Die Frau des Polizisten
kleines Extra obendrauf. Ich hab mich da doch wohl nicht geirrt, oder?«, fauchte er, drängte sie rückwärts und presste sie gegen die Spüle. Sie spürte, dass er sie erneut begehrte. Sie nickte und starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. Göran streichelte sie grob mit der freien Hand, fuhr über ihre Flanken, knetete ihre Brust. Sie keuchte vor Schmerz und vor Furcht auf, die sie plötzlich überfiel. Göran vergrub die Finger in ihrem Gesicht, seine Finger waren in ihrem Mund. Ein Geruch von Geilheit schlug ihr aus seinem Mund entgegen, sein Puls raste. Dann erlosch die Glut des Wahnsinns in seinen Augen, und sein Griff lockerte sich wieder.
»Und jetzt fahren wir heim, mein Schatz.«
»Ich will mir nur etwas überziehen, mir ist kalt. Und die Zahnbür …«
Erika beugte sich hinunter und nahm ihren Kapuzenpulli vom Badezimmerboden. Als sie sich aufrichtete, schloss sich Görans unnachgiebiger Griff um ihren Nacken, der Schmerzstrahlte bis in ihren Arm aus und ließ sie starr vor Schreck werden.
»Scheiß auf die Zahnbürste. Die kannst du später kaufen.«
Erika fror so, dass sie wie Espenlaub zitterte.
»Und dann, mein Schatz, … und dann wirst du in Zukunft darauf scheißen, mich für dieses und jenes anzuzeigen. Hast du verstanden?«
Sein Griff verstärkte sich abermals. Erika schluckte angestrengt, antwortete aber mit einem kaum hörbaren Ja. Göran richtete sich auf und holte tief Luft, so dass sich sein breiter Brustkorb dehnte.
»Tüchtiges Mädchen. Ich kann die Kollegen schließlich nicht bitten, immerzu deine Anzeigen verschwinden zu lassen. Ich komme mir ja schon wie der letzte Bettler vor.«
Erika zog die Kapuze über ihren Kopf, spürte das Handy in der Bauchtasche und zog rasch die Jeans hoch. Sie ließ Göran nicht eine Sekunde aus den Augen. Er beugte sich hinab, sammelte seinen Pullover vom Fußboden auf und fädelte ihn über den Kopf und die Arme.
Erika nutzte den Moment und stürzte barfuß in die pechschwarze Dunkelheit hinaus und rannte los. Und blieb erst wieder stehen, als ihre Lungen zu bersten drohten.
Kapitel 56
Die Müdigkeit machte sich als ein dumpfer Summton in Pers Kopf bemerkbar. Die Kopfschmerzen hatten sich beim Spazierengehen an der frischen Luft gegeben, waren aber einem tauben Gefühl gewichen. Es war, als ob seine Nervenbahnen ihren Dienst quittiert hatten und jemand auf einen Knopf gedrückt hatte, der die Energiezufuhr zu weiten Teilen seines Körpers und Bewusstseins unterbrach.
Insgeheim wusste er, dass er nach Hause gehen, sich in sein Bett legen und eine Mütze voll Schlaf nehmen sollte, um seine erschöpften Zellen zu regenerieren, leere Energiespeicher wieder aufzufüllen, und seinen überhitzten Gehirnwindungen die Zeit geben sollte, alle Informationen zu verarbeiten, lag vor ihm doch eine lange Nacht. Tomas hatte ihn erneut angerufen, um zu erzählen, dass ihre Mutter wieder ins Krankenhaus eingeliefert worden war. Ihr Zustand hatte sich verschlechtert, dramatisch verschlechtert. Doch stattdessen ging er zum Training. Die stickige Luft schlug ihm entgegen, als er das Dojo betrat. Ein penetranter Geruch nach Fußschweiß hing über den Winterschuhen, die im Gang lagen. Die Stöhngeräusche, dumpfen Schläge und die Schreie aus der Halle wurden wie eine vertraute Erinnerung von seinem Körper aufgesaugt und erweckten ihn zum Leben.
Er ging in die Umkleidekabine, zog den indigoblauen Anzug an, verknotete den Gürtel, nahm die Rüstung und ging in das Dojo. Dort band er seinen Harnisch um den Oberkörper, faltete das Kopftuch und legte es sich auf den Kopf, setzte den Helm auf und verknotete ihn hinter dem Nacken. Zuletzt streifte er die Handschuhe über und hob das Schwertauf. Das Training fing an und vereinnahmte ihn, ein meditativer Fluss von Worten und Bewegungen, harten Schlägen und gutturalem Kriegsgebrüll, körperlichen Schmerzen und Seelenfrieden. Sein Körper brannte, und unter dem Anzug floss der Schweiß. Sein Gesicht zeigte ein albernes Lächeln, und seine Wangen waren gerötet. Nach dem Training spülte das warme Wasser der Dusche die Schmerzen und die Müdigkeit fort, geradewegs in den Abfluss hinein. Er blieb unter der Dusche stehen, ließ die Hitze verdampfen, musterte seine blauen Flecken, verglich sie mit denen der anderen. Nebenbei unterhielt er sich mit ihnen über den letzten Kampf und wer die meisten Punkte geholt hatte.
»Es ist wie beim Angeln«, pflegte Erik immer zu sagen. »Die Prahlerei danach ist das halbe
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