Die Frau des Praesidenten - Roman
vergessen hatte? Das schien mir nicht sehr wahrscheinlich, aber auch nicht unmöglich. Nach all den Jahren waren Dena und Charlie immer noch die Einzigen, denen ich davon erzählt hatte; mich Jadey anzuvertrauen erschien mir zu riskant.
Ich sagte: »Es muss schön sein, Dena so nah zu haben.«
»Sie lebt in der Colway Avenue«, sagte Mrs. Janaszewski. »Also, ich weiß ja nicht genau, was zwischen euch beiden vorgefallen ist, aber wie ich Dena kenne, würde sie sich bestimmt riesig freuen, wenn du dich melden würdest. Ich kann dir ihre Telefonnummer geben, und sie geht nicht vor fünf zur Arbeit – ich wette, sie ist jetzt zu Hause.«
»Leider muss ich gleich wieder nach Milwaukee zurück.« Ich verzog kummervoll das Gesicht, als ob ich mich nicht danach sehnte, in mein Alltagsleben zurückzukehren, in mein eigenes Haus, meine Küche, mein Bett und meine gewohnten Abläufe. »Ella und Charlie sind schon losgefahren. Aber es freut mich zu hören, dass es Dena gut geht.«
»Wir wissen beide, dass sie sehr stur sein kann, aber ihr beiden wart so gut befreundet. Ich dachte immer, Alice ist wie eine vierte Schwester, wenn nur meine anderen Töchter auch so gute Manieren hätten!«
Es überraschte mich, dass Dena ihrer Mutter nicht erzählt hatte, woran unsere Freundschaft zerbrochen war. Aber wenn sie es getan hätte, wäre Mrs. Janaszewski dann so freundlich zu mir gewesen? Ich hatte mir nie so wie Dena die volle Verantwortung für unser Zerwürfnis zugesprochen, aber für ganz unschuldig hielt ich mich auch nicht. Dass meine Beziehung zu Charlie sich auf Kosten der Freundschaft zu Dena entwickelt hatte, war kein Thema, über das ich gern nachdachte. Jetzt, da sie mit Pete Imhof zusammen war, versuchte ich, nicht darüber nachzudenken, ob sie sich, von der Abtreibung einmal abgesehen, über mich unterhalten hatten.
Ich bemühte mich um einen bedauernden Tonfall, als ich sagte: »Vielleicht beim nächsten Mal.«
Nachdem alle gegangen waren, saßen Lars, meine Mutter und ich im Wohnzimmer. Meine Mutter hatte sich seitwärts auf die Couch gesetzt und ihre Beine in der schwarzen Stoffhose vor sich ausgestreckt. Ihre Füße, die noch in schwarz-transparenten Kniestrümpfen steckten, hatte sie Lars in den Schoß gelegt, der sie geistesabwesend streichelte. Die Intimität dieser Szene verunsicherte mich, aber ich fand sie auch schön – jedenfalls hatte ich Lars’ Anwesenheit noch nie als so beruhigend empfunden wie jetzt, da ich wusste, dass er dableiben würde, wenn ich nach Milwaukee zurückfuhr.
»Ich will nicht unhöflich sein, aber habt ihr den Nacho-Auflauf gesehen, den Helen Martin mitgebracht hat?«, sagte meine Mutter. »Von so was habe ich ja noch nie gehört!« Sieschien überraschend guter Laune zu sein, wahrscheinlich war sie erleichtert, dass die Gäste gegangen waren.
»Aber er hat gut geschmeckt«, sagte Lars. »Er hatte so was Spezielles, aber auch nicht zu viel davon.«
»Es
klingt
nur so komisch.« Meine Mutter sah quer durch das Zimmer zu mir herüber. Ich saß in einem Fernsehsessel, einem der wenigen Möbelstücke, die Lars bei seinem Einzug mitgebracht hatte. »Hast du davon probiert, Liebling?«, fragte sie mich.
Ich schüttelte den Kopf. »Aber ich habe mehr als genug von Mrs. Noffkes Schokoladenkeksen gegessen.« Das Telefon klingelte – meine Mutter hatte endlich die alten Apparate mit den Wählscheiben gegen neue, beigefarbene mit Tastatur ausgetauscht –, und während ich in die Küche ging, um dranzugehen, sagte ich: »Ich glaube, da waren Walnüsse drin. Hallo?«
»Du bist immer noch da?«, fragte Charlie.
Ich sah auf meine Uhr. »Es ist noch nicht mal halb sechs.«
»Wolltest du gerade aufbrechen, oder denkst du, es wird noch dauern?«
»Charlie, ich habe doch gesagt, dass ich zum Abendessen zurück sein werde.«
»Hast du zufällig Shannons Telefonnummer dabei? Ich werde sie anrufen und sie fragen, ob sie auf Ella aufpassen kann.«
»Ich glaube kaum, dass sie so kurzfristig Zeit haben wird.«
Meine Mutter tauchte im Durchgang zur Küche auf und runzelte fragend die Stirn. Ich legte eine Hand über den Hörer und schüttelte den Kopf. »Alles in Ordnung, das ist nur Charlie.«
»Nur Charlie, ja?«, sagte er, als meine Mutter den Raum wieder verlassen hatte.
»Du weißt, wie das gemeint war.« Einen Moment lang blieb es still, dann sagte ich: »Ich wünschte wirklich, du könntest mir sagen, was das für ein mysteriöser Termin ist.«
Charlie seufzte. »Weißt du
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