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Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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nahm einen matt-silbernen, achtmal-zehn-großen Bilderrahmen in die Hand und sagte: »Ich verweise auf Beweisstück A.«
    »Oh, Junge.« Charlie grinste. »Willst du, dass sie mir hier und jetzt den Laufpass gibt?«
    Arthur reichte mir den Rahmen. In dem angelaufenen Silber war oben ein Monogramm aus den Buchstaben PBH zu erkennen, wobei das B in der Mitte größer war. Auf dem Foto war eine blonde Frau in einem weißen Hochzeitskleid zu sehen, daneben Arthur in einem Frack; rechts und links von den beiden standen fächerförmig junge, lächelnde Menschen; sechs Frauen in identischen rosafarbenen Satinkleidern auf der Seite der Braut, sechs Männer im Frack auf Arthurs Seite, direkt neben ihm Charlie.
    »Wie schön«, sagte ich. »Wann habt ihr geheiratet?«
    »Einundsiebzig, aber darum geht es nicht. Schau genauer hin.«
    »Alles, was ich dazu sagen kann, ist: Pass bloß auf«, sagte Charlie. »Nicht du, Alice.«
    Mein Blick wanderte noch immer über das Foto. Dann sah ich es, und Arthur sah, dass ich es sah, und er sagte: »Ein ganz ordentliches Pärchen, das er da hat, was? Aber ich schätze, das wusstest du bereits.«
    Auf dem Bild war dort, wo Charlies Hosenschlitz zu vermuten wäre, eine rötliche Wulst zu erkennen. Es war nicht ganz scharf, aber unverkennbar: Charlie hatte (oder zumindest hoffte ich, dass er es selbst getan hatte und nicht jemand anderes) seinen Hodensack durch den Reißverschluss gesteckt und hielt ihn so in die Kamera.
    Ich sah Charlie an – die Blackwells waren wie Sechstklässler, die Sorte Jungs, die in Hörweite eines Lehrers ein schmutziges Wort fallen ließen und dann abwarteten, was passierte – und sagte milde: »Eine recht unkonventionelle Pose für ein Foto.«
    »Hat ungefähr fünf Jahre gedauert, bis Jadey mir verziehen hat, aber es war jede Minute wert.« Charlie grinste. »Nein, sie hat gewusst, dass es nur ein Spaß war.«
    »Meine Frau ist eine
große
Bewunderin der Nüsse im Gehrock«, sagte Arthur.
    Charlie nahm meine Hand und drückte sie. »Ich verspreche dir, dass ich das an unserer Hochzeit nicht tun werde.« Arthur, der keine Ahnung hatte, dass wir tatsächlich verlobt waren, gluckste. In diesem Moment hörten wir Schritte auf der Treppe, die zur Veranda hinaufführte, und gleich darauf eine kultivierte Frauenstimme mittleren Alters rufen: »Fee-fi-fo-fum, ich kann das Fleisch einer ins Haus eingedrungenen Freundin riechen.«
    »Soll ich deine Mom Priscilla oder Mrs. Blackwell nennen?«, flüsterte ich.
    Doch Charlie war schon auf dem Weg zur Veranda und zog mich hinter sich her. »Hey, Maj«, rief er, »Alice will wissen, ob sie dich Priscilla oder Mrs. Blackwell nennen soll.«
    »
Charlie «
, zischte ich.
    Seine Mutter lachte. »Das hängt ganz davon ab, wie mir Alice gefällt«, sagte sie.
    Sie hatte kinnlange weiße Haare, die feucht waren und glatt nach hinten am Kopf anlagen, was darauf schließen ließ, dass sie bis vor kurzem noch im Wasser gewesen war. Sie war beinahe einen Meter achtzig groß, trug einen marineblauen Badeanzug, eine Uhr und sonst nichts, nicht einmal Schuhe oder ein Handtuch. Ihre Beine, Schultern und ihr Brustkorb waren faltig und sonnengebräunt, ihr Körper schlank und athletisch. (»Ich war Kapitän der Hockeymannschaft in der Dana Hall School und auf dem Holyoke College«, teilte sie mir im Laufe des Wochenendes mit, und ich murmelte etwas Anerkennendes, allerdings weniger, weil ich wirklich beeindruckt war, sondern vielmehr, weil ich wusste, dass es von mir erwartet wurde.)
    Sie hatte bislang noch nicht in meine Richtung geschaut, streckte nun eine Hand aus und umfasste mit den Fingern Charlies Kinn – irritiert stellte ich fest, dass die beiden sich nicht umarmten –, und nachdem sie ihren Blick über sein Gesicht hatte wandern lassen, sagte sie mit warmer Stimme: »Mit diesem Haarschnitt siehst du aus wie ein Jude.«
    Ohne zu zögern und ungekünstelt, wie mir schien, stieß Charlie ein Lachen aus. »Hey, wenigstens hab ich noch Haare, was man von deinem ältesten Sohn nicht gerade behaupten kann.«
    Aber sie war schon weitergelaufen und betrachtete nun mich von oben bis unten, ohne dabei in irgendeiner Form verlegen zu wirken oder um Entschuldigung zu bitten. »Ist sie nicht zum Anbeißen.«
    Ich trat einen Schritt nach vorn und streckte ihr den Terrakotta-Topf mit dem Basilikum entgegen. »Vielen Dank für die Einladung.«
    »Alice hat dir etwas von ihrem selbstangebauten Marihuana mitgebracht«, sagte Charlie.
    »Es ist

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