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Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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Nein, das mit V. C. Andrews war nur Spaß, Mrs. Blackwell.«
    »Also dann, es war wundervoll, dass ihr uns besucht habt«, sagte ich. Ich musste an Ellas Sommerferienprogramm denken: Schwimmen, das Kunstseminar, an dem sie in der letzten Juniwoche teilnehmen würde, und im Juli ging es dann nach Halcyon.
    Als ich ins Haus zurückging und die Tür hinter mir schloss, war Charlie nicht mehr im Esszimmer. Ich brachte Teller und Gläser in die Küche und hörte aus dem hinteren Zimmer den Fernseher. Beim Einräumen der Spülmaschine merkte ich, dass mir der Kopf schmerzte. Wie groß und leer mir das Haus auf einmal vorkam!
    Ich hatte gerade noch ein letztes Mal den Schwamm ausgewrungen und ihn auf seinen Platz neben der Seifenschale zurückgelegt, als Charlie hereinkam und sich ein Bier aus dem Kühlschrank holte. »Das war ja mal ein niedliches Negerbaby.« Er grinste, und ich hätte nicht sagen können, ob er mich provozieren wollte oder einfach nur er selbst war.
    Wir standen einander gegenüber, vielleicht zwei Meter voneinander entfernt, und ich dachte darüber nach, ihn zurechtzuweisen, konnte mich aber dann doch nicht dazu entschließen. Ich hatte vielleicht alle paar Monate die Kraft, mich auf eine Auseinandersetzung einzulassen, aber nicht zweimal am Tag.
    »Du bist ja so schweigsam«, sagte er.
    »Ich habe Kopfschmerzen. Ich wollte gerade hochgehen und ein bisschen lesen.«
    »Bist du gar nicht neugierig zu hören, wie das Golfspiel mit Cliff und Langenbacher gelaufen ist?«
    »Ich bin davon ausgegangen, dass es wegen des schlechten Wetters ausgefallen ist.« Von draußen war der Regen zu hören, sanft, aber beharrlich.
    »Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie glücklich Langenbacher darüber ist, mich mit an Bord zu haben. Cliff war derjenige, der mich vorgeschlagen hat, ich bin ihm also zu ewigem Dank verpflichtet. Aber Langenbacher ist total begeistert vondem, was ich zu bieten habe – ich bin ein Fan, da muss ich niemandem was vormachen, aber ich verstehe auch was vom Geschäft.« Charlie hatte gerötete Wangen, sei es vor Freude oder vom Alkohol. »Du bist nicht sauer, weil ich das Mittagessen verpasst habe, oder?«, sagte er. »Alles in allem sind sie doch in den vollen Genuss des berühmten Chas-Blackwell-Charmes gekommen, würde ich sagen. Wenn ich’s mir recht überlege – vielleicht hast du ja mit den Wetterfröschen unter einer Decke gesteckt.«
    »Genau genommen war es etwas unangenehm, dass du noch gekommen bist, weil ich ihnen erzählt hatte, du hättest einen geschäftlichen Termin.«
    »Den hatte ich doch.«
    »Einen richtigen Termin.«
    »Aber den
hatte
ich! Herrgott, Lindy!«
    »Dann überrascht es mich nur, dass Zeke Langenbacher gar nichts dagegen hat, wenn sich Leute während der Arbeitszeit betrinken.«
    Charlie runzelte die Stirn, »Was ist eigentlich dein Problem? Für mich werden Träume wahr, und ich begreife nicht, warum du so gottverdammt mies drauf bist.«
    »Natürlich freue ich mich für dich.« Als wollte ich seine erhöhte Lautstärke ausgleichen, sprach ich noch leiser als sonst. »Aber ich habe Kopfschmerzen, wie gesagt, und mir ist nicht nach Feiern zumute. Immerhin ist meine Großmutter gerade gestorben.«
    Ich hatte eigentlich nicht vorgehabt, das zu erwähnen. Es mochte wahr sein, aber ihn damit zu konfrontieren kam mir billig vor, und ich wollte ihn nicht beschämen. Allerdings hätte ich mir darum keine Sorgen machen müssen. Es ist nicht übertrieben, wenn ich sage, dass er mich in dem Moment wutentbrannt anstarrte. Dann sagte er: »Verdammt noch mal, Lindy, sie war neunzig Jahre alt. Was hast du denn erwartet?«
     
    Wie wir es vereinbart hatten, ging ich am selben Abend vor dem Essen zu Jadey und Arthur, und sobald Jadey und ich in sicherer Entfernung auf dem Golfplatz waren, sagte sie: »Arthurist heute Morgen um meine Festung herumgeschlichen, aber ich habe ihn abgewehrt.«
    »Jadey, vielleicht solltest du ihm eine Chance geben.«
    »Auf wessen Seite stehst du eigentlich?«
    »Auf beiden«, sagte ich, aber ich fragte mich, ob ich stark genug war, diese Unterhaltung fortzuführen, oder ob ich den Spaziergang besser abgesagt hätte. Seit die Suttons einige Stunden zuvor unser Haus verlassen hatten, schwankte ich zwischen zwei Möglichkeiten: in Tränen auszubrechen oder – und ich begriff, dass diese Möglichkeit die schlimmere war – mich ganz in mich selbst zurückzuziehen. Es war das erste Mal seit mehr als zwanzig Jahren, das einzige Mal seit Andrew Imhofs

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