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Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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antrieben, wie bereitwillig sie Charlies neue Rolle als kriegsführender Präsident akzeptierten.
Angesichts der Terroranschläge hat President Blackwell eine bislang ungeahnte Zielstrebigkeit bewiesen
, konstatierte die
Time
. Die
Washington Post
sagte dazu:
Wenn es ein Gutes an diesen tragischen Ereignissen gibt, dann liegt es darin, dass President Blackwell seine Führungsqualitäten unter Beweis stellen konnte …
In der
Times
trug ein ungezeichneter Meinungsartikel den Titel »Blackwells größte Stunde«. Hatte denn keiner der Kommentatoren je einen Grundkurs in Psychologie belegt? Glaubten sie ernsthaft, Charlie oder irgendjemand sonst könnte sich innerhalb weniger Tage grundlegend verändern? Glaubten sie, er sei ein neuer Mensch, weil er mitten in den Trümmern in Manhattan auf einen Feuerwehrwagen kletterte und Worte des Mitgefühls und der Entschlossenheit in ein Megaphon sprach? Charlie war schon immer in der Lage gewesen, Mitgefühl und Entschlossenheit zu zeigen, aber das bedeutete noch lange nicht, dass es richtig war, in anderen Ländern einzumarschieren.
    Ich will sicher nicht kleinreden, wie beängstigend die Terroranschläge waren und wie chaotisch kurz danach alles wirkte. An dem Tag glaubten wir natürlich, das vierte Flugzeug sei auf dem Weg zum Weißen Haus, also wurden Prouhet und ich in aller Eile mit Hubschraubern nach Camp David gebracht (Charlie hielt gerade in Ohio eine Rede vor einem Immobilienverband, von der noch heute bekannt ist, dass er sich weigerte, sie zu unterbrechen, und ich sah ihn erst spät am Abend. Als ich ihn endlich in meinen Armen hielt, begann ich zum ersten Mal seit dem Bekanntwerden der Anschläge zu weinen). Auch nach unserer Rückkehr ins Weiße Haus wurden wir noch mehrmals evakuiert und wurden einmal mitten in der Nacht von unseren Leibwächtern geweckt und in das Emergency Operations Center, den Bunker unterhalb des Weißen Hauses, gebracht. Dann wurden Milzbranderreger per Post verschickt, und die Bedrohung durch einen möglichen Einsatz von Pockenviren stand im Raum. Charlie und ich besuchten Opfer des Brands im Pentagon und Hinterbliebene der Opfer in New York, darunter auch kleine Kinder, und jeden Morgen las ich in der
Times
die »Portraits of Grief«, jedes einzelne, und sie waren niederschmetternd. Es war eine ungewöhnliche und schwere Zeit, und Charlie und ich steckten mittendrin. Ich zweifle nicht daran, dass es für Charlie und Arnold notwendig war, Härte zu demonstrieren, und dass sie das nicht nur nach außen hin taten, um besonders männlich zu wirken, sondern auch hart zu sich selbst waren, und das zum Vorteil der anderen.
    Trotzdem wächst in mir der Verdacht, dass Charlie diesen Krieg aus demselben Grund weiterführt, aus dem ich mich damals nicht dazu durchringen konnte, in die Damentoilette zurückzugehen, und ich habe sogar Verständnis dafür – nur dass damals im Country Club, als ich pinkeln musste und es nicht tat, ich selbst die Einzige war, die unter meiner Dummheit zu leiden hatte.
     
    Kurz vor unserer Landung auf der Andrews Air Force Base sagte ich zu Jessica: »Es gibt da noch einen Zwischenstopp,den ich einlegen möchte, bevor wir nach Hause fahren. Ich möchte mit Edgar Franklin reden.«
    Jessica machte große Augen. »Jetzt?«
    »Ich verspreche auch, dass das der letzte Programmpunkt ist.«
    »Es ist nur – ich weiß nicht, wie lange du mit ihm sprechen möchtest, aber die Gala beginnt in anderthalb Stunden. Du musst dich so schon in Warpgeschwindigkeit umziehen.«
    »Willst du mir damit sagen, dass du es für keine gute Idee hältst, mich mit ihm zu treffen?«
    »Nein … nein, ich …« Sie brach ab. Wir waren beide schon für die Landung angeschnallt. »Hank wird mir den Kopf abreißen, wenn ich das jetzt sage, aber ich halte es für eine großartige Idee. Ich denke nur, dass morgen ein besserer Zeitpunkt wäre als heute.«
    »Er hat schon fünf Nächte da draußen verbracht. Das reicht.«
    Jessica sah mich einige Sekunden lang nur an, dann sagte sie: »Okay.«
    »Sag es nur den Agenten. Charlie und Hank werde ich gar nicht erst nach ihrer Meinung fragen. Wir wissen beide, dass sie versuchen würden, es mir auszureden.«
    So kam es, dass wir jetzt in einer Kolonne von gepanzerten Limousinen den Suitland Parkway hinunterrasen. (Ich hätte Geländewagen vorgezogen, weil sie etwas weniger protzig aussehen, aber die Limos sind nun mal das, was das Weiße Haus uns geschickt hat. In einem Town Car zu Edgar Franklin zu fahren

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