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Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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verdienten, so glücklich zu sein.
    Ich bremste und kurbelte das Fenster runter, und Ella rief mir zu: »Daddy hat einen Airbounce geworfen, und ich habe ihn gefangen!«
    »Liebes, du wirst viel länger Freude an deinem Kleid haben, wenn du es nicht zum Spielen anziehst«, sagte ich. »Lass uns gleich reingehen und dir was anderes anziehen.«
    »Danke, dass du gekommen bist«, sagte Charlie. »Du bist mein Held, Lindy.«
    »Du bist mein Sahnebonbon, Lindy«, sagte Ella, und Charlie lachte und versetzte ihr einen Klaps auf den Hinterkopf.
    »Kann ich dein Auto nehmen?«, wandte er sich an mich. Er öffnete die Fahrertür, bot mir mit einer übertriebenen Geste den Arm und sagte: »Madame …« Ich wollte gerade den Motor abstellen, als er mich unterbrach: »Lass den Schlüssel einfach stecken.«
    Sobald ich ausgestiegen war, gab er mir einen sehr eiligen Kuss auf den Mund und schlüpfte an mir vorbei auf den Fahrersitz. »Adios, Amiga«, sagte er zu Ella, und zu mir: »Ich schätze, ich bin gegen zehn wieder da.« Er war schon auf dem Weg die Einfahrt entlang, als ich ihm noch nachrief: »Meine Handtasche!« Schnell streckte er den Arm danach aus und warf sie aus dem Fenster. Unerklärlicherweise fing ich sie tatsächlich, und er schnalzte mit der Zunge: »Hey, nicht schlecht, Johnny Bench!« Dann verschwand er um die nächste Kurve.
    »Tu so etwas nie, Ella«, sagte ich.
    »So schnell fahren?«
    »Das auch nicht, aber ich meinte, wirf nie mit Mommys Handtasche.«
    Wir gingen ins Haus, um ihr kurze Hosen anzuziehen, und kamen dann noch einmal in den Garten zurück, weil Ella weiter Frisbee spielen wollte. Nach ein paar Würfen bemerkte sie sachlich: »Du kannst das nicht so gut wie Daddy.«
    »Ich habe auch nicht so viel geübt«, antwortete ich.
    Als sie müde wurde, gingen wir wieder ins Haus, und ich ließ ihr ein Bad ein. Sie rief mich, sobald es Zeit wurde, ihr die Haare zu waschen. Trotz aller Vorbehalte, die ich früher gegen lange Haare gehegt hatte, war dies doch eins meiner liebsten Rituale mit ihr. Ich benutzte für sie immer noch Johnson’s Baby-Shampoo mit dem Tropfen auf dem Etikett, auf dem stand »keine Tränen mehr«. Irgendwann, dachte ich, würde sie sich dieses Etikett genauer ansehen und sich an dem Wort »Baby« stören, aber bisher hatte sie nichts gesagt. Sie setzte sich im Schneidersitz mit dem Rücken zum Wannenrand und beugte den Kopf vor, und in einvernehmlichem Schweigen massierte ich das Shampoo ein. Ab und zu schnipste sie mit Daumen und Mittelfinger kleine Wirbel in die Wasseroberfläche. Dann spülte ich mit dem Duschkopf den Schaum aus ihren Haaren, und als sie aus der Wanne stieg, saß ich mit einem ausgebreiteten Handtuch auf dem Toilettendeckel; sie kam zu mir, um sich darin einwickeln zu lassen, und ich nahm sie fest in die Arme. »Mommy«, sagte sie.
    »Ja?«
    »Ich kann einen Bleistift mit den Zehen hochheben.«
    Ich hielt sie noch immer fest. »Seit wann?«
    »Hat Christine mir gezeigt. Willst du mal sehen?«
    »Du kannst es mir zeigen, sobald du deinen Schlafanzug anhast.«
    Das Buch, das ich ihr an dem Abend vorlas, las ich nicht zum ersten Mal,
Der freundliche Baum
. Wir waren gerade an der Stelle, wo der Junge die Äpfel aufsammelt, um sie zu verkaufen, als ich spürte, dass Ella eingeschlafen war – wir saßen beide an das Kopfteil ihres Bettes gelehnt –, und nach einigen weiteren Seiten drehte ich mich vorsichtig ein Stück, um ihre Augen sehen zu können. Sie waren tatsächlich geschlossen. In dem Moment hätte ich das Buch zuklappen und das Licht ausschalten können, aber ich las weiter; ich las bis zur letzten Seite.
     
    Es war, wie ich auf dem Digitalwecker erkennen konnte, nach ein Uhr, als Charlie sich zu mir ins Bett legte. Etwas benommen murmelte ich: »Hattest du eine Panne?«
    »Psst«, flüsterte er. »Schlaf weiter.«
    Wir lagen in der Dunkelheit nebeneinander, aber statt wieder einzudösen, wurde ich immer wacher. Allmählich wurde mein Kopf klarer, und ich fragte mich:
Wo um alles in der Welt kann Charlie gewesen sein?
Ich hatte ganz sicher den längsten Tag meines Lebens hinter mir.
    Als ich dann sprach, tat ich das in normaler Lautstärke: »Du musst es mir jetzt sagen.«
    Sofort drehte er sich auf die Seite und legte seine Arme um mich, und sein Atem berührte warm mein Gesicht. Ich spürte, wie aufgeregt er war. »Nein, nein, es ist alles in Ordnung. Alles ist
großartig
!« Sein Glücksgefühl erfüllte den ganzen dunklen Raum. »Ich kaufe die

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