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Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Tan
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ersten verstorbenen Bruder? Er trägt dasselbe dunkle Haar, wie er es hatte.«
    Ragnhild nickte, ohne den Blick von dem Kind zu nehmen, welches soeben benannt wurde. »Das ist eine schöne Idee. So soll es sein. Und was ist mit unserem Zweitgeborenen?«
    »Er soll den Namen meines jüngeren verstorbenen Bruders bekommen. Johannes«, schlug Albert feierlich vor.
    »Wenn du es so wünscht, dann bin ich einverstanden«, versicherte Ragnhild. »Es hätte deiner Mutter Mechthild gefallen.« Danach schien all ihre Kraft verbraucht zu sein. Immer wieder fielen Ragnhild die Augen zu.
    Albert bemerkte es und erhob sich langsam. Fassungslos vor Glück konnte er sich kaum von den Säuglingen abwenden. »Johannes und Godeke, meine Söhne«, sagte er noch ein letztes Mal zu sich selbst und besiegelte das Gesagte mit einem Abschiedskuss auf Ragnhilds Stirn. »Ich denke, ich werde euch drei jetzt besser allein lassen. Soll ich Hilda noch einmal zu dir schicken, damit sie dir mit den Kindern hilft?«
    »Nein, das ist nicht nötig. Ich denke, wir werden jetzt alle ein wenig schlafen. Geh du nur«, war ihre erschöpfte Antwort.
    Auf leisen Sohlen verließ er die Kammer. Erst als er die Tür hinter sich schloss, bemerkte er, wie warm es drinnen durch das Kohlebecken gewesen war. Es fröstelte ihn plötzlich, doch er schenkte dem Gefühl keine Beachtung. Das große Glück und die tiefe Zufriedenheit über die Geburt seiner beiden Söhne schienen ihn von innen heraus zu wärmen.
    Um Ragnhild nicht zu stören, hatte Albert des Nachts mit der hölzernen Bank in der Stube vorliebgenommen. Doch ganz gleich, wie hart seine Bettstatt war, das Erwachen am Morgen war süß und wohlig. Er hatte zwei Söhne!
    Beschwingt erhob sich Albert von der Bank und schritt die Stiegen hinab in die Diele. Er wollte Conrad aufsuchen und mit ihm auf die Gesundheit seiner Kinder anstoßen. Auch wenn sie sich oft uneins waren; heute sollten sie die Zwistigkeiten ruhen lassen. Ebenso wollte er Luburgis seinen Dank aussprechen. Trotz ihrer harschen Worte und der eher unterkühlten Anteilnahme hatte sie dennoch dazu beigetragen, dass er nun zwei weitere gesunde Kinder hatte.
    Zielstrebig steuerte Albert auf das Lager des Hauses zu. Hier würde er seinen Bruder mit Sicherheit finden, denn gerade heute Morgen sollte eine Wagenladung mit edlen Stoffen den Hafen verlassen und das Kaufmannshaus der von Holdenstedes erreichen. Geschickt bahnte er sich einen Weg durch die hindernisartig aufgestellten Kisten, Säcke und Tuchballen. Es roch nach den verschiedenen Färbemitteln und der typischen Muffigkeit eines Lagers; nach ebenjenen Gerüchen, welche diesem Haus schon seit jeher anhafteten.
    Albert konnte nicht mehr zählen, wie oft er die Ankunft, das Überprüfen und das Abladen von Ware bereits miterlebt hatte. Seit er ein Junge war, schienen diese Vorgänge ihm so vertraut wie kaum eine andere Handlung. Er und sein Bruder hatten immer gern dabei zugesehen. Jeder Fuhrwagen war eine Überraschung für sie – schließlich wusste man nie so genau, was einen erwartete. Alle Stoffe unterschieden sich in Farbe und Qualität. Schnell lehrte sie der Vater, sie alle auseinanderzuhalten. Seit seiner Kindheit hatten ihn diese Erinnerungen mit erwartungsvoller Vorfreude erfüllt, immer dann, wenn er die kleine Halle betrat. Doch seitdem Conrad nach dem Tod des Vaters die Führung der Geschäfte übernommen hatte, herrschte im Haus ein anderer Ton – und somit auch eine andere Stimmung. Die schönen Erinnerungen verblassten immer mehr und wurden zu schmerzlichen Zeugen einer glücklichen Vergangenheit. Inzwischen mied Albert diesen Bereich des Hauses, sodass es heute sicher das erste Mal seit vielen Tagen war, da er das Lager aufsuchte.
    Schließlich hörte er die erwarteten Stimmen. Sie kamen aus dem hinteren Bereich des Raums, und er steuerte direkt darauf zu. Es waren die Stimmen von Conrad und Luburgis. Sie stritten; wie so oft.
    Normalerweise hätte Albert jetzt auf der Stelle kehrtgemacht, doch nicht so heute. Es war ihm egal, ob er die Eheleute bei einer ihrer zig Auseinandersetzungen unterbrach. Nichts konnte wohl gerade wichtiger sein als die Geburt seiner beiden Söhne. Die Streithähne bemerkten das Näherkommen Alberts nicht und wähnten sich allein. Ihre Stimmen wurden lauter.
    »Deine Ränke haben nichts bewirkt, Weib. Stattdessen haben wir nun ein doppeltes Problem.«
    »Sie ist wie befohlen zum Rövekamp gegangen. Konnte doch keiner ahnen, dass es trotz allem so

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