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Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Tan
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was den Rest ihres Körpers für ihren Mann zu einer willkommenen Angriffsfläche machte.
    Jacob saß zufrieden auf einer Bank an der Feuerstelle und lauschte ungerührt dem Gepolter und Geschreie. Er konnte sich nicht entsinnen, dass sein Vater jemals die Hand gegen Ragnhild erhoben hätte – bis heute. Seine Erinnerungen an die Zeit, da er noch in diesem Hause gelebt hatte, waren präsenter denn je. Immerzu hatte sein Vater die Stiefmutter vor ihm in Schutz genommen. Selten hatte er eine der zig erfundenen Geschichten seines Sohnes über Ragnhild ernst genommen. Meistens schenkte er Jacob weder Glauben noch Gehör, und fast jedes Mal musste er sich hinterher eine Rede über den gebotenen Respekt seiner Stiefmutter gegenüber anhören. Das alles hatte Jacobs Hass nur noch mehr geschürt. Er wusste, dass sein Vater Ragnhild liebte und dass der Gedanke, sie könnte Albert noch immer lieben, ihn fast verrückt machte.
    Nun endlich hatte er geschafft, was er all die Jahre vergeblich versucht hatte. Sein Vater schlug Ragnhild, und er glaubte seinem Sohn. Endlich würde er die Gunst des Vaters wieder zurückbekommen.

2
    Thiderich und Walther kannten ihren Freund Albert wie sonst keiner. Ein einziger Blick auf ihn hatte genügt, um zu wissen, dass er heute auf Ragnhild gestoßen war.
    An solchen Tagen griff er häufig zum Wein. Heute allerdings schien es besonders schlimm um ihn bestellt zu sein. Nach kürzester Zeit konnte Albert sich kaum noch aufrecht halten. Nur deshalb offenbarte er seine geheimen Gedanken, die er sonst niemals laut ausgesprochen hätte. Die beiden Männer waren die Einzigen, vor denen er sich derart gehen ließ.
    »Ich sage euch, Symon sperrt sie ein. Sie ist nicht sein Eheweib, sondern seine Gefangene!«
    »Albert, du musst aufhören, an Ragnhild zu denken«, riet Thiderich mit sanfter Stimme, doch er wusste schon jetzt, dass seinem Freund nicht gefallen würde, was er gesagt hatte.
    »Sag du mir nicht, was ich tun soll! Du hättest sehen sollen, wie Jacob von Alevelde sie heute angefasst hat. Das nächste Mal werde ich ihm einfach die Zähne …«
    »Gar nichts wirst du tun«, warf nun Walther ein. »Du musst sie endlich vergessen, hörst du? Das hat doch keinen Sinn, Albert!«
    Wütend blickte der Betrunkene zu seinem jüngeren Freund herüber. »Was weißt du denn schon über Weiber?«
    Walther blieb eine Weile lang stumm. Oft wurde Albert unredlich, wenn er soff, doch irgendwie hatte er ja auch recht. Im Gegensatz zu Thiderich und Albert war er noch immer unverheiratet. Sosehr ihn seine Freunde in den letzten Jahren auch gedrängt hatten, sich endlich eine Frau zu nehmen – Walther schien auf den Ohren taub und auf den Augen blind zu sein. Keine Dame, sei sie auch noch so schön, konnte sein Herz erobern, und mit den Jahren wurden seine Freunde stutzig. Zwar dichtete Walther über die Liebe und besang die feinen Damen mit den schönsten Worten, doch keine von ihnen schien ihm zu genügen.
    Sie konnten nicht wissen, dass er sein Herz bereits vor langer Zeit vergeben hatte. Dieser einen Dame gehörte seine ganze Liebe. Für sie waren seine Dichtungen in Wahrheit gedacht, und nur sie besang er tatsächlich, sobald er die Lippen öffnete. Doch kein noch so lieblicher Gesang und kein noch so werbendes Gedicht würden jemals Wirkung zeigen. Auch wenn er sie häufig sah, ihren Duft vernahm und ihre Stimme hörte, war sie dennoch unerreichbar. Walther würde sich damit abfinden müssen.
    »Du solltest nichts im Suff sagen, was du morgen schon bereust, Albert«, sagte Walther ruhig. »Ich habe vielleicht noch keine Braut heimgeführt, doch du dafür schon die zweite. Und an diese solltest du jetzt auch denken – an Alheidis!«
    Albert schaute in seinen leeren Krug. Selbst in diesem Zustand wusste er, dass Walthers Worte sein Problem genau betitelt hatten. Zu viele Jahre waren vergangen, als dass er noch über sie reden oder nachdenken sollte. Ragnhild war seit langer Zeit die Frau eines anderen Mannes. Sie hatte zwei Söhne mit Symon, und auch Albert und Alheidis selbst waren im Jahr nach ihrer Hochzeit mit einem Mädchen gesegnet worden. Nachdem eine erneute Schwangerschaft seiner Frau lange ausgeblieben war, war sie nun abermals guter Hoffnung. Jeden Tag konnte es so weit sein – und unter diesen Umständen war es sogar noch ungebührlicher, über Ragnhild zu sprechen.
    Das Ereignis auf dem Markt hatte Albert bis nach Hause auf die Grimm-Insel verfolgt. Den ganzen Heimweg lang musste er sich

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