Die Frau des Praesidenten - Roman
den Gartenschlauch übernommen hatte. »Könnten Sie den Grill im Auge behalten, während ich kurz reingehe?«
Im Haus machte ich einen Rundgang durchs Erdgeschoss, das fast leer war; nur im Wohnzimmer klimperten zwei Jungen auf dem Klavier herum. Es freute mich, die beiden dort zu sehen – Ella hatte den Klavierunterricht, zu dem ich sie angemeldet hatte, so gehasst, dass wir ihr nach einem Jahr erlaubt hatten, es aufzugeben, und Charlie und ich konnten überhaupt nicht spielen. »Ihr beiden seid sehr talentiert«, sagte ich auf meinem Weg in den Flur.
Im Obergeschoss waren die Türen zu allen Zimmern geöffnet, und im letzten, unserem Schlafzimmer, saß Megan Thayer auf dem Fußboden und blätterte teilnahmslos in einer Ausgabe der
Penthouse
. Um sie herum lagen noch einige weitere Ausgaben verstreut, und bevor ich nah genug herangekommen war, um zu erkennen, welche Zeitschrift es war – hätte sie doch bloß den
New Yorker
in die Finger bekommen oder sich Anregungen zur Raumdekoration aus der
House and Garden
geholt! –, wusste ich es.
Es sah alles danach aus, dass sie die Zeitschriften nicht gleich gefunden hatte. Zuerst hatte sie ein Paar Schuhe von mir anprobiert, dann ein Paar von Charlies (sie lagen ebenfalls über den Teppich verteilt), hatte sich von meinem Maiglöckchenparfum bedient – auf der Flasche auf meiner Kommode fehlte die Kappe, und der Geruch hing noch im Raum –, und dann hatte sie noch ein Schraubglas mit Kleingeld, das Charlie auf dem Fensterbrett aufbewahrte, auf dem Bett ausgekippt und sich die größeren Münzen herausgesucht.
Sie sah zu mir auf, und ich bin versucht zu sagen, dass es ein wissender Blick war, den sie mir zuwarf, ein erwachsener Blick, aber das zu behaupten wäre nur ein Versuch, jede Schuld von mir zu weisen. Sie verstand noch nichts davon, war keine Erwachsene.Sie war neun Jahre alt und sah sich Bilder von Frauen an, die ihre Beine spreizten oder schamlos ihre riesigen Brüste herausstreckten.
Ich ging mit großen Schritten auf sie zu, nahm ihr die Zeitschrift aus der Hand – sie wehrte sich nicht – und sagte: »Megan, mein Schatz, das hier ist keine passende Lektüre für dich.«
Sie beobachtete mich nur und sagte nichts, sondern blieb zusammengesunken mit ihrem dunklen Haar und den breiten Schultern auf dem Boden sitzen.
»Bist du an die Schublade gegangen?« Ich zeigte auf das unterste Fach von Charlies Nachttisch, das er, obwohl es abschließbar war, anscheinend offen gelassen hatte. »Diese Zeitschriften sind für Erwachsene gedacht, nicht für Kinder«, sagte ich. »Die Bilder darin sind sehr schwer zu verstehen.« (Nach der Abschlussparty begann ich eine der Zeitschriften durchzublättern, um mich darüber zu informieren, was genau Megan gesehen hatte. Auf einer Doppelseite begegnete ich einer Frau, die offenbar »Klasse« haben sollte: Auf dem ersten Bild entstieg sie gerade einer Limousine und trug dabei einen Pelzmantel, hochhackige Schuhe und sonst nichts. Auf dem zweiten befand sich dieselbe Dame in einer Art Ballsaal und streckte der Kamera ihren nackten Hintern entgegen, wobei sie verwegen über die Schulter blickte und ein Glas Champagner in der Hand hielt. Das reichte mir. Ich konnte nicht mehr weiterblättern und klappte die Zeitschrift zu. Das Ganze war so albern, das Fotomodell so künstlich und angemalt, und was die Zeitschrift für Eleganz ausgab, war so
un
elegant. Zugleich konnte ich mir nicht vorstellen, wie jemand auf die Idee kam, sich derart zu entblößen, außer in einer verzweifelten finanziellen Notlage.)
Megan zeigte auf eines der Magazine auf dem Fußboden. »In der da spielt eine nackte Frau Bowling.«
Was in aller Welt sollte ich darauf antworten? Wenn ihre Mutter sie abholte, würde ich ihr erklären müssen, was geschehen war, und die Vorstellung, Carolyn Thayer gestehen zu müssen, dass ihre Tochter auf die Pornosammlung meines Mannes gestoßen war, war so in etwa die unangenehmste, die mir einfallen wollte.
»Wenn du Fragen zu diesen Bildern hast, redest du am besten mit deiner Mom darüber, Megan. Ich wünschte, du hättest die Schubladen nicht geöffnet, weil sie persönliche Dinge enthalten und weil es nicht deine sind. Aber es tut mir auch leid, dass du diese Zeitschriften gesehen hast. Sie sind nicht für Neunjährige gemacht.« Ich zögerte. »Und auch die Erwachsenen sehen sie sich nicht alle an. Ich persönlich interessiere mich nicht dafür.«
»Warum haben Sie dann so viele davon?«
Ich hatte diese Frage
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