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Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Tan
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sein Plan zu scheitern drohte, und entschied sich dafür, mehr Druck auf seinen Bruder auszuüben, um an sein Ziel zu kommen. »Hättest du Vater etwa auch widersprochen?«, donnerte er los und erschreckte so nicht nur Albert, sondern auch Willekin. »Ich bin das Familienoberhaupt, und ich leite die Geschäfte, wie ich es für richtig halte; oder hast du die Worte aus Vaters Testament schon vergessen? Bis November hast du noch zu tun, was ich dir auftrage. Wenn du dir bei dem Gedanken, nach Flandern zu segeln, in die Hosen pisst, dann sage es gefälligst deutlich!«
    Albert senkte entmutigt den Kopf. Seine freudige Erwartung war plötzlich einem Schaudern gewichen. Wenn er ablehnte, würde sich vielleicht so schnell keine Möglichkeit mehr für ihn bieten, sich als Kaufmann zu beweisen. Viel zu lange wartete er nun schon darauf. Doch es war nicht die Angst vor einem plötzlichen Wintereinbruch auf See, die ihn zurückhielt. Der Gedanke, seine Frau und seine kleinen Kinder möglicherweise für viele Wochen verlassen zu müssen, brach ihm fast das Herz. Dennoch war ihm klar, dass er Conrads Anweisungen Folge leisten musste – wenn auch nur noch für kurze Zeit.
    Nun war es Willekin, der etwas sagte. »Albert, du warst noch nie in der Lage, einfach zu tun, was man dir sagt. Ich bin mir sicher, wir finden jemand anderen für diesen Auftrag. Jemanden, der nicht vor Angst den Schwanz einkneift.«
    Albert hatte die Anspielung auf die geplatzte Hochzeit sehr wohl verstanden, und die Zornesröte schoss ihm augenblicklich ins Gesicht. Doch er war nicht dumm. Ebenso hatte er verstanden, dass Willekin nur versuchte, ihn zu reizen. Er wollte sich für dieses Kinderspiel eigentlich nicht hergeben, aber er hatte einfach keine Wahl mehr. Albert war in die Ecke gedrängt worden. »Also gut, ich werde es tun, Conrad. Ich werde nach Flandern reisen und den Auftrag erfüllen.«
    »Endlich kommst du zur Vernunft«, grollte der Ältere.
    Albert sah Willekin aus dem Augenwinkel grinsen. Am liebsten hätte er ihn am Kragen gepackt und hinausgeworfen, so wütend war er. Doch es war besser, ihn einfach zu ignorieren.
    »Aber wenn ich zurück bin, Conrad«, brach es aus Albert heraus, »dann wirst du mir mein Erbe auszahlen und mich gehen lassen. Die Zeit der Buße wird nach dieser Reise ein Ende haben. Ich werde mich als Kaufmann beweisen, und ich werde besser sein, als ihr glaubt. Nach meiner Rückkehr treibe ich den Bau meines Hauses voran, und keine Flut wird es mir mehr nehmen.« Seine Stimme klang drohend und flehend zugleich. An der Reaktion seines Bruders sah er jedoch, dass seine Worte ihr Ziel nicht verfehlt hatten.
    »Abgemacht. Wenn du erfolgreich heimkehrst, werde ich dir dein Erbe auszahlen und dir sogar noch ein paar Münzen für dein Haus obendrauf geben. Aber zunächst, beweise dich!« Ohne weiter auf die unterschwellige Drohung des Jüngeren einzugehen, fing Conrad an, über die Einzelheiten der Fahrt und des anstehenden Geschäfts in Flandern zu sprechen.
    Albert fühlte sich elend. Sein Plan, Willekin stolz die Stirn zu bieten, war kläglich gescheitert. Stattdessen hatte er sich eine weitere Unverfrorenheit seinerseits bieten lassen müssen. Nach dieser Handelsfahrt musste das endlich anders werden; das schwor Albert sich.
    Conrad und Willekin hingegen frohlockten innerlich gleichermaßen; wenn auch aus unterschiedlichem Anlass.
    Wo Willekin schon mehr als zufrieden damit war, einer bloßen Erniedrigung Alberts ansichtig geworden zu sein, verspürte Conrad hingegen große Genugtuung bei dem Gedanken an Alberts Abwesenheit.
    Dass List und Tücke nötig waren, um Albert im letzten Moment, wenn auch nur unter Druck, von der Notwendigkeit der Reise zu überzeugen, störte Conrad nicht im Geringsten. Als erfahrener Kaufmann wusste er natürlich, wie unwahrscheinlich es war, dass Albert noch vor Wintereinbruch zurückkehrte. Mit Sicherheit würde er bis März in Flandern bleiben müssen; und genau das war Conrads Plänen dienlich.
    Wie üblich würden auch im nächsten Jahr wieder am 22. Februar die neuen Ratsherren in den Rat der Stadt gewählt werden. Bislang war Albert noch zu jung gewesen, um ein Mitglied des Rates zu werden, doch im November würde er das nötige Alter erreichen. Alberts Herkunft und auch das Vermögen, welches er an seinem fünfundzwanzigsten Geburtstag erben würde, machten ihn zu einem erstklassigen Anwärter. Auch wenn Conrad nicht in der Lage sein würde, Alberts Beitritt in den Rat gänzlich zu

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