Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
Vom Netzwerk:
Tod, dass ich mich zu dem emotionalen Nullpunkt hingezogen fühlte, und mir war klar, dass dieser Impuls jetzt viel gefährlicher war als damals: Ich hatte als erwachsene Person Verantwortung übernommen und musste vor allem für Ella da sein. Aber es wäre so tröstlich gewesen, einfach aufzugeben, nur noch zu schlafwandeln – mich nicht länger um Charlie zu bemühen und nicht mehr von ihm zu erwarten, dass er sich um mich bemühte.
    »Vielleicht bist du da anderer Meinung«, sagte Jadey, »aber ich finde, dass mein Mann sich schon was einfallen lassen muss, wenn er mich zurückgewinnen will.«
    Einen Moment lang schwiegen wir beide – die Wolken hatten sich längst verzogen, die Sonne schien durch die Baumkronen, die Grashalme glitzerten, und die Heuschrecken zirpten überlaut –, und dann sagte ich: »Macht es dir wirklich Spaß, mit ihm diese Spielchen zu spielen?«
    »Weißt du, nicht jeder lebt in einer perfekten Ehe.«
    »Meinst du das etwa ironisch?« Dieser Schlagabtausch hatte einen viel schärferen Ton angenommen, als es zwischen Jadey und mir üblich war, und ich glaube, wir waren beide überrascht davon, dass er eine immer größere Eigendynamik entwickelte.
    Es war Jadey zu verdanken, dass der Ton dann doch wieder ruhiger wurde. Sie sagte behutsam: »Ich wollte dir nicht zu nahetreten. Ich meinte nur, dass du es leichter hast als die meisten.«
    Und dann tat ich es wirklich – ich brach in Tränen aus. Jadey sagte: »Grundgütiger, was habe ich denn bloß gesagt? O Herr Jesus.« Ich war stehen geblieben und hatte mein Gesicht in den Händen vergraben, und sie tätschelte mir den Rücken. »Alice, du weißt doch, dass ich dich wahnsinnig gern habe. Ist es wegen deiner armen Granny, oder wie?«
    Ich wischte mir die Tränen ab. »Du glaubst, ich habe es
leicht

    »Dein Gatte küsst den Boden, auf dem du wandelst. Gut, Chas trinkt wirklich zu viel, aber man kann nicht alles haben. Wenigstens seid ihr immer noch hoffnungslos ineinander verliebt.«
    »Jadey, ich … ich frage mich, ob ich ihn verlassen soll. Unsere Ehe ist alles andere als perfekt.«
    »Meinst du, du willst dich scheiden lassen?«
    »Ich weiß es nicht. Ich weiß doch nicht einmal, wie man so was macht. Würde ich aus dem Haus ausziehen oder er?« Der Moment, in dem ich diese Worte ihr gegenüber laut aussprach, war zugleich der erste Augenblick, in dem ich mich realistisch mit der Möglichkeit auseinandersetzte, meine Ehe mit Charlie zu beenden. Seit Monaten hatte ich Einflüsterungen gehört –
Trennung, Scheidung
–, und auch wenn es mir vorkam, als hätte der Wind sie mir zugetragen, waren es doch meine eigenen Gedanken gewesen. Aber es waren immer abstrakte Ideen geblieben, letzte Auswege für den Notfall. »Oder stell dir vor, ich müsste Maj gegenübertreten«, fügte ich hinzu. »Sie würde mich hassen. Ich glaube sogar, sie würde es gar nicht zulassen, weißt du, was ich meine?«
    »Sie kann uns nicht kontrollieren«, sagte Jadey. »Ja, ich weiß genau, was du meinst, aber wenn man mal genau drüber nachdenkt, kann sie überhaupt nichts tun, außer uns aus ihrem Testament zu streichen.« War ich überhaupt in Priscillas Testament eingesetzt? Das bezweifelte ich, aber was Jadey gesagt hatte, brachte mich auf die Frage, wie sich meine Finanzen entwickeln würden. Würde ich Unterhalt bekommen? Würde ich mir in dieser Gegend ein Haus leisten können, wenn auch nur ein bescheidenes, und wie viele bescheidene Häuser gab esüberhaupt in Maronee? Gab es hier irgendjemanden, der zur Miete wohnte? Natürlich würde ich arbeiten müssen, und das war in mancher Hinsicht vielleicht gar nicht so schlecht, aber mich und Ella zu ernähren (dass ich für sie nicht das volle Sorgerecht bekommen könnte, war schlichtweg undenkbar), wo wir so einen privilegierten Lebensstandard gewöhnt waren, war kaum damit vergleichbar, meinen Unterhalt als alleinstehende Frau in Madison zu verdienen.
    »Okay, wie wäre es, wenn Chas sich behandeln lassen würde?«, sagte Jadey. »Wie heißt diese Entzugsklinik in Minnesota? Da könnte er doch hingehen.«
    »Das wird er nicht tun.« Wäre es schlimmer, den Rest meines Lebens Charlies Launen auszuhalten, als sich von ihm zu trennen? Die Vorstellung, mich scheiden zu lassen, war grauenhaft, wenn ich so konkret darüber nachdachte, durchführbar, aber grauenhaft. »Wir fahren am Freitag nach Princeton«, sagte ich. »Vielleicht wird es uns guttun, ein paar Tage weg zu sein.«
    »Großer Gott, ihr fahrt zu

Weitere Kostenlose Bücher