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Die Frau des Zeitreisenden

Die Frau des Zeitreisenden

Titel: Die Frau des Zeitreisenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Audrey Niffenegger
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gerade deswegen ist es passiert. Wenn ich nichts gesagt hätte, wärst du nicht aufgestanden...«
    »Und warum hast du dann etwas gesagt?«
    »Darum. Du wirst dich genauso verhalten, wart’s nur ab.« Er zuckt mit den Schultern. »Es ist wie mit Mom. Und dem Unfall. Es passiert immer wieder.« Immer wieder, immer das Gleiche.
    »Und was ist mit dem freien Willen?«
    Er steht auf, schreitet zum Fenster und sieht auf den Hinterhof der Tatingers hinaus. »Über das Thema hab ich vor kurzem mit einem Ich von 1992 gesprochen. Er hatte eine interessante Theorie: Seiner Ansicht nach gibt es den freien Willen nur in der realen Zeit, in der Gegenwart. In der Vergangenheit, meint er, können wir nur tun, was wir schon getan haben, können wir nur dort sein, wenn wir schon dort waren.«
    »Aber meine Gegenwart ist immer dann, wenn ich irgendwo bin. Ich sollte doch in der Lage sein, zu entscheiden...«
    »Nein. Offenbar nicht.«
    »Was hat er über die Zukunft gesagt?«
    »Na ja, überleg doch selbst. Du gehst in die Zukunft, machst etwas und kehrst in die Gegenwart zurück. Dann ist das, was du gemacht hast, ein Teil deiner Vergangenheit. Und damit ist es wahrscheinlich auch unumgänglich.«
    Eine seltsame Gefühlsmischung aus Freiheit und Verzweiflung erfasst mich. Ich schwitze; er reißt das Fenster auf, und kalte Luft strömt ins Zimmer. »Aber dann bin ich ja für nichts verantwortlich, wenn ich nicht in der Gegenwart bin.«
    Er lächelt. »Gott sei Dank.«
    »Und alles ist schon passiert.«
    »So sieht es aus.« Er streicht sich mit der Hand übers Gesicht, und ich sehe, er könnte eine Rasur brauchen. »Er meinte aber auch, man müsse sich verhalten, als hätte man einen freien Willen und als wäre man für das, was man tut, auch verantwortlich.«
    »Warum? Es ändert doch nichts.«
    »Andernfalls gerät alles außer Kontrolle. Wird deprimierend.«
    »War das seine persönliche Erfahrung?«
    »Ja.«
    »Was geschieht jetzt als Nächstes?«
    »Dad ignoriert dich drei Wochen lang. Und das hier« - er weist aufs Bett - »muss in Zukunft aufhören.«
    Ich seufze. »Gut, kein Problem. Sonst noch was?«
    »Vivian Teska.«
    Vivian ist ein Mädchen aus dem Geometriekurs, das ich unheimlich gut finde. Ich habe noch nie ein Wort mit ihr geredet.
    »Morgen gehst du nach dem Unterricht zu ihr und bittest sie um eine Verabredung.«
    »Aber ich kenn sie doch gar nicht.«
    »Vertrau mir.« Er grinst mich auf eine Weise an, die bei mir die Frage aufwirft, wieso um alles in der Welt ich ihm trauen sollte, aber in diesem Fall möchte ich ihm sogar glauben. »Gut.«
    »Ich sollte langsam los. Geld, bitte.« Widerstrebend reiche ich ihm zwanzig Dollar. »Mehr.« Ich lege noch zwanzig dazu.
    »Mehr hab ich nicht.«
    »Gut.« Er zieht sich an, holt Sachen aus dem geheimen Kleiderlager, die ich nicht unbedingt mehr Wiedersehen will. »Wie wär’s mit einem Mantel?« Ich gebe ihm einen peruanischen Skipullover, den ich schon immer gehasst habe. Er schneidet eine Grimasse, zieht ihn aber an. Dann gehen wir zur hinteren Wohnungstür. Die Kirchenglocken läuten zwölf Uhr Mittag. »Wiedersehen«, sagt mein Ich.
    »Viel Glück«, sage ich, seltsam berührt vom Anblick meines Ichs, das sich ins Unbekannte stürzt, in einen kalten Sonntagmorgen in Chicago, in den er nicht gehört. Er poltert die Holztreppe hinunter, und ich wende mich wieder der stillen Wohnung zu.
Mittwoch, 17. November/Dienstag, 28. September 1982 (Henry ist 19)
     
    Henry: Ich sitze auf der Rückbank eines Streifenwagens in Zion, Illinois. Außer Handschellen trage ich nicht viel. Es riecht nach Zigaretten, Leder, Schweiß und noch einem für mich unidentifizierbaren Geruch, der allen Polizeiautos anzuhaften scheint. Vielleicht der Geruch von Panik. Mein linkes Auge schwillt langsam zu, und mein Körper ist vorn mit Blutergüssen, Schnittwunden und Schmutz übersät, nachdem mich der kräftigere der beiden Polizisten auf einem leeren Parkplatz voll zerbrochenem Glas niedergeworfen hat. Die Polizisten stehen draußen und unterhalten sich mit den Anwohnern, von denen mindestens einer gesehen hat, wie ich in das gelb-weiße viktorianische Haus, vor dem wir parken, einbrechen wollte. Ich habe keine Ahnung, in welcher Zeit ich bin. Seit ungefähr einer Stunde bin ich hier, ich habe alles komplett vermasselt. Ich bin sehr hungrig und sehr müde. Eigentlich sollte ich in Dr. Quarries Shakespeare-Seminar sitzen, aber das habe ich bestimmt auch verpasst. Schade. Wir lesen gerade Ein

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