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Die Frau des Diplomaten (German Edition)

Die Frau des Diplomaten (German Edition)

Titel: Die Frau des Diplomaten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pam Jenoff
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einen Heiratsantrag machte.
    Es geschah während einer Tagestour nach Brighton, als wir auf der Promenade entlangspazierten. Plötzlich drehte sich Simon zu mir um und zog eine kleine Samtschachtel aus der Tasche. „Ich weiß, wir kennen uns erst kurze Zeit, aber ich habe dich sehr gern, Marta. Und ich glaube, wir beide können zusammen ein schönes Leben verbringen.“
    Ich antwortete nicht sofort, sondern ließ meinen Blick über den Kanal schweifen. Angesichts dieses eher verhaltenen Antrags musste ich unwillkürlich daran denken, wie Paul im strömenden Regen auf die Knie gegangen war, als er in Paris um meine Hand anhielt. Ich hatte nicht einmal in Erwägung gezogen, nach ihm einen anderen Mann zu heiraten. Simon war nicht Paul, und ich würde ihn niemals so lieben können.
    Aber Paul war tot. Ich schaute zu Simon auf, der den Ring aus der Schachtel genommen hatte und ihn mir hinhielt. Simon sah nicht schlecht aus, und ich wusste von den anderen Sekretärinnen, dass er im Ministerium als guter Fang galt, auch wenn ihn eine etwas rätselhafte Aura umgab. Er mochte mich, und er würde mich nicht schlecht behandeln. „Einverstanden“, erwiderte ich und erkannte zu spät, dass er eine würdevollere Antwort verdiente. „Ich will sagen, ich würde dich sehr gern heiraten.“
    Eine Woche später heirateten wir in Delias Salon, ein Rabbi vollzog die Zeremonie. Weder Simon noch ich waren an einer langen Verlobungszeit oder einer prunkvollen Hochzeit interessiert. Simon war ein Einzelkind, seine Eltern waren beide schon lange tot. Seine Mutter starb an Lungenkrebs, als er noch ein kleiner Junge war, und sein Vater erlag einem Herzanfall, als er gerade das College besuchte. Und da auch ich keine Familie mehr hatte, bestand die Hochzeitsgesellschaft nur aus Delia und Charles und einigen Kollegen von Simon. Leider konnte er sich so kurzfristig keinen Urlaub für unsere Flitterwochen nehmen, aber er versprach mir, dass wir das in den Weihnachtsferien nachholen würden.
    Die Flitterwochen fanden letztlich nie statt. Wenige Wochen nach unserer Hochzeit verschlimmerten sich meine Übelkeitsanfälle so sehr, dass ich Schwierigkeiten hatte, morgens zur Arbeit zu gehen. Simon bestand darauf, dass ich einen Arzt aufsuchte, und der bestätigte meinen Verdacht: Ich war schwanger. Sieben Monate später kam meine Tochter Rachel zur Welt.
    Stimmengewirr am Konferenztisch holt mich aus meinen Gedanken. Der stellvertretende Minister hat verkündet, dass er für heute Schluss machen will, und die Männer am Tisch stehen auf und ordnen ihre Papiere, während sie halblaute Gespräche miteinander führen. Innerlich stöhne ich auf. Ich hatte gehofft, es würde alles in einer Sitzung erledigt werden können, auch wenn wir dafür hätten überziehen müssen. Aber nun machen wir morgen früh dort weiter, wo wir heute aufgehört haben. Die Aussicht, noch einen weiteren Tag den endlosen Reden lauschen zu müssen, hat etwas Erschreckendes.
    Während ich aufstehe, versuche ich Simons Blick auf mich zu lenken. Vielleicht kann ich einen Vorwand finden, um wenigstens die morgendliche Sitzung auszulassen. Ich könnte die viele Korrespondenz erwähnen, die noch erledigt werden muss. Aber Simon ist mit einem anderen Mann in ein Gespräch vertieft. Ich werde ihn heute Abend fragen, wenn er nicht allzu spät nach Hause kommt. Mit meinem Notizblock in der Hand verlasse ich den Konferenzraum und gehe zum Aufzug. Simon und einige andere Männer treten kurz nach mir in den Flur und diskutieren noch immer über eine Sache, die Ungarn betrifft. Die Aufzugtür öffnet sich, ich betrete die Kabine, aber die Männer folgen mir nicht. Als sich die Türen schließen, sehe ich abermals in Simons Richtung, doch er nimmt keinerlei Notiz von mir, sondern ist weiter in seine Unterhaltung vertieft.
    Was ist nur aus dem Mann geworden, der mich so sehr umworben hat?, frage ich mich, während der Aufzug in den dritten Stock fährt. Am Ende des Korridors angelangt, betrete ich das kleine Vorzimmer, in dem mein Schreibtisch steht. Links von mir führt eine Tür in Simons Büro. Als ich seinen Heiratsantrag annahm, wirkte er so erfreut, doch kurz nach der Hochzeit war auf einmal alles anders. Ich lege den Notizblock weg und hole meine Tasche hinter dem Schreibtisch hervor. Meinen Mantel ziehe ich erst an, als ich bereits auf dem Weg zum Aufzug bin.
    Ich durchquere das Foyer, auf der Straße schließe ich mich dem Strom der Büroangestellten an, die alle in Richtung Trafalgar

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