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Die Frau des Germanen

Die Frau des Germanen

Titel: Die Frau des Germanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Vaters nur lachen.«
    |209| Ja, das war wohl ein Glück. Trotzdem konnte sich Thusnelda daran nicht erfreuen. Wenn sie sich auch gegen ihren Vater entschieden
     hatte, sie liebte ihn ja immer noch, und sie hatte großes Mitleid mit ihm. Daran hatte sich auch nach dem letzten Blick, den
     er ihr zugeworfen hatte, nichts geändert. Dieser Hass in seinen Augen machte Thusnelda nach wie vor zu schaffen, sie litt
     unter ihm wie unter einer ungerechten Strafe. Doch andererseits wusste sie ja, wie schwer sie ihren Vater verletzt hatte und
     wie verzweifelt und traurig er sein musste. War es da ein Wunder, dass er den Hass in seine Verzweiflung goss, damit die Flamme
     hochloderte und die Liebe zu seiner Tochter verbrannte? Sie hatte dennoch keinen Zweifel daran, dass seine Liebe zu ihr das
     Feuer seines Zorns überlebt hatte. Sie zu hassen, das war nur ein Versuch gewesen, mit seiner Trauer fertig zu werden, daran
     glaubte Thusnelda fest. Und dass Segestes bei Varus eine Klage gegen Arminius angestrengt hatte, musste auch etwas damit zu
     tun haben, dass er seine Tochter noch immer verzweifelt liebte. Er konnte eben nicht einsehen, dass sie mit einem Mann glücklich
     sein wollte, den er nicht persönlich für sie ausgesucht hatte. Alle Väter waren so. Sie verlangten Gehorsam von ihren Kindern,
     und das war richtig, denn so funktionierte das Zusammenleben. Trotzdem beharrte Thusnelda auf ihrer Hoffnung, dass ihr Vater
     ihren Ungehorsam irgendwann verzeihen und ihn damit gleichzeitig zunichte machen würde.
    Varus hatte tatsächlich abgewinkt, als Segestes seine Klage gegen Arminius vorbrachte. Der Cheruskerfürst habe seine Tochter
     entführt, dafür verlange er Vergeltung. Sogar gelacht hatte Varus. Angeblich sei Brautraub doch eine germanische Sitte, hatte
     er Segestes entgegengehalten. Er habe davon gehört, dass der Brautraub oft sogar zwischen den Familien abgesprochen würde,
     damit die Braut an Wert gewann. Varus konnte nicht verstehen, warum Segestes gegen die Ehe seiner Tochter mit Arminius war.
     Der oberste Cherusker, ein römischer Offizier und Ritter, ein Günstling des römischen Kaisers! Segestes sollte stolz sein,
     dass ein solcher Mann seine Tochter heiraten wollte. Auf seinen |210| Einwand, dass Thusnelda bereits verlobt gewesen sei, hatte er mit einer wegwerfenden Handbewegung geantwortet. In Rom verlobe
     man sich fünf- bis zehnmal, ehe man heirate, das habe nichts zu bedeuten. Im Gegenteil, er wolle befürworten, dass sich die
     römischen Gewohnheiten in Germanien breit machten. Sein Freund Arminius habe also nichts getan, was bestraft werden müsse.
    »Gut, dass Hermut wieder da ist«, sagte Thusnelda, als sie zum Haus zurückgingen. »Du solltest ihn nicht mehr so lange wegschicken.
     Inaja ist schon wieder schwanger, sie braucht ihren Mann.«
    Arminius zögerte. »Seine Mission ist noch nicht beendet«, sagte er dann. »Wir brauchen viele Krieger aus allen Stämmen, die
     Cherusker allein sind zu schwach. Du hast es doch bei den Brukterern gesehen. Sie konnten allein gegen die Römer nichts ausrichten.
     Du brauchst nur Wiete zu betrachten, dann weißt du, dass ein anderer Weg eingeschlagen werden muss. Ich benötige sie alle,
     die Brukterer, die Chatten, Marser und Angrivarier. Wenn Hermut überall Krieger anwirbt, werden wir ein stattliches Heer zusammenstellen
     können. Alle Stämme gemeinsam können den Widerstand gegen Rom wagen.«
    »Gegen drei Legionen?«
    »Die Krieger, die mit mir in Pannonien gekämpft haben, sind gut ausgebildete Männer. Sie wissen, wie die Römer kämpfen. Die
     anderen werden lernen, mit welcher Taktik die Römer vorgehen. Mit ihrer eigenen Kriegskunst werden wir sie schlagen.«
    »Und wenn Varus merkt, was du vorhast?«
    »Hast du nicht selber gesagt, dass er mich seinen Freund nennt?«
    »Wer weiß, wie lange noch!«
    Arminius blieb stehen, umfasste Thusneldas Gesicht und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn. »Ich werde nicht mehr lange warten.
     Die Stammesstreitigkeiten sind begraben, die Stämme haben sich zusammengeschlossen, ihre Anführer stehen alle hinter mir.«
    »Bis auf Segestes und Ingomar.«
    |211| Thusnelda fühlte, dass Arminius nickte. »Wenn sie heute beim Thing keinen Verdacht schöpfen, bin ich guten Mutes.«
    »Wann soll es geschehen?« Thusnelda flüsterte, als hätte sie Angst vor der lauten Frage, als könnte die Gefahr realer werden,
     wenn sie laut ausgesprochen wurde.
    Arminius schwieg eine Weile. Seine Finger bewegten sich

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