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Die Frau des Diplomaten (German Edition)

Die Frau des Diplomaten (German Edition)

Titel: Die Frau des Diplomaten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pam Jenoff
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gegen das Schott und öffne die Tür, dann rolle und schiebe ich ihn durch die Öffnung nach drinnen. Wir befinden uns auf einem Treppenabsatz, eine Treppe führt nach oben, die andere nach unten. Von oben höre ich jemanden deutsch reden. „Paul, wir müssen nach unten“, flüstere ich ihm hastig zu. Ich weiß nicht, ob sich dort weitere Matrosen aufhalten, aber das Risiko muss ich eingehen. Er blinzelt, und es scheint, dass er wieder zu Bewusstsein kommt. Die Augen halb geöffnet, richtet er sich mühselig auf und stützt sich auf mich. Dann gehen wir langsam Stufe für Stufe nach unten. Am Fuß der Treppe angelangt, müssen sich meine Augen erst an die schwache Beleuchtung gewöhnen. Schließlich erkenne ich, dass wir uns im Laderaum des Schiffs befinden. Unendlich viele Kisten, die sich bis zur Decke stapeln. Ich atme die feuchte Luft ein, die nach nassem Holz und Leinenstoff riecht. Hoffentlich kommt hier erst wieder jemand her, wenn wir England erreicht haben.
    Pauls Beine zittern vor Anstrengung, und ich führe ihn noch ein Stück weiter, bis wir einen schmalen Gang zwischen den aufgetürmten Kisten erreichen. Wir folgen diesem Gang, bis wir an eine Stelle gelangen, an der die Frachtstücke so gestapelt sind, dass sie eine kleine Ausbuchtung bilden. „Hier können wir uns setzen“, sage ich. Paul erwidert nichts, lässt sich aber von mir beim Hinsetzen helfen. Ein Stück den Gang entlang liegen mehrere Leinensäcke, die ich zwischen Paul und die Kiste in seinem Rücken schiebe, sodass sie ein behelfsmäßiges Kissen bilden. „Jetzt werde ich mir deine Verletzung ansehen.“
    „Mir geht’s gut“, keucht er angestrengt.
    Als ich sein Hemd hochschiebe, stockt mir der Atem. Sein Bauch ist blutüberströmt. Ich muss die Blutung stoppen. Aufgeregt sehe ich mich um, ob ich etwas finde, das ich als Verbandsstoff benutzen kann. Dann fällt mir ein, dass er mir den Knöchel verbunden hat. „Paul, hast du noch etwas von der Mullbinde?“, frage ich ihn, bekomme jedoch keine Antwort. Ich schaue ihm ins Gesicht. Die Augen sind halb geöffnet, er ist kreidebleich. Das muss der Blutverlust sein. „Paul“, spreche ich ihn hektisch an, aber auch jetzt kommt noch immer keine Reaktion.
    Ich greife in seine Tasche und beginne zu wühlen. Ich ertaste das Taschenmesser und ein paar zusammengeknüllte Zettel. Dann spüre ich ganz unten ein kleines Foto. Neugierig ziehe ich es heraus und kann kaum glauben, was ich in meiner Hand halte. Es ist das Foto von uns beiden, das damals in Paris entstand, als er mir den Heiratsantrag machte. Wie kann er dieses Bild immer noch bei sich tragen – nach allem, was ihm widerfahren ist?
    Ich lege das Foto zur Seite und suche in der anderen Tasche, werde aber auch dort nicht fündig. Verzweifelt löse ich den Verband um meinen Knöchel, doch der ist völlig verschmutzt. Wenn ich den um seinen Leib wickele, kann ich davon ausgehen, dass sich die Schusswunde entzünden wird. Ich hole die Flasche aus seiner Tasche, aber sie ist leer. Also habe ich auch keinen Alkohol, um die Wunde zu desinfizieren. Ich sehe mich um. In all diesen Kisten muss sich doch irgendetwas befinden, das mir helfen kann. Ich gehe von einer Kiste zur nächsten und versuche, in der Düsternis die Beschriftungen zu entziffern. Plötzlich fällt mir ein vertrauter Begriff ins Auge: Zyborowa. Polnischer Wodka! Ich versuche die Kiste zu öffnen, doch sie ist versiegelt, der Deckel gibt nicht nach. Ich hole mir Pauls Taschenmesser und öffne das Siegel, dann benutze ich die Klinge, um den Deckel hochzudrücken. Ich nehme eine Flasche heraus, kehre zu Paul zurück und knie mich neben ihm hin.
    Kurz entschlossen beginne ich, meinen Mantel in lange schmale Streifen zu reißen, tränke den Stoff mit dem Wodka und wische das Blut weg, um die Wunde genauer zu betrachten. Die Kugel hat ihn in den Bauch getroffen, fast genau an der gleichen Stelle wie damals bei mir. Paul stöhnt auf, als ich ihn nach vorn drücke, damit ich mir seinen Rücken ansehen kann. „Tut mir leid“, flüstere ich ihm zu. Die Austrittswunde ist deutlich zu sehen, sie hat nur wenig geblutet. Als ich ihn wieder gegen die Kiste lehne, tritt erneut Blut aus der Einschussstelle aus. Ich muss die Wunde verbinden und die Blutung stillen. Wieder tränke ich den mittlerweile roten Stoff mit Wodka, dann beuge ich mich vor und flüstere ihm zu: „Das wird jetzt wehtun. Aber es ist nur zu deinem Besten.“ Dann halte ich ihm den Mund zu und lasse den Wodka direkt

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