Die Frau des Täuferkönigs: Historischer Roman (German Edition)
vollem Bauch den Weg zur Hinrichtung antreten.« Jasmin zeigte sich wenig einsichtig.
Ich bemühte mich, den Streit zu schlichten, indem ich Jasmin zu mehr Vorsicht ermahnte, sie aber gleichzeitig für die Beschaffung der Hühner lobte. Ich fordertedie Gefährten auf, endlich mit der Zubereitung der Mahlzeit zu beginnen, worauf sich Jasmin und Reynold sogleich daranmachten, die Hühner zu rupfen und auszunehmen. Auch Anton Kribbes Missstimmung war schon bald verflogen, und er überließ uns sogar zwei Rüben und eine dicke Zwiebel. Im Gegenzug luden wir den Alten ein, gemeinsam mit uns den Fleischeintopf zu verspeisen.
Während des Essens berichtete ich davon, wie es Reynold und mir an diesem Tag ergangen war und was wir herausgefunden hatten – oder besser gesagt: was wir nicht in Erfahrung gebracht hatten, denn es blieb ja weiterhin ein großes Rätsel, wo sich Amalia aufhielt. Die entscheidende Frage war, ob Clunsevoets Tochter Münster womöglich schon vor Wochen den Rücken gekehrt hatte.
»Im Grunde hoffe ich sogar, dass Amalia sich nicht mehr in der Stadt befindet«, sagte Cort. »Dann wäre sie nicht mehr in Gefahr.«
»Diese Mutmaßung nützt uns nichts«, entgegnete ich. »Ich brauche einen Beweis. Soll ich vor Everhard Clunsevoet treten und Miekes Herausgabe verlangen, indem ich ihm die Nachricht überbringe, dass die Möglichkeit besteht, dass seine Tochter Münster bereits den Rücken gekehrt haben könnte?«
»Wahrscheinlich werden wir das nie erfahren«, meldete sich Jasmin zu Wort. »Aber ich weiß, dassich lieber heute als morgen diesen verfluchten Ort verlassen möchte.«
»Sie hat recht«, pflichtete Reynold ihr bei. »Was hält uns denn noch hier? Wir setzen unser Leben aufs Spiel, und diese Amalia ist längst des Weges gezogen und in das Bett eines anderen Burschen gekrochen. Da liegt sie jetzt wohlig und spreizt die Beine, während wir hier jeden Stein nach ihr umdrehen.«
»Sprich nicht so respektlos über sie!« In Corts Stimme schwang ein drohender Ton. Er ballte eine Faust.
Reynold lachte bitter. »Ich sage, was ich will. Schließlich hat dieses Mädchen uns das alles hier eingebrockt.«
»Dieses Mädchen«, knurrte Cort, »ist der Grund, warum ihr nicht in der Scheiße ertränkt wurdet.«
»Genug davon«, unterbrach ich die Auseinandersetzung. »Wir schauen uns weiter in der Stadt nach Amalia um und halten die Augen offen. Sollte sich allerdings auch in den nächsten Tagen kein Hinweis auf ihren Verbleib ergeben, werden wir nach einem Weg suchen, Münster zu verlassen.«
»Wie soll euch das gelingen?«, fragte Anton Kribbe. »An jedem Stadttor sind Wachen postiert. Die werden euch nicht einfach so die Tür öffnen, damit ihr zurück zu den Belagerern spazieren könnt.«
»Das herauszufinden wird unsere zweite Aufgabesein«, sagte ich. In den Grundzügen hatte ich auch bereits eine Möglichkeit herausgearbeitet, wie wir ohne große Gefahr eines der Torhäuser passieren konnten. Aber diese Idee wollte ich erst morgen weiter überdenken. Die harte körperliche Arbeit an diesem Tag hatte mich erschöpft, und so zog ich mich, nachdem ich meine Mahlzeit beendet hatte, auf den Dachboden zurück. Dort fiel ich in einen tiefen Schlaf, der mir einen bösen Traum bescherte, von dem ich am nächsten Morgen nur noch wusste, dass darin eine tote Mieke vorgekommen war, die ich in einem der frisch ausgehobenen Gräber auf dem Friedhof des ehemaligen Benediktinerinnen-Klosters bestattet hatte.
Ich versuchte, diese düsteren Bilder zu verscheuchen und mich auf den neuen Tag und die Fortführung unserer Suche vorzubereiten. Mein Vorhaben war es, die Gemeinschaftshäuser nahe der Stadttore aufzusuchen, um dort mehr über den Verbleib von Amalia Clunsevoet zu erfahren. Wenn das Mädchen sich noch in Münster aufhielt, musste es jemanden geben, der sie kannte oder zumindest ihren Namen schon einmal gehört hatte und mir sagen konnte, ob und wen Amalia inzwischen geheiratet hatte.
Nach der Stärkung mit einer kleinen Morgenmahlzeit wollte ich umgehend aufbrechen, doch als ich vom Abtritt zurückkehrte und durch den Hinterhofzurück zum Haus ging, machte eine laute Stimme dieses Vorhaben zunächst zunichte. Ein trommelschlagender Ausrufer lief durch die Straßen und forderte die Bürger auf, sich am Domplatz zu versammeln, da dem Volk des Neuen Zion eine wichtige Nachricht verkündet werden solle.
Anton Kribbe weigerte sich, diesem Ruf zu folgen, und blieb trotzig in seinem Haus. Wir anderen
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