Die Frau des Polizisten
Vergnügen.«
Per war auf dem Weg zum Polizeigebäude. Sein Wagen stand noch dort in der Garage, noch immer ohne Winterreifen. Die Flure des Gebäudes waren still und verlassen und wirkten wie dunkle Kanäle. Per ging mit energischen Schritten und war in Gedanken schon unterwegs zu den Wäldern Värmlands. Als er an Erikas Büro vorüberkam, blieb er stehen. Drinnen brannte Licht. Per streckte sich, um das Licht auszuschalten, als sein Blick auf sie fiel. Er erkannte sie an ihren zerzausten Haaren. Sie hatte die Jacke über sich gebreitet, ihr Gesicht war verhüllt.
Alle Wärme wich aus Pers Körper. Mit einem Schritt war er bei ihr, fühlte im Nacken nach ihrem Puls. Rückte dicht an sie heran und lauschte den schweren Atemzügen.
»Herrgott noch mal, Frau, wie du einen erschrecken kannst«, murmelte er leise und strich behutsam ein paar Haarsträhnen aus ihrem Gesicht, während er den Duft ihrer Haut wahrnahm. Erika zuckte zusammen, seufzte schläfrig und schreckte plötzlich hoch, so dass Per von ihrem Hinterkopfan Stirn und Nase getroffen wurde. Sie warf sich herum und starrte ihn schlaftrunken mit weit aufgerissenen Augen an, den Körper angespannt, bereit zum Sprung. Per hob die Arme zur Verteidigung.
»Ich bin’s nur. Beruhige dich, verflucht …«
Per verzog das Gesicht, fasste sich an die Nase und ließ die Hände wieder sinken. Sie wirkte wie ein gejagtes Tier. Ihre Nasenflügel bebten, und sie atmete heftig. Auf ihrer Stirn prangte eine üble Schürfwunde, die Haut ringsum war geschwollen, und sie hatte verkrustetes Blut im Haar. Um ein Auge wölbte sich ein rotblauer Bluterguss, der das Auge halb hatte zuschwellen lassen, und das Weiß ihrer Augen war böse gerötet. Ihr Hals bestand aus einem Mosaik von Farben und Blessuren, und ihre rechte Hand war blutbedeckt und zeigte Abschürfungen.
»Was, zum Teufel, ist passiert? Hat …« Per streckte eine Hand nach ihr aus, sie blieb in der Luft hängen.
Erika starrte ihn misstrauisch an, ihre Augen flackerten, als ob in den Zimmerecken die Monster ihrer Kindheit Gestalt angenommen hätten, doch nach einer Weile löste sich ihre Anspannung. Sie rührte sich nicht, blieb einfach stehen und brach in einen Weinkrampf aus.
Per stand zunächst hilflos und wie erstarrt da. Dann trat er zu ihr, legte vorsichtig die Arme um sie und zog sie an sich. Sie sank wie eine leblose Puppe an seine Brust, lauthals schluchzend. Per streichelte Erika zerstreut über die Haare. Zuerst protestierte sie, aber die Erschöpfung und die lange angestaute Furcht und die Schmerzen hatten sie ausgelaugt.
»Ich hab den Mistkerl«, sagte sie schluchzend, »ich hab den Blödmann zum Reden gebracht …«
Nach einer Weile, nachdem sich ihre Atmung wieder normalisiert hatte, richtete sie sich auf, begegnete seinem Blickund legte mit einer vorsichtigen Bewegung das Handy in seine Hand. Per musterte sie lange; das blasse, zugerichtete Gesicht, die verwundete Hand, die das Telefon hielt, die zerzausten schmutzigen Haare. Er sah auf das abgegriffene Telefon.
»Ich habe es überprüft«, bekräftigte sie heiser. »Alles ist aufgezeichnet. Er hat meinen Cousin dazu genötigt, die Razzia zu sabotieren. Und er hat mich für eine Misshandlung angezeigt, die auf sein Konto ging«, flüsterte sie kraftlos.
Per schüttelte matt den Kopf und steckte das Handy vorsichtig in die Brusttasche. Er machte eine Geste zur Tür, und Erika folgte ihm still. Sie stieg in sein kaltes Auto und schwieg den ganzen Weg bis nach Kungshöjd. Nur ein stilles Danke kam ihr über die Lippen, als er ihr die Haustür öffnete. Wie eine durchsichtige Erscheinung betrat sie seine Wohnung, tapste vorsichtig hinein, zog mühsam Jacke und Schuhe aus und ging ins Badezimmer.
Nachdem sie sich notdürftig gewaschen hatte, blieb sie vor dem Spiegel stehen. Ihr Puls jagte unkontrolliert, und die Hände wollten ihr nicht gehorchen. In der Kehle brannten Tränen und ein verzweifelter Schrei, der sich mit einer hysterischen Lust zu lachen mischte.
Als sie aus dem Bad kam, erwartete sie Per mit ernstem und blassem Gesicht. Erika keuchte überrascht auf. Schweigend sahen sie sich an. Erika wäre am liebsten in seine Arme gekrochen, von ihm gestreichelt worden, hätte seine Wärme gespürt und tröstende Worte gehört, die ihr sagten, dass alles gut wäre, ihr nichts mehr geschehen könne. Aber er rührte sich nicht.
»Geht es? Wir sollten vielleicht die Schürfwunde auf der Hand verarzten. Und deine Finger …«
Pers Augen
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