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Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Tan
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Langwarden eindeutig nicht gegeben. Die beiden Boten mussten weiterziehen.
    Auch wenn Bodo und Vater Nicolaus auf die Mithilfe und Redebereitschaft der Friesen und der ortsansässigen Geistlichen angewiesen waren, mussten sie vorsichtig vorgehen. Sie durften nicht zu viel erzählen, denn schließlich war die Grenze zwischen dem von dem Domkapitel und den Bürgermeistern übertragenen Auftrag und der Absprache mit ihren geheimen Auftraggebern fließend. Bis zu einem gewissen Punkt verfolgten beide Aufträge zwar das gleiche Ziel, nämlich Albert von Holdenstede aufzufinden, doch in der Frage, wie dann zu verfahren sei, unterschieden sie sich gewaltig voneinander. Die einen wollten Albert lebend, die anderen tot!
    Um vielleicht mehr über Alberts Verbleib zu erfahren, mussten Bodo und Nicolaus weiterziehen. Möglicherweise gab es in anderen Küstenstädten Rüstringens Hinweise auf Überlebende. Ihr nächstes Ziel war Burhave.
    Thiderich hätte nicht sagen können, wie weit er mit dieser mörderischen Geschwindigkeit geritten war. Er wusste nur, dass er irgendwann angefangen hatte, Millie stumm anzuflehen, endlich stehen zu bleiben. Obwohl er den gerissenen Zügel sogar zu fassen bekommen hatte, war es ihm einfach unmöglich gewesen, sie damit anzuhalten. Das zusätzliche Antreiben seinerseits am Anfang der Strecke hatte sie dazu gebracht, vollkommen kopflos durchzugehen. Sie war nun in Panik und ließ ihrem Fluchtinstinkt freien Lauf. Als er sich bereits mit dem Gedanken angefreundet hatte, einfach loszulassen und sich im Galopp abzuwerfen, wurde Millie endlich langsamer. Stark hustend und prustend fiel sie zunächst in einen sanften Trab und dann irgendwann in einen gemächlichen Schritt.
    Thiderich löste seine verkrampften Hände aus der Mähne und rutschte erleichtert von Millies Rücken. Er hatte ihr wohl einige kleine Haarbüschel ausgerissen, denn noch immer fühlte er Mähnenhaare zwischen seinen Fingern. Zittrig griff er nach den Zügeln und band sie an den nächsten Baum, wo auch er seinen weichen Knien nachgab. Er war vollkommen erschöpft und musste sich dazu zwingen, ruhiger zu atmen.
    Der erste Kontakt mit den Bewohnern Frieslands war gründlich misslungen. Ihm wurde klar, dass er wohl zu entspannt an die Sache gegangen war und dass Fremde nicht allerorts warmherzig begrüßt wurden. Nach einem Grund dafür suchend, probierte er sich an die Worte seines Oheims zu erinnern. Von ihm wusste Thiderich, dass die heidnischen Friesen nicht alle von der Christianisierung überzeugt waren und einige sich den langen Armen der Missionare noch immer geschickt entzogen. Heyno hatte ihn davor gewarnt, doch das war anscheinend eine der Sachen, die er gar nicht erst hatte hören wollen oder tatsächlich nach kurzer Zeit verdrängt hatte. Jetzt fiel sie ihm wieder ein, und er schalt sich einen Narren. In Zukunft musste er vorsichtiger sein, sagte er zu sich selbst. Doch jetzt galt es erst einmal, irgendwie über die Weser zu gelangen. Die Münzen, die er dem Prahmführer gegeben hatte, waren fort und rissen ein großes Loch in seine Reisebörse, aber aufzugeben war nicht seine Art. Thiderich war sich sicher, dass er eine andere Möglichkeit finden würde, um über den Fluss zu kommen. Bedauerlicherweise würde ihm die Suche nach diesem Weg viel seiner kostbaren Zeit kosten.
    Nachdem er einen kleinen innerlichen Kampf erfolgreich ausgefochten hatte, ob er sich noch einmal auf Millie wagen könnte, knotete er nun doch die gerissenen Zügel zusammen, stieg wieder auf und ritt am Weserufer entlang Richtung Süden.
    Einige Bauern kreuzten seinen Weg, und Thiderich meinte irgendwann an ihrer Sprache hören zu können, dass er sich wieder vom Friesenland entfernte. Manche verstand er gut, wieder andere gar nicht.
    Es machte ihn schier verrückt, nun zwanghaft in die falsche Richtung reiten zu müssen und nicht zu wissen, wo er sich befand. Als er eine Gruppe Frauen mit Eimern und Tonkrügen an einer flachen Stelle des Flusses traf, fragte er sie nach dem Namen dieser Gegend. Mit skeptischem Blick antworteten die Weiber, dass sie Stedinger Bauern seien und dass er sich auf dem Stedinger Land befand. Niemals zuvor hatte Thiderich von Stedingen gehört. Auf seine Nachfrage nach einer Möglichkeit der Flussüberquerung deuteten die Frauen in Richtung Süden.
    Den ganzen restlichen Tag lang ritt er am immer schmaler werdenden Fluss entlang, jedoch ohne eine Möglichkeit zum Übersetzen zu finden. Wäre die Weser nicht so breit

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