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Die Frau des Germanen

Die Frau des Germanen

Titel: Die Frau des Germanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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bestattete, der in Walhalla erwartet wurde.
    Gebannt starrte sie auf den Fürsten, der mitsamt seiner Bahre auf den Scheiterhaufen gehoben wurde. Er ruhte auf einer wollenen
     Decke, sein langes graues Haar war gelöst worden und umkränzte sein friedliches Gesicht. Arminius legte seinem Vater den Schild
     auf die Brust, Flavus entnahm der Holzkiste, die er trug, die Grabbeigaben und legte sie seinem Vater an die Seite.
    |69| Die Söhne traten zurück, Eiliko, Segimers ältester Freund, machte Anstalten, den Scheiterhaufen in Brand zu setzen.
    Inaja spürte plötzlich eine Bewegung in ihrem Rücken. Eine Stimme hinter ihr flüsterte: »Wunderschön siehst du im Schein der
     Fackeln aus.« Eine kräftige Männerhand strich sanft über ihren Rücken und zupfte zärtlich an ihrem Haar.
    »Pass auf, Hermut«, flüsterte Inaja zurück, »dass uns niemand beobachtet.«
    »Warum nicht? Ich bin ein freier Germane. Und du bist eine freie germanische Frau.«
    »Wir stören die Bestattungszeremonie.«
    Das schien Hermut einzusehen. Er wich einen Schritt zurück, aber Inaja spürte noch immer seinen Blick. Er brannte in ihrem
     Nacken.
    In diesem Moment erklang Ingomars Stimme: »Ein Cheruskerfürst muss sein Schwert mit nach Walhalla nehmen!«
    Arminius fuhr herum, das Schwert seines Vaters erhoben. »Ihr habt zwar recht, Onkel, doch da mein Vater mir dieses Schwert
     in seiner letzten Stunde in die Hand gegeben hat, wird es eben anders geschehen. Mein Vater wollte, dass sein Schwert an seinen
     ältesten Sohn übergeht, und von mir soll es ebenfalls an den ältesten Sohn übergehen. Sein Letzter Wille ist mir heilig.«
    Inaja spürte, dass Hermuts Aufmerksamkeit sich von ihr löste. Er machte einen Schritt zur Seite, seine Hand lag nun auf dem
     Knauf seines Krummsäbels, den er an der rechten Seite trug. Anscheinend befürchtete er eine Auseinandersetzung und war bereit,
     seinem Freund Arminius zur Seite zu springen, wenn es nötig sein sollte.
    Segimers Witwe jedoch machte dem Streit ein Ende, noch bevor er entstehen konnte. Thordis trat einen Schritt vor und sagte
     mit klarer Stimme: »Es war der Wunsch meines Gemahls, ohne sein Schwert bestattet zu werden. Er fürchtete sich nicht davor,
     unbewaffnet in Walhalla einzuziehen. Er hat immer an den Frieden geglaubt, der dort herrscht.«
    |70| Doch Ingomar wollte sich nicht zufriedengeben. »Es ist Brauch, dass ein Krieger mit seinen Waffen bestattet wird.«
    Nun mischte sich auch Segestes sein. »Ingomar hat recht. Soll Segimer ohne sein Schwert im Jenseits weiterleben? Wie soll
     er sich dort verteidigen?«
    »Es war seine Entscheidung«, betonte Arminius ein weiteres Mal. »Sein Letzter Wille.«
    Thordis stellte sich an die Seite ihres Ältesten. »Dieses Schwert war mein Brautgeschenk. Also habe ich ein Wort mitzureden.
     Und ich verlange, dass der letzte Wille meines Gemahls erfüllt wird. Von nun an wird Arminius das Schwert tragen und demnächst
     sein erstgeborener Sohn.«
    Selbstbewusst sah sie Ingomar und Segestes an, dann blickte sie in die Runde, bedachte Mann für Mann mit einem eindringlichen
     Blick. Einer nach dem anderen nickte oder schlug die Augen nieder. Das Wort der Witwe hatte Gewicht. Inaja sah, dass Hermut
     die Hand von seiner Waffe nahm und sich entspannte.
    Schweigen breitete sich aus, dann erhob Eiliko erneut die Hand mit seiner Fackel. Er betrachtete seinen Freund ein letztes
     Mal ausgiebig, vielleicht wartete er auch auf weiteren Protest. Als er ausblieb, setzte er den Scheiterhaufen in Brand. Das
     trockene Holz begann augenblicklich zu lodern, es knisterte, die Flammen erreichten blitzschnell Segimers leblose Gestalt.
    Inaja konnte den Blick nicht abwenden, obwohl sie Angst hatte vor dem, was nun geschehen würde. Die wollene Decke fing schon
     bald Feuer, Segimers Haare begannen zu brennen. Inaja schlug die Hand vor den Mund und stöhnte auf. Ihr war, als müsste Segimer
     aufspringen und vor den Flammen flüchten. Dass er sich nicht rührte, als sein hölzerner Schild, der auf seiner Brust lag,
     in Flammen aufging, erschien ihr unbegreiflich. Leise wimmerte sie und wich immer weiter zurück. Fürst Segimer brannte, noch
     nie hatte sie einen Menschen brennen sehen.
    Schritt für Schritt entfernte sie sich, ohne jedoch den Blick von dem schrecklichen Schauspiel zu nehmen. Dann plötzlich schien
     es, als lebte Fürst Segimer doch noch. Eine riesige |71| Flamme schoss unter seinem Körper hervor, der Oberkörper des Toten bäumte sich auf,

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