess fern, der Ende Juni stattfand. Dr.   Taffert brachte ihr die traurige Nachricht, er sei zu acht Monaten Zuchthaus mit anschließender Landesverweisung verurteilt
     worden. Außerdem wares ihm verboten worden, den Namen Frederick Hansen weiterhin zu führen. In der Strafvollzugsanstalt Fuhlsbüttel trug er den
     Namen Fedor Podkidisch – ein Familienname, der auf Russisch »Findelkind« bedeutete. Er war »ein etwa zwanzigjähriger Mann
     unbekannter Herkunft, wahrscheinlich Russe, ohne Papiere«. Mehr wusste man nicht über ihn, mehr wusste nicht einmal er selbst.
    Louise flehte den Anwalt an, er möge ihr einen Besuch ermöglichen, aber Dr.   Taffert blieb hart. »Frau Paquin, wäre mein Mandant einverstanden, so würde ich sofort alle Hebel in Bewegung setzen. Aber
     er lehnt es ganz entschieden ab.«
    »Liebt er mich denn nicht mehr? Warum weigert er sich, mich zu sehen?«
    Er blinzelte listig hinter seinem Kneifer. »Er kennt kein anderes Thema als Sie. Er liebt Sie leidenschaftlich, glauben Sie
     mir. Er will nicht, dass Sie ihn als Strafgefangenen sehen, und das ist auch tatsächlich ein jämmerlicher Anblick. Außerdem
     weiß er, dass er Ihre Zukunft gefährdet, wenn er Kontakt zu Ihnen hält. Je eher Sie ihn vergessen, desto eher werden Sie wieder
     glücklich, meint er. Und er hat recht damit. Aber   …«
    »Sagen Sie ihm, er ist ein Dummkopf. Wie könnte ich den Mann vergessen, den ich liebe?«
    Der Anwalt zuckte die Achseln. »Ich werde ihm überbringen, was Sie

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