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Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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Wir kannten einander gut, weil sie zu Charlies engsten Vertrauten gehörte, aber wir hatten noch nie Zeit zu zweit verbracht.
    »Lieber nicht, aber ich bin gespannt, was der Arzt sagen wird«, sagte ich. »Ich wette, er wird es ablehnen, dich zu operieren, weil er dich viel zu jugendlich findet.«
    Das war, wie sich herausstellen sollte, Phase eins. Phase zwei begann damit, dass Jadey bei mir anrief und sagte: »Eigentlich soll ich dir das nicht sagen, aber Hank möchte, dass du dich liften lässt, und ich soll dir vorschlagen, dass wir zusammen nach Florida fahren und uns operieren lassen, als wäre es meineeigene Idee. Aber wenn ich so darüber nachdenke, finde ich den Gedanken wirklich interessant.«
    »
Hank
möchte, dass ich mich liften lasse?«
    »Ich weiß, das ist ganz schön manipulativ …«
    »Und dann hat er dich angerufen?«
    »Debbie hat mich angerufen.«
    »Ich rufe gleich zurück«, sagte ich, und sobald ich aufgelegt hatte, wählte ich die Durchwahl von Charlies Büroapparat. Seine Sekretärin Marsha nahm ab und sagte: »Er ist gerade in einer Besprechung mit den Leuten vom Hochschulverbund, aber ich kann …«
    »Sagen Sie ihm, es sei dringend«, sagte ich.
    Als Charlie sich meldete, stammelte er atemlos: »Ist Ella …«, und ich beeilte mich zu sagen: »Nein, Ella geht es gut. Es ist nichts Schlimmes passiert, außer dass Hank offenbar gerade überall herumerzählt, ich müsste mich dringend liften lassen.«
    »Ich habe ihm gesagt, dass dir das nicht gefallen würde.«
    »Du wusstest davon?«
    »Es ist ja nur wegen der Fernsehauftritte, Lindy. Du weißt doch, dass ich dich wunderschön finde, aber er hat gedacht, wenn wir auf der ganz großen Bühne zu sehen sind …«
    »Willst
du
dich etwa liften lassen?«
    »Ich muss dir ja wohl nicht erzählen, dass da mit zweierlei Maß gemessen wird. Hör mal, vielleicht hätten sie offener sein sollen …«
    »Sie?«
    »Wir. Wir hätten offener sein sollen. Hanks Überlegung ist, dass du es wenn, dann jetzt tun solltest. Solche Operationen kann man unmöglich machen, wenn der Wahlkampf erst mal angefangen hat.«
    »Wie ist das überhaupt aufgekommen? Hat Hank eine Umfrage zu meinem Aussehen machen lassen?«
    Charlie zögerte mit seiner Antwort, und ich fragte: »Ist er jetzt gerade bei dir?«
    »Er ist in der Besprechung, und da sollte ich eigentlich auch sein. Die Entscheidung liegt bei dir, Lindy. Es tut mir leid,wenn du gekränkt bist. Du bist immer noch die schönste aller meiner Ehefrauen.«
    »Das ist so unglaublich beleidigend.«
    »Wenn ich heute Nacht nach Hause komme, werde ich dir schon zeigen, wie umwerfend ich dich finde. Jetzt muss ich aber los, bevor mir schon bei dem Gedanken daran einer steht.«
    Ich glaube, ich war nicht nur deshalb gekränkt, weil der Gedanke, dass Charlies Personal über mein Aussehen diskutierte – und es unzureichend fand –, mir schwer erträglich war, sondern auch, weil der Vorschlag mich in meinen eigenen Zweifeln bestärkte. Ich hatte mir zwar nie große Sorgen um mein Äußeres gemacht, aber in letzter Zeit war nicht zu übersehen, dass die Fältchen um meine Augen und auf der Stirn tiefer wurden und dass die Haut an meinem Hals nicht mehr so straff war wie früher. Wenn ich im Fernsehen auftrat, wurden diese Schönheitsfehler noch viel offensichtlicher. Trotzdem war ich davon ausgegangen, dass es nicht mehr als ein paar neue Kosmetika brauchen würde, um mit der Situation fertigzuwerden.
    Drei Tage lang schäumte ich vor Wut, am vierten beauftragte ich meine Assistentin Cheryl damit, mir ein Buch über plastische Chirurgie zu besorgen, und am fünften Tag sprach ich mit einem Arzt. Er war nicht derjenige, der die Operation durchführte, sondern einen Monat darauf fuhren Jadey und ich tatsächlich in eine Klinik in Naples, Florida, zu einem Chirurgen, der als der beste seiner Zunft galt. Danach verbrachten wir zwei Wochen in einem ruhig gelegenen Haus am Ufer eines Kanals. Leider nützte uns die gute Lage nicht viel, weil wir weder schwimmen noch uns der Sonne aussetzen durften, aber wir ermunterten Cheryl, die uns begleitet hatte, zum Strand hinunterzufahren und nachmittags auch mal schnorcheln zu gehen. Jadey und ich lagen derweil herum und lasen, sahen fern, klagten uns unser Leid oder machten uns über uns selbst lustig. Wir waren angewiesen worden, unsere Köpfe hoch zu tragen – Jadey trug mehr Verbände als ich, aber wir fühlten uns beide taub und überempfindlich zugleich, und mein Gesichtwar ziemlich

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