Die Frau des Praesidenten - Roman
ein altes Klavier. Vom Flur führte eine Holztreppe mit glänzendem Geländer nach oben, doch wir nahmen eine andere, enge, mit Teppich ausgelegte Treppe, die von der Küche abging. Oben waren zwei Türen, eine geschlossene und eine offene, und in dem Zimmer, dessen Tür offen stand, sah ich die bisher erste Lampe brennen. Der Raum war klein, mit einer großen Kommode, einem kleinen Schreibtisch, einem Einzelbett (es war nicht gemacht, die weißen Laken und die braune Decke lagen zerwühlt am Fußende, auf der Matratze lag aufgeklappt, mit dem Rücken nach oben, ein Taschenbuch) sowie einem Nachttisch, auf dem die Lampe und ein Aschenbecher standen.
Pete setzte sich auf das Bett, während ich im Türrahmen stehen blieb und auf das Buch deutete: »Das lese ich auch gerade.« Es war
Wer ist John Galt?
.
»Es ist gut, aber zu lang«, sagte er.
»Ja, ich würde auch nicht sagen, dass es mein Lieblingsbuch ist.«
Er sah mich wortlos an. Dann klopfte er auf den Platz neben sich und sagte: »Warum kommst du nicht zu mir rüber?«
Ich schluckte und trat auf ihn zu. Es soll an dieser Stelle auf keinen Fall unerwähnt bleiben, dass ich für das, was nun passierte, mitverantwortlich war – ich war ihm ins Haus und die Treppe hinauf gefolgt. Nichts davon war geplant, doch ich war mitverantwortlich. Ich setzte mich neben ihn, und es dauerte kaum eine Sekunde, da presste er seinen Mund auf meinen, seinen hungrigen, aufdringlichen, feuchten, säuerlich schmeckenden Mund, den er derart verzweifelt bewegte, dass es kaum Küssen genannt werden konnte. Es vergingen nur wenige weitere Sekunden, bis er mit seinen Fingern fest meine rechte Brust umschloss, sie drückte und locker ließ und wieder drückte. Obwohl sein Verlangen größer war als meins, er stärker war und darüber hinaus schon kein Hemd mehr trug, hatte ich keine Angst. Stattdessen spürte ich, wie eine gewaltige Last von mir abfiel. In diesen wenigen Wochen seit dem verhängnisvollen Unfall hatte ich derart verzweifelt nach Halt gesucht, hatte versucht, die ersten kleinen Schritte in Richtung Wiedergutmachungzu tun und mich so zu verhalten, wie es von mir erwartet wurde, und nun unterwarf ich mich einfach. Niemand starrte mich an, sprach über mich oder stellte mir vorsichtige Fragen, niemand verurteilte mich oder war rücksichtsvoll. Ich wurde von einem anderen Menschen um etwas gebeten, etwas Falsches, und ich war in der Lage, es ihm zu geben.
Er griff mir unter die Bluse und unter den BH, und da ich befürchtete, die Knöpfe könnten abplatzen, öffnete ich sie selbst. Als ich obenrum nackt war, drückte er mich auf die Matratze, setzte sich rittlings auf mich und vergrub sein Gesicht zwischen meinen Brüsten, presste sie an seine Wangen und saugte an meinen Brustwarzen. Seine Bartstoppeln scheuerten nicht unangenehm über meine Haut. Je mehr er nach mir griff und sich auf mir bewegte, desto unstillbarer schien sein Verlangen zu werden. Er zog mir Hose und Unterhose auf ein Mal aus – ich trug Jeans, die er zunächst aufknöpfte – und war nun bis auf meine weißen Söckchen mit Spitzenrand nackt. Er riss mich nach oben, warf mich auf den Bauch, und als er sagte: »Nein, du sollst auf die Knie gehen«, waren das die ersten Worte, die in den vergangenen Minuten gesprochen wurden. Ich habe nie jemandem davon erzählt und würde es auch nie. Und heute, in einer Zeit, in der neunzehnjährige Mädchen zur Unterhaltung der männlichen Zuschauer in Talkshows miteinander rumknutschen oder Frauen im Fernsehen nur mit Stringtanga-Bikinis bekleidet und mit fröhlich auf und ab wippenden Silikonbrüsten in dampfende Badewannen steigen – in Zeiten wie diesen wäre vielleicht niemand wirklich schockiert. Doch wir hatten 1963, ich war eine Zwölftklässlerin aus der Highschool und hatte weder von dieser Stellung noch den vulgären, wenn auch überaus treffenden Begriff
Hündchenstellung
je gehört. Ich hatte keine Ahnung, was Pete und ich da machten, war mir noch nicht einmal sicher, ob das überhaupt
Sex
war, doch als er sich nach minutenlangen Stoßbewegungen in mir ergoss, wusste ich, es war Sex. Er drückte mit der Hand seitlich gegen meinen Oberschenkel und gab mir so zu verstehen, dass ich mich hinlegen sollte. Dann legte er sich flach auf mich, und ich fühlte seine klebrige Erektion zusammenschrumpfen.
In dieser Position, beide mit dem Gesicht zur Matratze, verharrten wir. Sein Kopf lag über meiner linken Schulter, direkt neben meinem, seine Brust ruhte auf
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