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Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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durfte Ella sich noch die
Bill Cosby Show
ansehen – am meisten liebte sie Rudy, und deren Bruder Theo kam an zweiter Stelle –, und sie lag in ihrem absurden schwarzen Kleid auf unserem Bett, während ich zwischen ihrem und unserem Schlafzimmer hin- und herlief, um die Koffer zu packen. Ich rief ihr zu: »Du willst doch bestimmt Bär-Bär mitnehmen?«
    »Pack ihn noch nicht ein!«, kam es zurück. »Ich brauche ihn heute Nacht noch!« Bär-Bär war kein normales Plüschtier, sondern eine Art Lumpenpuppe aus rötlich gemusterten Stoffresten. Meine Mutter hatte sie zu Ellas Geburt selbst gemacht, und es war das einzige Kuscheltier, das immer noch jede Nacht mit ihr das Bett teilte.
    Nach der
Bill Cosby Show
lief
College Fieber
, und dann kam
Cheers
, eine Serie, die zu sehen ich Ella noch nie erlaubt hatte, und Charlie war immer noch nicht zurück. Wie viele Abende sollte ich noch so überbrücken, wie lange würde ich das zulassen? Als das Telefon erneut klingelte, dachte ich wieder, es sei Charlie, und wurde noch einmal überrascht. »Mrs. Blackwell?«, sagte eine weibliche Stimme, die ich kannte, aber nicht gleich einordnen konnte. Sie klang nicht nur weiblich, sondern auch jung und zögerlich. »Hier ist Shannon.«
    »Ach, natürlich«, antwortete ich unserer Babysitterin. »Wie geht es Ihnen?«
    »Also, es tut mir leid, Sie so spät zu stören, aber …«
    »Stimmt irgendwas nicht?«, fragte ich, und Ella sah vom Bett aus zu mir herüber. Ich nahm das Telefon mit in den Flur.
    »Ich rufe an, weil ich, also, weil Mr. Blackwell …« In mir begann sich eine Spirale der Angst zu drehen; ich spürte sie wie einen heißen, dünnen Draht in meinem Inneren. Ich glaubte, Shannon würde fortfahren
weil Mr. Blackwell mit seinem Auto einen Telefonmast gerammt hat
, und was sie stattdessen sagte, klang auch nicht viel beruhigender: »Also, wir waren im Herman’s.«
    »Was ist das Herman’s?«
    »Eine Bar.«
    »Und dort sind Sie Mr. Blackwell begegnet?«
    »Nein, ich, also, ich bin mit ihm zusammen dort hingegangen. Er hat vor, ich weiß nicht, vor ein paar Stunden angerufen und mich gefragt, ob ich Zeit hätte, er wollte mit mir reden. Ich dachte … ich weiß nicht, ich nahm einfach an, es ginge um Ella. Und als ich dann im Auto saß, fragte er mich, ob ich, also, ob ich mit ihm was trinken gehen wollte.«
    »Wo ist denn das Herman’s?«
    »In der Wells Street, nicht weit vom Campus. Ich rufe Sie an, weil er, also, einiges getrunken hat, wenn Sie wissen, was ich meine.«
    Die Drahtspirale in mir zerbarst; ihre Bruchstücke rasten durch meine Adern. Dann war es also immer noch möglich, dass er einen Telefonmast gerammt hatte, dann hatte seine Verabredung mit unserer Babysitterin vielleicht nicht statt eines, sondern nur vor einem Unfall stattgefunden. Der Campus – sie meinte das Gelände der Marquette University, an der sie studierte – war höchstens sechs Kilometer von unserem Haus entfernt. Ich bemühte mich, ruhig zu bleiben, und fragte: »Wie viel hat er denn getrunken?«
    »Also …« Sie zögerte. »Also, fünf Drinks vielleicht? Oder sechs? Wir waren nur so ungefähr eine Stunde lang da. Es tut mir leid, Mrs. Blackwell, ich dachte nur, Sie sollten das wissen.«
    »Natürlich, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie anrufen. Als er die Bar verließ, hat er da gesagt, dass er nach Hause fahren würde?«
    »Das weiß ich nicht, tut mir leid. Er sagte, dass er die Brewers gekauft hat, das ist natürlich toll, schätze ich.« Sie lachte unsicher.
    »Hat er …« Ich brachte diese Worte kaum über die Lippen, aber es wäre nicht fair gewesen, darauf zu warten, dass sie es tat, und noch schlimmer, sie dazu zu zwingen, darüber zu schweigen. »Hat er Sie belästigt?«, fragte ich mit erstickter Stimme.
    Schnell antwortete sie: »Nein, nein, er hat nur mit mir geredet.Über Baseball und all das. Er hatte richtig gute Laune, und dann hat er mich hier abgesetzt.«
    Er hatte in einer Stunde fünf oder sechs Gläser getrunken und sich dann hinters Steuer gesetzt, um die Babysitterin unserer Tochter nach Hause zu fahren?
    »Shannon, ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie leid mir das tut. Mr. Blackwell hat sich sehr unangemessen verhalten, und Sie haben genau richtig reagiert.«
    »Ich hatte keine Angst, falls Sie das denken. Ich meine, ich kenne Mr. Blackwell doch. Ich hoffe nur, dass er gut nach Hause kommt.«
    Gerade, als sie das sagte, hörte ich Charlies Wagen in der Einfahrt, zuerst das Motorengeräusch und dann die Hupe,

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