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Die Frau des Praesidenten - Roman

Die Frau des Praesidenten - Roman

Titel: Die Frau des Praesidenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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hätte.
    Nachdem wir uns voneinander verabschiedet hatten, drehte ich mich um und sah ihm nach, wie er auf die Tribüne zulief, hinter der das Leichathletik- und das Footballfeld lagen: seine hellen Haare, seine nicht zu breiten Schultern, die durch die Schulterpolster breiter wirkten, die goldgelben Härchen an seinen sonnengebräunten Waden, die aus der weit oberhalb des Knöchels endenden Hose herausschauten. Wenn man ein Highschool-Mädchen ist, gibt es nichts Wundervolleres als einen Highschool-Jungen.
    Und trotz meiner Bedenken, die Vergangenheit zu manipulieren, rufe ich mir jedes Mal, wenn ich an Andrews Gefühlen zweifle, wenn ich bezweifle, dass diese Gefühle im Laufe der Zeit gewachsen wären und wir schließlich ein Alter erreicht hätten, in dem sich etwas Ernstes zwischen uns hätte entwickeln können, in Erinnerung zurück, wie er den Anhänger meiner Halskette in der Hand hielt und mich fragte, was das sei. Zweifelsohne war seine Frage nur ein Vorwand, um mich zu berühren. Schließlich wusste doch jeder, was ein Herz ist.
     
    Am gleichen Abend, ich spülte gerade mit meiner Mutter das Geschirr, klopfte es an der Vordertür. Mein Vater und meine Großmutter spielten im Wohnzimmer Scrabble, und ich hörte, wie mein Vater die Tür öffnete und sagte: »Hallo, hereinspaziert, Dena.«
    »Frag sie, ob sie ein Stück Pfirsichkuchen möchte«, sagte meine Mutter, woraufhin Dena beim Betreten der Küche erwiderte: »Nein danke, Mrs. Lindgren. Wir haben auch gerade gegessen.« Dann formte sie mit den Lippen stumm die Worte:
Ich muss mit dir reden
.
    »Mom, kann ich gehen?«, fragte ich.
    Kaum waren wir oben in meinem Zimmer, verschränkte Dena die Arme vor der Brust und sagte: »Solltest du es drauf anlegen, mit Andrew zusammenzukommen, werd ich dir das nie verzeihen.«
    Ich schloss die Tür hinter uns und setzte mich in die Ecke in den Schaukelstuhl. Dena lehnte an der Kommode.
    »Andrew ist nicht mein Freund«, sagte ich.
    »Aber du willst, dass er es wird. Nancy hat dich nach der Schule vor der Bücherei mit ihm flirten sehen.«
    Wie hätte ich das leugnen sollen? Ich hatte es in jenem Moment doch selbst bemerkt.
    »Und ich weiß, dass ihr auf dem Abschlussball miteinander getanzt habt.«
    »Ich wusste nicht, dass du ihn noch magst«, sagte ich.
    »Darum geht es gar nicht. Wenn du meine Freundin bist,dann nimmst du mir einen Jungen, der mal zu mir gehört hat, nicht weg.«
    »Dena, Andrew ist doch kein Paar Schuhe.«
    »Dann stimmt es also, dass du hinter ihm her bist?«
    Ich schaute weg.
    »Ich könnte ihn mir jederzeit zurückholen, wenn ich wollte«, sagte sie. »Er liegt mir noch immer zu Füßen.«
    Ich dachte an meine Unterhaltung mit Andrew am Mittag und hielt das für unwahrscheinlich, doch ich unterschätzte Dena nicht – sie hatte ihre Fähigkeit, Andrew den Kopf zu verdrehen, bereits unter Beweis gestellt.
    Vorsichtig sagte ich: »Du hattest seit zwei Jahren keine Verabredung mehr mit ihm, und jetzt gehst du mit Robert. Du erwähnst Andrew nicht einmal mehr.«
    »Du meinst also, ich sollte jeden Tag etwas sagen wie ›Ich frage mich, was er wohl gerade macht! Hmm, hoffentlich ist Andrew auch glücklich!‹ … Ist es das, was du von mir hören willst?« Ihre Wangen hatten sich vor Wut rot verfärbt, und mir wurde klar, dass sie es ernst meinte, sich vollkommen im Recht fühlte.
    »Dena,
du
hast ihn mir weggenommen! Und das weißt du auch. In der sechsten Klasse hast du ihm diesen blöden Zettel geschrieben, und obwohl darauf stand, dass er mich mag, hast du ihn dazu gebracht, dein Freund zu werden. Was glaubst du eigentlich, wie ich mich die ganze Zeit gefühlt habe? Aber ich bin deine Freundin geblieben, und jetzt bin ich an der Reihe.«
    Dena funkelte mich an. »Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus«, sagte sie wütend. »Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib, Sklaven oder Sklavin, Rind oder Esel oder sonst etwas, das deinem Nächsten gehört.«
    Ich hatte Denas Frömmigkeit nie richtig getraut – die Janaszewskis waren zwar katholisch, doch ich wusste, dass sie nur sporadisch in die Kirche gingen. »Ich bin nicht mehr des Begehrens schuldig als du.«
    Dena machte einen Schritt in Richtung Tür, doch bevor sie ging, warf sie mir einen letzten bösen Blick zu. »Du undAndrew, ihr seid beide gleich«, sagte sie. »Ihr seid beide ruhig, aber selbstsüchtig.«
     
    Der De Soto Way führt in nördlicher Richtung aus Riley hinaus und kreuzt etwa acht Kilometer außerhalb der

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