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Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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ab.
    »Mommy!«
    »Ella, du musst höflicher sein, wenn jemand mit dir spricht.« Ich sah kurz zu ihr hinüber. »Also, was um alles in der Welt ist ein Pups-Sandwich?«
    Sie zuckte mit den Schultern. Megan Thayer war die Tochter von Joe und Carolyn, einer weiteren Halcyon-Familie. Im vergangenen Winter hatten sie sich getrennt, und von Jadey hatte ich erfahren, dass Carolyn vor kurzem die Scheidung eingereicht hatte; es gab Gerüchte, dass sie an Geld aus ihrer eigenen Familie gekommen war und sich deshalb frei fühlte, die Ehe zu beenden. Charlie und ich waren beide weder mit Carolyn noch mit Joe besonders eng befreundet, aber wir trafen uns in Milwaukee häufig mit anderen Bewohnern von Halcyon, weil sie wie wir Mitglieder des Country Club waren, weil ich die Ehefrauen im Garden Club oder in der Junior League traf und weil unsere Kinder alle auf dieselbe Schule gingen. Daher teilten wir regelmäßig eine Picknickdecke mit Carolyn und Joe, wenn Ella und Megan Fußball spielten, oder wechselten auf Fundraising-Veranstaltungen ein paar Worte mit ihnen. Als bekannt wurde, dass sie sich getrennt hatten, schienen die meisten schockiert zu sein, aber mich überraschte es nicht. Joe war ein gutmütiger, eher langweiliger Mensch, den viele Frauen in Maronee auf klassische Weise gutaussehend fanden: Er war groß und schlank, mit einer langen, wohlgeformten Nase und hatte volles graues Haar, das vorn als Welle seine hohe Stirn rahmte. Carolyn dagegen war eine komplizierte Person, die nie besonders glücklich wirkte. Eine gern überlieferte Anekdote über sie lautete, dass sie einmal, als sie Gäste zum Abendessen hatten, den Hauptgang hereingetragen hatte, ein Enten-Cassoulet, und als einer der Gäste, ein Mann namens Jerry Greinert, der gut mit dem Paar befreundet war, im Scherz sagte: »Nicht das schon wieder«, schleuderte Carolyn die Servierplatte zu Boden, machte auf dem Absatz kehrt und stürmte hinaus.
    »Kann ich die Musik jetzt wieder anmachen?«, fragte Ella.
    »Noch nicht. Wird Megan von den anderen gehänselt?«
    »Wenn du die Antwort auf diese Frage wissen willst, kriegst du sie aber erst, wenn das Radio wieder an ist.«
    »Sei freundlich zu ihr«, sagte ich. »Wenn du in der Pause mit Christine spielst, dann frag Megan, ob sie mitmachen möchte.« Obwohl Megan und Ella einander gut kannten – es gab in der dritten Klassenstufe insgesamt nur vierundvierzig Schüler, und einen Großteil des Sommers verbrachten sie fast als Nachbarn –, waren sie nie wirklich Freunde geworden. Megan war dunkelhaarig, groß und breitschultrig und eine gute Sportlerin, aber sie hatte eine lauernde, übereifrige Art, die Erwachsenen und Kindern gleichermaßen unangenehm war. Vorigen Sommer hatte sie mich einmal gefragt, ob Ella ihren nächsten Geburtstag mit einer Pyjamaparty feiern würde und ob sie, Megan, dazu eingeladen würde.
    Ich sagte zu Ella: »Aber wenn Megan dir ein Pups-Sandwich anbietet, lehnst du es ab.«
    Sie verdrehte genervt die Augen. »Mutter, das
habe
ich doch schon.«
    »Oh, gut«, sagte ich. »Aber sei trotzdem freundlich zu ihr. Du hast so ein großes Herz, Liebes.«
    »Kann ich jetzt das Radio anmachen?«
    Bis nach Hause waren es noch anderthalb Kilometer. »Aber nicht so laut«, sagte ich.
     
    Obwohl das Landwirtschaftsministerium den Fall weiterhin untersuchte, war noch nicht geklärt, warum das Fleisch auf der Feier in Indianapolis verdorben gewesen war. An diesem Abend kam Charlie pünktlich nach Hause und machte, ob aus Gewohnheit oder Trotz, den Grill an. (Wegen des Geschmacks bestand er nach wie vor darauf, Holzkohle zu benutzen.) Ich hatte mich mit Jadey auf einen kurzen Spaziergang verabredet, und nachdem ich den Hörer aufgelegt hatte, trafen wir uns auf halber Strecke zwischen unseren beiden Häusern und bogen auf einen asphaltierten Weg des Golfplatzes ein. An Wochenenden war dieser Spaziergang nicht ungefährlich – fünf Monate zuvor hatte ein Ball Lily Jones an der Schulter getroffen –, aber ich liebte das grüne Gras, die Kiefernhaine, die Abenddämmerung am Frühlingshimmel. Von den Golfbällen abgesehen, war die Szenerie ungemein entspannend.
    Jadey trug eine weiße Trainingshose, ein rotes T-Shirt und ein weißes Stirnband, mit dem sie ihr Haar im Zaum hielt. Wir trugen unsere Haare jetzt beide kürzer, etwa auf Kinnlänge, wobei sie sich für einen Stufenschnitt entschieden hatte. Als wir gerade den Ententeich hinter uns gelassen hatten, sagte sie: »Also, ich habe mir überlegt, wie

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