Die Frau des Praesidenten - Roman
Neben dem Golfplatz gab es einen vergleichbaren Laden, und ein Teil des Parkplatzes war ausschließlich für die Golfcarts reserviert. Mit ihren meterhohen Maschendrahtzäunen wirkten die Tennisplätze wie eine Barriere zwischen der Straße und dem Clubhaus, und beim Näherkommen hörte man immer das hohle Ploppen der Bälle, die über das Netz geschlagen wurden.
An diesem Morgen war die Hauptattraktion natürlich der Pool, das riesige, majestätisch blau glitzernde Schwimmbecken, das zwischen dem Memorial Day im Mai und dem Labor Day im September auf Kinder wie Erwachsene eine magische Anziehungskraft ausübte. Es lag hinter dem Clubhaus, und als ich einmal vor sechs Jahren, bei dem Hochzeitsempfang von Polly Blackwell, einer Cousine von Charlie, an einem Juniabend aus dem Fenster des Speisesaals geschaut hatte, war es mir in der Dämmerung wie ein verwunschener Märchensee vorgekommen. Das Becken war fünfzig Meter lang und hatte neben den mit dunkelblauen Schwimmerketten abgegrenzten Bahnen in seiner nordwestlichen Ecke einen besonders tiefen Bereich mit Sprungturm und einen flacheren Einstieg in der südöstlichen Ecke. Man betrat den Schwimmbadbereich durchein schwarzes Metalltor im Südosten des Beckens. An seiner Nordseite gab es ein größeres Rasenstück, auf dem sich die Schwimmmannschaften für Besprechungen versammelten und wo sich in der übrigen Zeit die jungen Mädchen sonnten. Gegenüber, im Süden, lagen das Kinderbecken, der Anmeldetresen, an dem man sich auch Handtücher holen konnte, die Betontreppe zu den Frauen- und Männerumkleiden und der Imbiss. Weder in dem Imbiss noch in einem der Speisesäle des Clubhauses, noch im Golf- oder Tennisplatzladen, noch irgendwo sonst auf dem Clubgelände wurde mit Bargeld bezahlt. Stattdessen bekam jedes Mitglied einen tannengrünen Bleistift mit der Aufschrift MARONEE COUNTRY CLUB, mit dem man jeweils einen Bon mit Durchschlagpapier unterschrieb. Meine Unterschrift lautete
Mrs. Charles V. Blackwell
. Am Ende jedes Monats wurde dann eine detaillierte Rechnung per Post zugeschickt.
Das Beste oder das Schlimmste am Country Club war, je nachdem, wie gesellig ich mich gerade fühlte, dass wir dort fast jeden kannten. Wenn wir zum Abendessen ins Clubhaus gingen, war es, als hätten wir ein Restaurant gefunden, in dem zufällig nur Bekannte saßen. Meistens fand ich es angenehm, ein stärkeres Gemeinschaftsgefühl zu erleben, als ich es selbst in meiner Kindheit in Riley gehabt hatte. Dann wieder gab es Tage, wenn ich in Eile war, an denen ich es vorgezogen hätte, einmal nicht sieben verschiedene Leute grüßen zu müssen, einmal nicht Joannie Sachs fragen zu müssen: »War es schön in Frankreich?«, oder von Sandra Mahlberg zu hören: »Deine Schwägerin hat gestern so eine fabelhafte Meerrettich-Forelle gemacht!« Und manchmal erlebte ich Momente, in denen mir der Inselcharakter des Clubs einfach unerträglich war. Dann schämte ich mich meiner selbst und für die anderen Clubmitglieder, schämte mich für unseren Reichtum und unseren gedankenlosen Anspruch auf ein Leben voller Privilegien. Im Sommer davor hatte ich einmal mit der gerade aktuellen Ausgabe des
Milwaukee Sentinel
neben Jadey auf der gefliesten Terrasse hinter dem Sprungturm gesessen, als mir ein bestimmter Artikel auffiel. Er handelte von einem Mann aus demStadtteil Walnut Hill, der an Hepatitis C und einer Leberzirrhose litt und sich keine Medikamente leisten konnte. Als ich davon aufblickte, sah ich die fünfzehnjährige Melissa Pagenkopf ihren Bauch mit Sonnenöl einreiben und hörte eine Frau in der Nähe sagen: »Wir fliegen nie mit United, wenn es sich irgendwie vermeiden lässt«, und mich überkamen furchtbare Schuldgefühle. In diesem Fall konnte ich nicht einfach einen Scheck ausstellen, denn in dem Artikel wurde keine Hilfsorganisation erwähnt; er war nur eine Einzelperson und würde vermutlich noch jahrelang weitere Medikamente brauchen. Ihm zweihundert Dollar zukommen zu lassen wäre ein Tropfen auf den heißen Stein gewesen. Ich wusste gleich, dass ich nicht den Mut haben würde, ihn ausfindig zu machen, ohne dass eine Organisation als Vermittler auftrat. Ich wollte ihm keinen Scheck ausstellen, auf dem mein Name stand, wollte ihm keine Möglichkeit geben, mich zu finden.
In solchen Momenten musste ich an die Menschen denken, die in Kalifornien in riesigen Villen am Rand der Steilküste lebten. So kam mir auch unser Leben vor: wunderschön, aber gefährdet, auf unsicherem
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