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Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Tan
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anderen. Folgsam übergab sie ihrem Mann das gesuchte Gewand aus edelsten Stoffen. Es war wahrlich ein prächtiges Stück. Immer wieder war Agatha von dem Können ihres Gemahls überwältigt. Auch wenn diese Arbeit eigentlich viel zu schade für den schwammigen Körper Symons war, ging sie ihrem Ehemann dennoch mit gelenken Griffen zur Hand und half dem ungeliebten Kunden, in seine neuen Kleider zu steigen.
    Um Symon währenddessen zu unterhalten, fing Voltseco wie immer an, mit ihm zu plaudern.
    Agatha hingegen hatte zunächst nur Augen für Jacob von Alevelde, der noch immer den teuren blauen Seidenstoff beschmutzte. Als ihre Blicke sich zufällig trafen, schaute sie ihn so unsagbar böse an, dass er in seiner Bewegung erstarrte. Endlich ließ er von den Stoffen ab.
    Erst danach bemerkte Agatha, in welche Richtung sich das überaus interessante Gespräch der beiden Männer entwickelte. Unauffällig, aber beschäftigt wirkend, nestelte sie weiter an Symons Gewand herum. Sie versuchte sich möglichst still zu verhalten, um nicht doch noch von ihrem Mann hinausgeschickt zu werden, bevor sie das Ende des Gesprächs mitangehört hatte.
    Die Worte Symons klangen über alle Maßen überheblich. »Tja, und nachdem die Dame Ragnhild ja offenbar verrückt geworden zu sein scheint, sind Conrad von Holdenstede und ich uns eben anderweitig handelseinig geworden.« Niemals hätte er zugegeben, dass er damals, voll des Weins, wie ein weinerliches Kind an Conrads Tür gepocht hatte, um seine versprochene Braut einzufordern. Er wollte unbedingt allerorts den Eindruck hinterlassen, dass er sich wie ein echter Kaufmann gegen Conrad durchgesetzt hatte. Auch wenn der neu geschlossene Pakt ganz und gar nicht zu seiner vollsten Zufriedenheit war, da er selbst schlussendlich ohne eine Braut dastand, war er dennoch nicht ganz leer ausgegangen.
    Voltseco schien zwar, im Gegensatz zu Agatha, kein gesteigertes Interesse an der Geschichte zu haben, doch er fragte dennoch höflich weiter, um das Gespräch am Laufen zu halten. »Hört, hört. Da spricht der kluge Handelsmann. Was für eine Vereinbarung ist das, die Ihr mit Conrad von Holdenstede getroffen habt?«
    Wichtigtuerisch fing Symon an sich zu räuspern, bevor er fortfuhr. »Conrad von Holdenstede versprach mir die Hand seiner Tochter für meinen Sohn. Sobald sie das heiratsfähige Alter erreicht hat, wird sie Jacob zur Braut gegeben. Auch wenn sie mit ihrem dänischen Blut eigentlich eine Verbindung unter Standes ist, wird sie mir doch die Bande zu den von Holdenstedes sichern.«
    Agatha konnte ihren Schock kaum verbergen und musste sich kurzerhand von den Männern wegdrehen. Auch wenn es überhaupt nicht unüblich war, bereits kleine Mädchen und Jungen einander zu versprechen, bevor sie das heiratsfähige Alter erreicht hatten, stellte sich die Situation hier noch etwas anders dar. Agatha konnte es nicht mit Gewissheit sagen, doch irgendwie fühlte sie, dass Ragnhild von dieser Vereinbarung nichts wusste. Wie sie ihre Freundin kannte, wäre sie mit dieser Verbindung niemals einverstanden gewesen. Zum einen wäre diese Ehe, auch wenn Symon von Alevelde dies ja ganz offensichtlich genau andersherum sah, eine Verbindung weit unter Runas Stand, und zum anderen war Jacob ein schrecklicher Junge. Keine Mutter wünschte sich diesen dümmlichen Fettwanst als zukünftigen Ehemann der eigenen Tochter. Auch wenn bei der Wahl eines Gemahls in der Regel keine Rücksicht auf gutes Aussehen oder wahre Liebe gelegt wurde, achteten die Eltern einer Tochter zumeist wenigstens darauf, einen Gemahl mit entsprechendem Ansehen zu bekommen. Jacob von Alevelde bot gar nichts von alledem.
    Voltseco bekam von dem Schrecken seiner Frau gar nichts mit. Auch schien ihm nichts an dem Gesagten ungewöhnlich zu sein, sodass er bedenkenlos weiterplauderte. »Wie erfreulich für Euch. Ihr habt wahrhaft schlau verhandelt. Die Geschichte der Dame Ragnhild ist ja auch wirklich tragisch!« Voltseco war offensichtlich in die Betrachtung seiner Arbeit vertrieft. Wie auswendig gelernt leierte er seine Worte herunter, während er prüfend um seinen Kunden herumlief. Dann schien er sich jedoch seines Anstands zu besinnen und wandte sich zu Symons Sohn um. »Ich beglückwünsche dich zu deiner Braut, Jacob von Alevelde.«
    Der Angesprochene starrte den Schneider zunächst nur hohl an. Ganz offensichtlich hatte er nicht richtig zugehört. Dann jedoch erhellte sich sein stumpfer Blick, und er erwiderte: »Danke, Schneider. Wenn

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