Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)
Darum hebt ihr hier acht Gräber aus. Jedes davon soll mindestens vier Fuß tief sein.«
Ich merkte Reynold den Widerwillen an. Schwere körperliche Arbeiten vermied er, wann immer er konnte, und auch ich hatte mich in meinem Leben bevorzugt dem Müßiggang gewidmet. Doch mir war klar, dass Grete Melters uns nur dann weitere Hinweise über Amalia geben würde, wenn wir die gestellte Aufgabe zu ihrer Zufriedenheit erledigten.
Ich willigte ein und begann damit, die Erde auszuheben. Grete Melters kehrte in den Kapitelsaal zurück und ließ uns hier schuften.
Die Arbeit erwies sich als mühsame Plackerei. Schwitzend und fluchend buddelten wir uns durch die Erde, die mit Steinen und Baumwurzeln durchsetzt war. Nach einer Weile erging sich Reynold in übellaunigen Flüchen und schimpfte, dass Grete Melters uns als Gegenleistung für diese Schinderei Amalia mit gebundenen Händen und Füßen auf einem goldenen Tablett reichen müsste. Ich lachte über diese Vorstellung, drosch mit der Hacke weiter auf das sperrige Flechtwerk ein und bedauerte, dass mir in dieser Stunde nicht der weitaus kräftigere Cort zur Seite stand.
Irgendwann hatten wir es dann tatsächlich geschafft und blickten auf acht ausgehobene Gräber.Die Sonne stand so hoch am Himmel, dass ich annahm, dass wir hier an die sechs Stunden geschuftet hatten. Völlig entkräftet sank Reynold auf die Knie hinab, und ich befürchtete schon, er würde im nächsten Moment in eines der Gräber fallen und nicht wieder herauskommen.
Grete Melters kehrte zurück und brachte uns einen Eimer mit Wasser, damit wir uns erfrischen konnten.
»Es wartet noch eine weitere Aufgabe auf euch«, kündigte sie an, nachdem sie die Grabkuhlen in Augenschein genommen hatte.
»Davon war nie die Rede«, protestierte Reynold.
»Jetzt ist davon die Rede.« Sie wartete ab, bis wir getrunken und uns den Schweiß von den Gesichtern gewaschen hatten, dann ging sie mit uns zurück zum Lazarett, führte uns in ein angrenzendes Gewölbe und zog dort ein von der Decke herabhängendes Tuch zur Seite.
Ich schluckte. Auf dem Boden vor uns hatte man die Leichen niedergelegt. Es handelte sich um vier Männer und drei Frauen. Der achte Körper war während der Kämpfe so schwer verunstaltet worden, dass ich das Geschlecht nicht bestimmen konnte. Aber auch die anderen hatten grässliche Wunden erlitten, an denen sie schließlich verstorben waren.
Grete Melters wies uns an, die Toten zu entkleiden,damit sie und einige andere Frauen sie waschen konnten, bevor die bedauernswerten Seelen am Abend zu Grabe getragen wurden.
Mit unverhohlener Abscheu machten wir uns an die Arbeit. Es war kein Vergnügen, das kalte Fleisch zu berühren und die im Zustand der Leichenstarre befindlichen Körper zu drehen und aufzurichten, um ihnen die Hosen, Röcke und Wämser abzustreifen. Schließlich jedoch war auch diese Aufgabe erledigt, und erleichtert ließen wir die entkleideten Toten hinter dem Vorhang zurück.
»Wenn dieses Schlachtross uns nun noch dazu zwingt, die Kotgrube im Hinterhof auszuleeren, dann soll mir Amalia gestohlen bleiben«, raunte Reynold. Ich bedeutete ihm, den Mund zu halten, denn Grete Melters war bereits im Anmarsch, um unsere Arbeit zu kontrollieren.
Sie zeigte sich zufrieden und reichte daraufhin jedem von uns zwei Äpfel und ein kleines Fladenbrot.
»Soll das ein Scherz sein?«, knurrte Reynold.
Sie schüttelte den Kopf. »Wir hatten ausgemacht, dass ihr Verpflegung erhaltet.«
»Ich hatte da eher eine großzügig bemessene Portion aus dem wohlriechenden Fleischtopf erwartet«, sagte Reynold.
»Das Fleisch benötigen wir für die Notleidenden. Sie müssen zu Kräften kommen.«
»Ich muss auch wieder zu Kräften kommen«, protestierte Reynold. »Mein ganzer Körper schmerzt von der Schufterei dieses Tages. Und da wollt Ihr uns mit diesem Almosen abspeisen?«
Grete Melters strafte ihn mit einem ärgerlichen Blick. »Die Arbeit hat euch gutgetan. Ich sehe es euren Händen an, dass ihr jeder Anstrengung ausweicht. Die Aufgaben, die ihr verrichtet habt, dienten dem Wohl der Gemeinschaft. Nur das zählt. Also nehmt diese Gaben an, oder lasst es bleiben.«
Auch ich hätte mir eine schmackhaftere Verpflegung gewünscht, aber letztendlich waren wir nicht hierhergekommen, um uns den Wanst zu füllen. Unser wichtigstes Anliegen war die Suche nach Amalia.
»Ihr habt versprochen, uns einen Hinweis zu geben, wo wir Amalia Clunsevoet finden«, sagte ich. »Bitte sprecht also.«
»Ich habe nie
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