Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Tan
Vom Netzwerk:
ausgeht. Erzähle du mir lieber, was wir nun machen«, fragte Luburgis aufgebracht.
    »Das lass mal meine Sorge sein, Weib. Dein Gezeter bereitet mir Kopfschmerzen. Im Gegensatz zu dir habe ich mir bereits vor langer Zeit überlegt, was ich tun werde, wenn …«
    Mitten im Satz unterbrach Alberts Erscheinen den Redefluss Conrads. Er und seine Frau starrten ihn mit offenen Mündern an. Keiner sagte ein Wort.
    Dann war es schließlich Luburgis, die als Erste ihre Stimme wiederfand und unsinnigerweise fragte: »Albert … was tust du denn hier?«
    »Ich komme unter anderem, um dir meinen Dank auszusprechen, Schwägerin.« Seine Worte waren schlicht, aber wohlüberlegt. Jeder um Luburgis herum wusste, wie sehr sie sich ein Kind wünschte. Albert hatte nicht vor, sie zusätzlich mit langen Reden zu kränken.
    Wie erwartet, wusste sie nichts darauf zu sagen. Sie murmelte nur einen unverständlichen Dank vor sich hin, um gleich darauf in gewohnt barschem Ton bekanntzugeben: »Nun, ich habe keine Zeit, hier herumzustehen und zu plaudern. Die faulen Mägde arbeiten schließlich nicht von allein.« Ohne eine Antwort der Männer abzuwarten, rauschte sie an ihnen vorbei.
    Albert kam gar nicht dazu, etwas darauf zu erwidern. Ehe er sich versah, wurde er von seinem Bruder an den Schultern gefasst.
    »Was für ein Geschenk Gottes! Zwillinge, und dann auch noch zwei Jungen. Ich beglückwünsche dich, Bruder. Du musst heute tatsächlich der glücklichste Mann der Stadt sein. Wir sollten heute Abend darauf trinken.«
    Nach einem Moment der Verwunderung über die überraschend ehrlich klingende Anteilnahme seines Bruders war Albert in Gedanken sofort wieder bei seinen neu gewonnenen Vaterfreuden. Nur zu gern verdrängte er die sonst immer schwelenden brüderlichen Zwistigkeiten. »Danke, Conrad. Du hast ja so recht, es ist wahrhaftig ein Geschenk Gottes. Gern erhebe ich heute meinen Becher mit dir.« Wahrlich froh und lächelnd verließ er mit Conrad den Lagerraum.
    Ragnhild war sehr erschöpft. Viel erschöpfter, als sie es nach der Geburt Runas gewesen war. Fast kam es ihr so vor, als bedurfte das Zurweltbringen von Zwillingen nicht nur doppelt so viel Mühe, sondern mindestens drei- oder viermal so viel. Die Anstrengungen forderten unerbittlich ihren Tribut, und sie versuchte erst gar nicht, sich dagegen zu wehren. Trotz Hildas Hilfe war die erste Nacht mit den Zwillingen anstrengend gewesen. Nachdem der herbeigerufene Priester wie üblich die Kinder sofort nach der Geburt getauft hatte, damit die kleinen Seelen im Falle eines frühen Todes ins Himmelreich kamen, hatten die Jungs noch lange geweint. Jetzt endlich lagen sie da wie kleine Engel.
    Auch wenn Ragnhild ihr Glück gern ununterbrochen mit einem ihrer Lieben geteilt hätte, war sie nun doch froh über die Ruhe, die sie jetzt umgab. Wie von selbst stimmte sie langsam in das gleichmäßige Atmen ihrer Kinder mit ein; immerzu schlossen sich ihre schweren Lider. Gleich würde der geruhsame Schlaf, den sie so dringend brauchte, über sie kommen.
    Doch plötzlich riss sie ihre rot geränderten Augen wieder auf. Schlagartig war es ihr wieder eingefallen. Bei all der Aufregung hatte sie tatsächlich vergessen, Albert von dem belauschten Gespräch zwischen Conrad und Luburgis zu erzählen! Kein Wunder. Wer dachte während einer Geburt auch schon an so was? Dennoch konnte Ragnhild sich des Gedankens nicht entledigen. Erwartungsvoll starrte sie eine Weile lang zur Tür. Sie hoffte, dass Albert vielleicht auf einen morgendlichen Gruß zu ihr kommen würde, damit sie ihm alles erzählen konnte, doch er kam nicht. Sehr wahrscheinlich würde niemand mehr so bald zu ihr kommen, schließlich war Hilda gerade erst da gewesen, um die Kinder zu wickeln, und nun vermutete sie wahrscheinlich jeder in einem tiefen Schlaf.
    Einen kurzen Moment lang überlegte Ragnhild, ob sie sich einfach aus dem Bett erheben und zu ihm gehen sollte, doch sie sah sich einfach außerstande, auch nur einen Fuß vor den anderen zu setzen. Außerdem hätten diese Bewegungen sicher auch noch die Kinder geweckt. Nein, sie musste warten, und vor allem musste sie versuchen, sich zu beruhigen. Vielleicht hatte das Ganze ja auch gar nichts Schlimmes zu bedeuten. Spätestens gegen Abend würde Albert wieder zu ihr kommen, und dann würde sie ihm alles erzählen.
    Fest entschlossen, ihr Geheimnis nur noch diese Stunden zu wahren, sank sie zurück in die Laken. Wenige Augenblicke später lag sie ruhig atmend und mit

Weitere Kostenlose Bücher