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Die Frau des Germanen

Die Frau des Germanen

Titel: Die Frau des Germanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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waren, denn viele bereicherten sich daran. Zu einem Viertel gingen sie nach Rom,
     das zweite Viertel floss in die Taschen der Richter, und die Hälfte der Kosten strich Varus ein. »Rechtsprechung ist einträglicher
     als Kriegsführung«, hatte er kürzlich auf einem seiner Feste getönt.
    Trotzdem nahm die römische Rechtsprechung zu, denn die Strafen, die von den römischen Richtern verhängt wurden, waren drakonisch.
     Je größer der Hass eines Anklägers auf den Beklagten war, desto sicherer konnte man davon ausgehen, dass er den |207| Fall vors römische Gericht brachte und nicht auf einem Thing entscheiden ließ. Vorausgesetzt natürlich, er war wohlhabend.
     Handelte es sich um einen reichen Germanen, zahlte er gerne die Prozesskosten, wenn sein Gegner dafür ausgepeitscht oder gar
     gekreuzigt wurde.
    Die Dämmerung war hereingebrochen. Als Thusnelda und Arminius auf dem höchsten Punkt der Teutoburg standen und sich bei den
     Händen hielten, war die Eresburg längst nicht mehr zu erkennen. In den ersten Monaten ihrer Ehe hatte Thusnelda häufig hier
     gestanden und zur Eresburg geblickt, hatte bei allem, was sich zwischen der Teutoburg und der Burg ihres Vaters bewegte, gehofft,
     er würde zu ihr kommen und ihr verzeihen. Mittlerweile ging sie jedoch nur noch hierher, wenn es so dunkel war, dass sie nichts
     mehr von ihrer Vergangenheit sehen konnte. Noch immer fiel es ihr schwer, aber sie wusste, sie hatte sich damit abzufinden,
     dass ihre Heimat in der väterlichen Burg verloren war.
    Sie schmiegte sich an Arminius und war dankbar, als er sie fest in seine Arme schloss. Ja, sie hatte eine neue Heimat gefunden,
     in der sie glücklich war, bei dem Mann, den sie liebte! Sie musste die Eresburg und die Menschen, die dort lebten, vergessen.
    Wie unversöhnlich ihr Vater war, hatte sich nicht nur an ihrem Hochzeitstag gezeigt, sondern auch ein paar Wochen später,
     als Arminius zum ersten Mal wieder aufbrach, um einem Thing beizuwohnen.
    »Bitte ihn für mich«, hatte Thusnelda ihn angefleht. »Sag ihm, wie sehr ich mich nach seiner Vergebung sehne!«
    Arminius war jedoch unverrichteter Dinge heimgekehrt. Er hatte seinem Schwiegervater die Hand gereicht, doch sie war ausgeschlagen
     worden.
    »Meine Tochter ist für mich gestorben«, hatte Fürst Segestes gesagt. Dann hatte er wiederholt, was er Arminius vor den Toren
     der Teutoburg ins Gesicht geschleudert hatte: »Ihr werdet in mir einen lebenslangen Feind haben!«
    Ein weiteres Thing fand statt und noch eines, aber Segestes änderte nichts an seiner Einstellung.
    |208| »Es gibt nur noch eine Möglichkeit, sein Herz zu erweichen«, sagte Thordis oft.
    Mittlerweile erhob sich Thusnelda dann und verließ unter einem Vorwand das Haus. Ja, ein Enkelkind mochte ihren Vater vielleicht
     gnädig stimmen. Aber was sollte sie tun? Sie wurde einfach nicht schwanger. Und jeder in der Teutoburg wusste natürlich, warum.
     Das böse Omen! Sie hörte Thordis davon flüstern und Wiete auch. Unter den Mägden war davon die Rede, und wenn Besuch aus den
     benachbarten Burgen kam, ebenfalls. Diese Ehe war geschlossen worden ohne die Einwilligung des Vaters und ohne den Segen der
     Götter. Kein Wunder, dass die Verbindung nicht mit einem Kind gesegnet wurde!
    Inzwischen war es so dunkel geworden, dass Thusnelda das Gesicht ihres Mannes nicht mehr erkennen konnte. Sie wusste dennoch,
     dass es sorgenvoll war.
    »Heute findet ein ungebotenes Thing statt«, sagt er leise, und Thusnelda wusste, was er damit meinte. An jedem Vollmond kamen
     die Männer im heiligen Hain zusammen, ohne dass eine Einladung ausgesprochen wurde. Nur in Notfällen berief Arminius ein gebotenes
     Thing ein. Zu dem lud er dann nur diejenigen, die er an seiner Seite wusste, die ihm folgen würden, wenn er zum Schlag gegen
     Rom ausholte.
    »Ingomar und Segestes werden also heute auch dabei sein«, fuhr Arminius fort. »Hoffentlich schaffen es alle anderen, die beiden
     über unsere Pläne im Unklaren zu lassen. Sie dürfen nicht merken, was wir vorhaben.«
    »Sie würden dich sofort bei Varus verraten«, ergänzte Thusnelda. »Aber zum Glück nennt er dich seinen Freund. Varus schätzt
     dich sehr, das ist dein Schutz.«
    Sie spürte, dass Arminius nickte. »Meinen Onkel und deinen Vater mag er dagegen nicht besonders gern.«
    »Auch das schützt dich.«
    Arminius stieß ein freudloses Lachen aus. »Zum Glück herrschen unter den Römern lockere Sitten. Varus kann über die Empörung
     deines

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