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Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Tan
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weiß, wie ernst es mir ist.«
    »Sicher«, war die knappe Zustimmung Willekins, der Conrad gut verstehen konnte. Mit einem abwertenden Unterton legte er nach und sagte: »Es ist mir absolut schleierhaft, wie es dieser Voltseco zu so viel Geschäftigkeit bringen konnte. Wie häufig war er bereits kurz davor, durch seine Unbedachtheit all seine Habe zu verlieren? Ohne Helpwin und Thedo wäre er wahrscheinlich schon zu etlichen Strafen verurteilt worden. Die Hamburger Damen allerdings scheinen ihm und seinen Künsten blind erlegen zu sein.«
    Conrad und Albert wussten genau, dass mit Künsten zum einen seine Schneiderkunst, doch zum anderen auch seine überzogen galante Art gegenüber den Damen gemeint war. Voltseco war ein gut aussehender Mann, und sein Ruf war, zum Leidwesen seiner Gattin, berüchtigt. Dies verhalf ihm nicht selten zu unüblichen Zahlungsvereinbarungen.
    Als Mitglied des Rates wusste Conrad von einigen Fällen im Zusammenhang mit dem Gewandschneider, die wahrhaft Aufsehen erregt hatten. So hatte die Frau des Apothekers ihm beispielsweise Aufschub einer Schuld gewährt, bis Gott ihm einen so großen Gewinn an seinen Gütern schenkte, dass er sie bezahlen könne . So etwas hatte es zuvor noch nicht gegeben.
    Albert rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her und überlegte krampfhaft, wie er das Gespräch von Voltseco wieder auf sich lenken konnte. Warum kam Conrad nicht endlich zur Sache?
    Als hätte dieser seine Gedanken erraten, sah er seinen Bruder plötzlich an und sagte: »Nun zu dir, Bruder.«
    Albert richtete sich in seinem Stuhl auf und versuchte sich nicht anmerken zu lassen, dass sein Mund staubtrocken vor Aufregung war.
    »Ich habe beschlossen, noch dieses Jahr eine Kogge nach Flandern zu schicken, um weiteres Tuch für den Winter zu kaufen. Voltseco hat meine Vorratsräume regelrecht geplündert, und ich will nicht über den Winter ohne Ware dastehen. Die Geschäfte blühen, und ich habe bereits mehrere Anfragen der anderen Schneider ablehnen müssen. Der Herbst war bisher mild und verspricht einen ebenso milden Winter. Ich denke, dass es zu schaffen ist, noch weit vor dem Weihnachtsfeste wieder zurück zu sein«, schloss Conrad und schob sich ein großes Stück der mittlerweile erkalteten Gans in den Mund.
    In Alberts Kopf schwirrten die Gedanken. Was hatte das zu bedeuten? Dann durchzuckte es ihn wie ein Blitz. »Du willst doch nicht wirklich, dass ich dieses Schiff begleite?«
    »Doch, das war mein Gedanke. Du wirst die Kogge als mein Nuntius nach Flandern begleiten und das benötigte Tuch noch vor dem Weihnachtsfeste nach Hamburg bringen. Mit diesem Auftrag wirst du dir als Kaufmann einen Namen in Hamburg machen. Ich gebe dir hiermit eine gute Möglichkeit, dich zu beweisen, bevor du im November fünfundzwanzig wirst und du dein Erbe ausgezahlt bekommst.«
    Albert wollte seinen Ohren nicht trauen. Er hatte mit fast allem gerechnet, aber nicht damit, wochenlang fortgehen zu müssen. Auch wenn Conrads Worte eigentlich keinen Widerspruch erlaubten, entgegnete Albert dennoch etwas. »Dieses Unterfangen klingt wahnsinnig, Conrad. Es ist bereits Mitte Oktober, und die ersten Schiffe verlassen Hamburg schon zur Winterlage. Auch wenn es ein milder Herbst war, bedeutet das nicht, dass die Seewege um diese Zeit im Jahr auch eisfrei sein werden. Der Weg nach Flandern dauert zu dieser Zeit bestenfalls zwei bis drei Wochen, wenn nicht länger, und die Nordsee ist im Winter unberechenbar.«
    »Zweifelst du etwa an meinen Erfahrungen, Albert?«, fragte Conrad leicht gereizt.
    »Nein, bestimmt nicht, Bruder«, beschwichtigte Albert ihn rasch. Er wollte die sich ihm bietende Möglichkeit nicht verspielen. »Aber du hast doch gerade erzählt, dass Voltseco ebenso befürchtet, seine Ware dieses Jahr nicht mehr zu erhalten. Wie soll es da möglich sein, in dieser kurzen Zeit den Hin- und Rückweg zu bestreiten?«
    Conrad winkte ab und erklärte missfällig: »Voltseco heuert Schiffe an, bei denen es verwunderlich ist, dass sie es überhaupt bis zur Hohen Brücke an der Mündung des Nikolaifleets schaffen. Wir hingegen haben gute und schnelle Schiffe.«
    »Verstehe mich nicht falsch, Conrad. Ich bin dir dankbar für dein Vertrauen«, lenkte Albert nochmals ein, »doch ich glaube nicht, dass dieses Vorhaben selbst mit einem guten Schiff noch zu schaffen ist. Sehr wahrscheinlich muss ich den Winter über in Flandern bleiben, und dann bekommst du das Tuch auch erst im Frühjahr.«
    Conrad erkannte, dass

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